Wolfgang Brenner

Walther Rathenau

Deutscher und Jude
Cover: Walther Rathenau
Piper Verlag, München 2005
ISBN 9783492047586
Gebunden, 520 Seiten, 26,90 EUR

Klappentext

Mit 16 zum Teil farbigen Bildtafeln. Erfolgreicher Großindustrieller im Vorstand der AEG, strategisch denkender Politiker, umtriebiger Erfinder, Philosoph und Schriftsteller: Walther Rathenau (1867-1922) ist eine ungemein komplexe und faszinierende Figur der deutschen Geschichte. Keine andere Persönlichkeit hat die Epoche des Übergangs vom Kaiserreich zur Republik so geprägt wie er. In seiner Wandlung vom preußischen Patrioten zum Demokraten verkörpert er beispielhaft jene Zeit des Umbruchs, deren Kenntnis heute jedem tieferen Verständnis der Jahre 1933 bis 1945 vorauszugehen hat. Denn mit Rathenaus Ermordung scheiterte auch die andere Möglichkeit der Geschichte: die Schaffung eines neuen demokratischen Deutschlands, für das dieser Mann stand und für das er sterben musste.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.05.2006

Bewundernswert sei die Fähigkeit Wofgang Brenners, so Rezensent Ulrich Teusch, aus so wenig Quellenforschung so viel Gewinn zu schlagen. Auch von "historiografischen Schulstreitigkeiten" ist Brenner offenbar völlig unbelastet und hat eine konventionell chronologische, aber überaus spannende Biografie mit Mut zum Risiko geschrieben. Das beste Ergebnis dieser Methode und von vielen "klugen Interpretationen" ist aus Sicht des Rezensenten eine These zu Rathenaus "Lebensstrategie". Als deutscher Jude und Sohn eines übermächtigen Vaters habe er eine Technik der "kalkulierten Willfährigkeit" entwickelt, die das Gegenüber gewissermaßen entwaffne. Auch bei der ungeklärten Homosexualität Rathenaus zeige Brenner keine Scheu und lege sie nahe, ohne allerdings Beweise zu liefern. Die "beherzt-essayistische" Darstellung, so der Rezensent, stelle ohne Zweifel eine Bereicherung dar, sei aber selbstverständlich nicht als umfassende und auch wissenschaftlich fundierte Rathenau-Biografie zu verstehen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.04.2006

Gut erzählt, aber mit leichten Schwächen bei der historischen Darstellung sei diese Rathenau-Biografie, resümiert Rezensent Christoph Jahr. Auf jeden Fall zeige sie einmal mehr, dass die Figur Rathenau nach wie vor "fasziniert", auch wenn sie nicht mehr "polarisiert". Charakteristisch sei seine in allen Bereichen "schwankende" Natur, zwischen Handeln und Zaudern, "freundschaftlicher Nähe und Distanz", und nicht zuletzt seine latente Homosexualität und das heikle Verhältnis zu Frauen. Als Wirtschaftslenker, Politiker, Kunstmäzen und Publizist habe Rathenau vieles angestoßen, doch nur wenig beendet. Der Rezensent vermisst an Wolfgang Brenners Biografie allerdings sowohl eine "Bilanz" als auch einen Blick auf die "größeren Zusammenhänge". Ausgespart sei zudem, auf welche Weise Rathenau zu verschiedenen Zeiten von unterschiedlichen Gruppen politisch vereinnahmt worden sei. Eine "definitive Biografie", so der Rezensent, stehe somit noch aus.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 10.11.2005

Keine Sekunde gelangweilt hat sich Rezensent Fritz J. Raddatz bei der Lektüre von Wolfgang Brenners Biografie des Industriellen, Politikers und Schriftstellers Walther Rathenau. Mit einem "Politkrimi" vergleicht er das Buch, so "rasant, facettenreich und bedrückend" kommt es daher. Eingebettet in den zeit- und sittengeschichtlich Kontext, in packende Schilderungen der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts und des bigotten Wilhelminismus, gelinge Brenners "sorgfältig recherchiertem" Buch die Psychografie Rathenaus. Auch wenn Raddatz bereits vieles bekannt ist, würdigt er das Werk als Zusammenschau, "die einem immer wieder den Atem nimmt". Brenners Analyse der zahlreichen Widersprüche in Rathenau Leben lobt er als ebenso "behutsam" wie "säuberlich". Trotz der Stärken wie der "gelungenen Dramaturgie" oder der "durchgehaltenen Spannung" mag Raddatz das Buch nicht uneingeschränkt loben. Er stört sich auch an flapsigen Wendungen wie "auf die Pelle rücken" oder "fit machen". Zum anderen missfällt ihm der Umgang des Autors mit der vermuteten Homosexualität Rathenaus. Obwohl Brenner keine überzeugende Belege dafür vorbringen könne, ergehe er sich immer wieder in "Spitzmäulchen-Andeutungen" - für Raddatz ein gravierender Mangel des Buchs.