Im Kino

Der Experte staunt, der Laie gähnt

Die Filmkolumne. Von Ekkehard Knörer
01.08.2007. Viel Lärm um ein dämliches Spielzeug: Michael Bays "Transformers" jagt außerirdische Kampfmaschinen aufeinander, leider kommen Intelligenz und Spannung dabei ziemlich unter die Räder. In "Der Date-Profi" entpuppt sich Jon Heder als Musterschüler in Sachen Selbstbehauptungskompetenz, aber die Komik hält sich in Grenzen.
Remakes ohne Ende, Sequels sonder Zahl, dazu natürlich immer noch verfilmte Romane, verfilmte Comics, zu Kinofilmen umgebaute Fernsehserien, neuerdings auch ein verfilmter Themenpark ("Pirates of the Caribbean"): die Hollywood-Blockbuster der letzten Jahre greifen vorzugsweise nach Vorlagen, die die Welt schon kennt. Das hat seinen guten ökonomischen Sinn, denn damit wird viel Werbe- und Erfindungsaufwand erspart, man kann sich an existierende Marken, Figuren, an bereits bekannte Plots und Konstellationen einfach dranhängen. Die Kritiker, in der Mehrzahl immer noch Anhänger von Originalität und Originalgenies, stöhnen, an den Kassen aber rechnet sich, das beweisen die Erfolge der letzten Monate und Jahre, das Wiederholungs- und Rückgriffkalkül.

Jüngstes Beispiel ist "Transformers", bei dem es sich nun um die Verfilmung eines amerikanisch-japanischen Spielzeugs handelt, auf dem allerdings bereits eine Comic- und eine Animations-Fernsehserie, ein Zeichentrick-Langspielfilm der achtziger Jahre und auch Videospiele beruhen. Inzwischen ist man mit den digitalen Effekten so weit, dass die Verwandlungen, auf denen das Transformer-Prinzip beruht, auch als scheinrealer Bestandteil in einem Realfilm überzeugend auf Leinwandgröße darstellbar sind. Und so kompliziert und aufwendig diese Transformationen am Computer gewiss zu berechnen sind, von so heilloser Simplizität ist die Geschichte, die sich die Macher für den Kinofilm um das gestaltwandelnde Spielzeug ausgedacht haben.

Vom fernen Planeten Cybertron kommen die Wesen, die sich mir nichts dir nichts von Kofferradios in tentakelbewehrte Kleinroboter, von schrottreifen Autos in mächtig einherstampfende Kampfmaschinen im Dinosaurierformat verwandeln können (und wieder zurück). Es gibt, das ist schon die heftigste Komplikation, gute und böse. Die Bösen - die Decepticons - wollen sich den aus Versehen auf der Erde gelandeten Energiewürfel "Allspark" zurückerobern und die Menschheit vernichten, die Guten aber - die Autobots - treten wehrhaft dazwischen. Alles beginnt mit einer Materialschlacht, wie man sie von Regisseur Michael Bay kennt, der für viele die Verkörperung des Bösen im neueren Hollywood-Blockbuster-Kino ist, seines unsubtilen Regiestils und seiner selten von intelligentem Leben bewohnten Filme wegen. Beinahe unbesiegbare böse Transformer vernichten eine Militärbasis in der Wüste, es fliegen die Fetzen und fast alle sind tot.

Dann der Wechsel auf einen anderen Schauplatz, in eine ganz andere Stimmung, in ein anderes Genre. Eine Teenagerliebeskomödie im urbanen amerikanischen Raum. Ein junger Mann mit dem neckischen Namen Sam Witwicky (gespielt vom kommenden Superstar Shia LaBeouf) gerät an einen metamorphosefähigen Schrottwagen und verguckt sich in eine Mitschülerin (Megan Fox), die sich rasch als feuchter Nerd-Traum erweist, denn sie kennt sich bestens mit Autos aus. Dann sind die Bösen hinter ihm - genauer gesagt: hinter beiden - her, das Auto spricht durch Radiostimmcollagen mit ihnen, beweist beträchtlichen Eigensinn und verwandelt sich dann (fast) unter Sams Hintern in einen mordsgefährlich aussehenden, im Grunde seines Herzens aber freundlichen Kampfroboter.

