Thomas Bernhard, Siegfried Unseld

Thomas Bernhard / Siegfried Unseld: Der Briefwechsel

Cover: Thomas Bernhard / Siegfried Unseld: Der Briefwechsel
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009
ISBN 9783518419700
Gebunden, 869 Seiten, 41,00 EUR

Klappentext

30 Jahre alt, ohne Resonanz auf seine bis dahin veröffentlichten drei Gedichtbände, vom eigenen überragenden schriftstellerischen Können allerdings überzeugt, schreibt Thomas Bernhard im Oktober 1961 an Siegfried Unseld: "Vor ein paar Tagen habe ich an Ihren Verlag ein Prosamanuskript geschickt. Ich kenne Sie nicht, nur ein paar Leute, die Sie kennen. Aber ich gehe den Alleingang." Obwohl der Suhrkamp Verlag das Manuskript ablehnte, gingen der Alleingänger und der Verleger seit dem Erscheinen von Bernhards erstem Roman "Frost" 1963 gemeinsam den Weg, der den Autor in die Weltliteratur führte. In den etwa 500 Briefen zwischen beiden entwickelt sich ein einzigartiges Zwei-Personen-Schauspiel: Mal ist es eine Tragödie, wenn etwa Bernhard die aus seinen Werken bekannten Schimpftiraden auf den Verleger loslässt, der seinerseits auf die Überzeugungskraft des Arguments setzt. Dann gibt Bernhard ein Kammerspiel mit Unseld als Held - 1973 schreibt er ihm: "mit größter Aufmerksamkeit, mit allen Möglichkeiten, gehe ich gern mit Ihnen." 1984 agieren beide, bei der Beschlagnahme von "Holzfällen", als Kämpfer für die Literatur in einem von Dritten inszenierten Schurkenstück.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.02.2010

Ist es noch Leben oder schon Literatur? Rezensent Helmut Böttiger ist sich nicht so sicher beim Lesen dieses Briefwechsels, der dramaturgisch gut auch von Shakespeare entworfen worden sein könnte, wie er findet. Doch bevor es zum "ästhetisch brillanten" Finale kommt, darf Böttiger Thomas Bernhards atemlosem "Qual-und-Lust-Slalom" seinen Skandal- und Erfolgsweg entlang folgen - als wär's ein Roman des Autors. Doch auch Siegfried Unseld spielt laut Böttiger eine Glanzrolle in diesem Psychodrama. Wie er es immer wieder schafft, den "Wut-Techniker" Bernhard, seine Geld- und Vertragsforderungen abzufedern, das gibt dem Rezensenten einen Begriff von dieser großen Verlegerpersönlichkeit.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.01.2010

Lehrreich ist dieser Band - und das ist noch das Mindeste, was ein sehr faszinierter Hubert Spiegel über diesen Verleger-Schriftsteller-Briefwechsel zu sagen hat. Der eine der beiden Briefpartner kennt nichts als sich selbst und seine Interessen: Thomas Bernhard. Der andere hat vor allem die Interessen seines Verlags im Sinn und nimmt sich selbst deshalb bis zur Selbstverleugnung zurück: Siegfried Unseld. Er leidet sehr wohl, das ist ebenfalls enthaltenen Notizen zu entnehmen. Und doch gibt er nicht auf, schmeichelt dem narzisstischen Künstler (zum Beispiel mit Kafka-Vergleichen) und wird trotzdem gekränkt. Vorbildlich, wenngleich eine Spur zu fußnotenreich, findet der Rezensent diese Edition. Nicht unbedingt das reine Vergnügen hat das Buch aufgrund des nicht immer erfreulichen Psychogramms wohl zu bieten, dafür aber Einblicke und Aufschlüsse über zwei ungleiche Charaktere.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.12.2009

Ergriffen, bewegt und begeistert annonciert Martin Lüdke den Briefwechsel zwischen Thomas Bernhard und Siegfried Unseld. Feierlich und offenbar mit einem Seitenhieb gegen die Alpenländler proklamiert er, dass dieses "Monument der deutschen Kulturgeschichte" noch stehen wird, wenn sich die österreichischen Gletscher längst in der Nordsee aufgelöst haben. Was ein "menschliches Desaster" war, ist hierin für Lüdke zu einem literaturgeschichtlichen Glücksfall geworden. Die Korrespondenz ist für ihn Drama, Tragödie und Psycho-Duell in einem, wobei Bernhard die Rolle der "armen Sau" übernimmt, "die sich immer wieder wie ein Schwein verhält". Ständig piesackt er seinen Verleger, will einen Vorschuss und mehr Geld, was er auch bekommt. Im Gegenzug hält er sich nicht an Verabredungen und bricht Versprechen. An der Grenze der Selbstverleugnung sieht Lüdke den ansonsten nicht eben bescheidenen Unseld agieren, ächzend unter dem erpresserischen und rücksichtslosen Verhalten Bernhards.