Zora Neale Hurston

Barracoon

Die Geschichte des letzten amerikanischen Sklaven
Cover: Barracoon
Penguin Verlag, München 2020
ISBN 9783328601302
Gebunden, 224 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Hans-Ulrich Möhring. "Barracoon" erzählt die wahre Geschichte von Oluale Kossola, auch Cudjo Lewis genannt, der 1860 auf dem letzten Sklavenschiff nach Nordamerika verschleppt wurde. Die afroamerikanische Autorin Zora Neale Hurston befragte 1927 den damals 86-Jährigen über sein Leben: seine Jugend im heutigen Benin, die Gefangennahme und Unterbringung in den sogenannten "Barracoons", den Baracken, in die zu verkaufende Sklaven eingesperrt wurden, über seine Zeit als Sklave in Alabama, seine Freilassung und seine anschließende Suche nach den eigenen Wurzeln und einer Identität in den rassistisch geprägten USA.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 27.06.2020

Thomas Wagner zeigt sich berührt von den Zeitzeugenberichten, die die Boas-Schülerin Zora Neale Hurston in ihrem Buch versammelt. Die Geschichte der Versklavung afrikanischer Völker in die USA erzählt der Band laut Wagner als Dokumentation, die sich auch für das Wie der oralen Geschichtsschreibung interessiert. Sowohl die Eigenheiten als auch die Widersprüche in den Erzählungen werden für Wagner deutlich. Als "einfühlsame Zuhörerin" vermeidet die Autorin vorschnelle Schuldzuschreibungen ebenso wie die Entlastung des komplexen Sklaverei-Systems und seiner Profiteure, erklärt Wagner. Wer sich für die Geschichte des Rassismus interessiert, meint er, bekommt mit dem Buch einen "leicht zugänglichen", "sorgfältig edierten" Text.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.06.2020

Rezensent Rudolf von Bitter fühlt sich bestens unterhalten und bereichert durch die von Deborah G. Plant herausgegebenen und von Hans-Ulrich Möhring übersetzten Zeugnisse von Nachfahren afrikanischer Sklaven in den USA, die Zora Neale Hurston in den 1920er Jahren sammelte. Der Einfluss der erst 2018 in den USA erschienenen Textsammlung auf Autoren wie Toni Morrison oder Zadie Smith war laut Bitter beträchtlich. Dass die Autorin aus den Lebenserinnerungen der Befragten kein "Rührstück" macht, sondern die Gesprächssituation reflektiert, nimmt Bitter dankbar zur Kenntnis. Die deutsche Edition besticht laut Bitter durch eine Wissenschaftlichkeit, die die Spannung der Lektüre nicht schmälert.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.06.2020

Mit großer Sorgfalt stellt uns Rezensentin Verena Lueken dieses Buch vor, das neben seinem Kern, der Geschichte eines versklavten Afrikaners in den USA in seinen eigenen Worten, auch die Geschichte der Entstehung des Buches enthält. Die damals noch keineswegs berühmte junge Anthropologin und Journalistin, spätere Schriftstellerin Hurston hatte Kossola aufgesucht, den Mann aus Alabama, der vielen Anthropologen seine Geschichte in seinem speziellen Idiom schon erzählt hatte - von seiner Kindheit in Afrika, der Verschleppung nach einem Krieg gegen sein Volk, dem Verkauf durch den König von Dahomey an amerikanische Menschenhändler, den fünf Jahren als Sklave und anschließenden sechzig Jahren in der Freiheit. Die Kritikerin ist fasziniert von der Vorgehensweise der jungen Frau von 1927, ihrer besonderen Hartnäckigkeit und wie sie auch die Umstände ihrer Reisen zu ihm einfügt in die Erzählung. Verena Lueken lobt insbesondere die hier vorgelegte deutsche Edition als "vorbildlich", beurteilt aber die Übersetzung des speziellen Tons von Kossola als nicht gänzlich gelungen. Dennoch hat sie am Ende genau dieses durchaus schwierige Idiom als das Moment lebenslangen Widerstands empfunden, mit dem Kossola sein Leben meistern konnte.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.05.2020

In den späten 1920ern, also der Zeit, in der sich die schwarzen US-Bürger*innen ihrer Benachteiligung bewusst wurden, traf die Autorin sich mit dem letzten lebenden Zeitzeugen der Sklaverei, um seine Geschichte aufzuschreiben, erklärt Rezensent Julian Weber. In den oft gleichnishaften Erzählungen des 85-jährigen Oluale Kossola, mittlerweile Farmer in Alabama, treten dem Kritiker zufolge nicht nur die grausamen Wirren des späten Sklavenhandels zutage, Kossola hat auch den US-amerikanischen Bürgerkrieg miterlebt, erklärt der betroffene Rezensent. Das Buch biete neben dem aufrüttelnden Zeitzeugenbericht auch ein faszinierendes "Sprachpuzzle": Eine New Yorker Akademikerin der Zwanziger gibt den Südstaatenslang eines Farmers wieder, mit dem dieser Erinnerungen an die Zeit erzählt, in der er noch seine Muttersprache Yoruba sprach.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.02.2020

Rezensentin Claudia Mäder versteht die Mechanismen der Unterdrückung besser mit Zora Neale Hurstons Buch, in dem die Autorin einen der letzten von Afrika in die USA verschifften Sklaven zu Wort kommen lässt. Das 1931 entstandene Buch behandelt laut Mäder das Thema Sklaverei auf differenzierte Weise. Die genaue Sicht der Anthropologin und die mündliche Erzählweise machen es für Mäder zu einem einzigartigen Dokument, das ein ganzes Sklavenleben umfasst und es als eine kollektive Erfahrung erkennbar macht.