Bald darauf tauchen die Bösen auf, die Guten vermehren sich, es kommt im munteren Durcheinander von Kampf und Komödie zu Verfolgungsjagden, Stelldicheins und finalem Showdown, in dem Bay mit seinen Computerheeren einen ganzen Straßenblock und diverse Wolkenkratzer am Wegesrand zerlegt. Das ist ein endloses und nur für ein Weilchen eindrucksvolles Gewühl und Getümmel, Gerenne und Gewimmel, ganz ähnlich wie beim Mahlstrom-Kampf im dritten Teil der Karibik-Piraten und also etwa so aufregend wie Musik auf den Sound-CDs, die man in Highend-Geräte legt, um deren Highend-Qualitäten zu beweisen. Der Experte staunt, der Laie gähnt, dann ist's vorbei.

Manchem Kritiker hat an "Transformers" gefallen, dass Michael Bay mit den etwas tumben, jedenfalls auf keinen Fall ernst zu nehmenden Spielzeugwesen nun endlich die ihm gemäßen Protagonisten gefunden hat. Tatsächlich, so viel Gerechtigkeit muss sein, nehmen das Drehbuch und die Regie den ganzen maschinellen Umkrempelungs-Krempel, das ganze grenzdebile Endkampf-Gefasel zwischen robotoiden Humanen und humanoiden Robotern wirklich nicht ernst. Den US-Präsidenten gibt es nur einmal zu sehen und da macht der Film sich über ihn lustig, indem er nur seine Fußsohlen zeigt. Wer mag, kann die allem Diskursiven von Herzen abgeneigte abgrundtiefe Arglosigkeit dieser "Transformers" schätzen, die für alle Zehnjährigen ein Heidenspaß sein müssen.

Andererseits ist es für denkende Menschen auch wieder nicht so einfach, über das infantile Menscheln hinwegzusehen, das den Film und auch die Roboter immer dann überkommt, wenn gerade keine Verwandlungs- und Zerlegungsvorgänge anstehen. (Es wird einem dann auch klar, warum Steven Spielberg hier als führender Produzent tätig war.) Es bleibt von den "Transformers" zuletzt summa summarum nicht mehr als mitunter ohrenbetäubender Lärm um nichts. Man sieht jeden Dollar, der in dem Film steckt, aber man sieht auch, wie er sich Szene für Szene in totale Substanzlosigkeit zersetzt. Das ist schon ein Schauspiel, auf seine Art. Aber eher nicht für erwachsene Menschen.

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Das Interessanteste, das im Moment aus Hollywood kommt, sind nicht die Blockbuster, die sich, ohne Neues zu bieten, nur immer weiter aufblasen, sondern es sind die Komödien. Was da alles möglich ist, kann man zum Beispiel daran erkennen, wie rasch es Jon Heder (und auch sein Regisseur Jared Hess) von der äußersten anarchischen Randzone des Komischen, die der Film "Napoleon Dynamite" darstellt, ins Zentrum der Industrie geschafft haben. Dort treffen sie dann etwa auf einen Superstar wie Will Ferrell, der mit entschlossen antiheroischem Körpereinsatz und entschlossen improvisatorischer Szenenzerfledderungskompetenz die gewohnten Rhythmusstrukturen des Komischen unterwandert - in "Ricky Bobby - König der Rennfahrer" (2006) zum Beispiel, einer extrem verlangsamten Rennfahrerkomödie, in der ihm Sacha Baron Cohen (Borat) als durchgeknallter Franzose zur Seite steht.

In der Regel haben die neueren "No Brainer"-Komödien mehr oder minder komische Ausgangsideen (zuletzt etwa in "Die Eisprinzen": Was passiert, wenn wir Will Ferrell und Jon Heder als Eiskunstlaufpaar zusammenstecken? , siehe "Im Kino" vom 11.Mai), die sich dann aber - im besten Fall - in einer Art Pointenflucht so sehr verselbständigen, dass wenig mehr übrigbleibt als regellose Auflösungserscheinungen. Dem "high concept" der Blockbuster-Maschinen - also der viel beschriebenen Tendenz, konzentriert-knackigen Zweizeiler-Konzepten hunderte Millionen Dollar teure Spektakel zu bauen - steht im Komödienbereich eine "low concept"-Mentalität gegenüber, die sich alles erlaubt, solange nur den gängigen Erwartungen an Sinn, Ordnung, Timing ein Schnippchen geschlagen wird.

Was dieser neueren Komödie dagegen nicht so gut bekommt, sind Plot, klassische Charakterbildungsprozesse, allzu ernst gemeinte RomCom-Elemente und Moral. Von all dem hat leider Todd Phillips "Der Date-Profi" ein wenig zu viel zu bieten. Am Anfang steht ein junger Mann namens Roger (Jon Heder) als armer Tropf, der komplett verschüchtert und ohne Selbstachtung in der Welt herumsteht und noch von dem jungen Waisenkind, dem er ein "großer Bruder" sein will, verstoßen wird. Da hilft nur eines: Ein Selbstbewusstseins-Trainingskurs, geleitet von einem aalglatten Aas namens Dr. P (Billy Bob Thornton), dessen Thesen und Theorien Lesher, ein Schrank von einem Mann (Michael Clarke Duncan), den nötigen Nachdruck verleiht.

Die Therapie schlägt an. Roger beginnt, sich zur Wehr zu setzen. Roger hat Erfolg bei der Frau (Jacinda Barrett), die er, still und dämlich, schon lange begehrt. Kurz gesagt: Roger wird zum Musterschüler - und das ruft wiederum die Eifersucht des Dr. P auf den Plan. Er versucht, Roger die Frau abspenstig zu machen, dieser revanchiert sich in einem denkwürdigen Tennisspiel. Von da an eskaliert die Angelegenheit, beide Seiten schmieden Allianzen mit anderen Ex-Verlierern, Ben Stiller hat einen Gastauftritt, und zuletzt kommt es an Bord eines Flugzeugs zum Kampf auf Leben und Tod.

"School For Scoundrels" - so der Originaltitel - ist bei alledem durchweg als Vertreter der neueren Komödien-Schule zu erkennen und von genuin hysterisch-dümmlichem Gehampel a la "Rush Hour 3" (der in zwei Wochen startet) klar zu unterscheiden. Das Problem ist aber, dass er den gängigen Komödienlogiken - wie auf den ersten Blick aussichtslosem Liebesbegehren und sich steigernder Eskalation - zu sehr gehorcht, um je auf wirklich komische Weise aus dem Gleis zu geraten. Jon Heder, ein Darsteller, dem das Heroische, aber auch alles Differenzieren und Nuancieren denkbar fremd sind, wird, je mehr er einen Erfolgstypen verkörpern soll, desto stärker zum Fremdkörper in diesem Film. Den "Date-Profi" nimmt man ihm einfach nicht ab, nur spricht das zuletzt weniger gegen ihn als gegen den Film, der nicht das richtige, nämlich weniger, mit ihm anzufangen weiß.

Transformers
. Regie: Michael Bay. Mit Shia LaBeouf, Tyrese Gibson, Josh Duhamel, Anthony Anderson und anderen. USA 2006, 143 Minuten.

Der Date-Profi. Regie: Todd Phillips. Mit Billy Bob Thornton, Jon Heder, Jacinda Barrett und anderen.
USA 2006, 97 Minuten