Stephan Wackwitz

Die Bilder meiner Mutter

Cover: Die Bilder meiner Mutter
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2015
ISBN 9783100024206
Gebunden, 240 Seiten, 19,99 EUR

Klappentext

Stephan Wackwitz erzählt das Leben seiner Mutter, wie es war und wie es hätte sein können. Hineingeboren in eine schwäbische Industriellenfamilie in Esslingen am Neckar, flieht die 1920 geborene Margot vor dem autoritären Vater ans Berliner Lettehaus, wo sie das Modezeichnen erlernt. Aber trotz frühen künstlerischen Erfolgen und einer Amerikareise gelingt es ihr im Wirtschaftswunder-Deutschland nicht, aus ihrer Begabung mehr zu machen als das Hobby einer Ehefrau und Mutter in der deutschen Provinz. Das 20. Jahrhundert hat Frauen wie ihr alle Möglichkeiten eröffnet - und sofort wieder verschlossen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 26.11.2015

Zunächst einmal listet Rezensentin Ursula März ein paar Autoren und Werke auf, die ihrer Meinung nach ein neues Genre begründen: Verteidigungsschriften von Söhnen über ihre Eltern. Neben Botho Strauss, Ralf Rothmann und Peter Schneider nun also auch Stephan Wackwitz, der mit "Die Bilder meiner Mutter" ein so stilistisch wie auch inhaltlich herausragendes Buch geschrieben hat, meint März. So liest sie angetan die Erzählung um Margot Wackwitz, die von einer Künstler-Karriere träumte, sich aber schließlich den Ehe- und Alltagspflichten im Nachkriegsdeutschland beugte. Gelegentlich gerät der Kritikerin das Buch ein wenig zu überladen mit psychoanalytischen, philosophischen, historischen oder literarischen Exkursen, die das Porträt der Mutter erdrücken. Dennoch kann sie dieses mit wunderbaren Porträtskizzen und Modeillustrationen der Mutter angereicherte Werk unbedingt empfehlen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.10.2015

In höchsten Tönen lobt Andrea Köhler Stephan Wackwitz Essay über seine Mutter, in dem sie kollektive und individuelle Geschichte bravourös miteinander verbunden sieht. Wackwitz' Mutter Margot war Modezeichnerin, die - ganz dem Mutter- und Hausfrauenbild der fünfziger Jahre verschrieben - das Recht auf die eigene Lebensgestaltung nehmen ließ. Sie zerbrach daran, übertrug dem Sohn jedoch eine Ahnung vom Leben in "Eleganz, Zuversicht und Fantasie" . Köhler zeigt sich bewegt von dem melancholischen Mutterbild, von den Verwerfungen einer symbiotischen Beziehung und Psychopathologien, die Wackwitz hier nachzeichnet und reflektiert. Etwas unverständlich bleibt, warum Köhler am Ende schreibt, dass sich das "Recht ein anderer zu werden" ausgerechnet aufgrund von Frauen wie Margot Wackwitz durchgesetzt haben soll.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.08.2015

Rezensentin Anja Hirsch zieht ihren Hut vor Stephan Wackwitz' neuem Buch "Die Bilder meiner Mutter", das ihr als eindringliches, introspektives und zugleich allgemeingültiges biografisches Porträt einer Frau in der bundesrepublikanischen Enge erscheint. Sie liest hier die Geschichte von Wackwitz' Mutter Margot, die ihrem Nazivater und der schwäbischen Provinz entflieht, eine Ausbildung zur Modezeichnerin in Berlin macht und als Ehefrau und Mutter ihre Karriere schließlich beenden muss. Gebannt und berührt folgt die Kritikerin den intimen Einblicken, die Wackwitz anhand von Tagebuch-Passagen und Briefen seiner Mutter gewährt. Nicht zuletzt lobt die Rezensentin Wackwitz' Kunst, seinen psychoanalytisch grundierten Text auch mit essayistischen Passagen, etwa über Erziehungsratgeber der Dreißiger Jahre oder die amerikanische "Entnazifizierungsfarce", zu verknüpfen. Diesem unterhaltsamen, bewegenden und erhellenden Buch verzeiht Hirsch auch gerne gelegentliche "narzisstische" Ausflüge des Autors.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.08.2015

Verdienstvoll findet Ulrich Rüdenauer Stephan Wackwitz' Buch über seine Mutter, das er zwischen Erzählung, Erinnerung und einem zum Familienroman angewachsenen Essay ansiedelt. Zunächst liest der Kritiker die persönliche Lebensgeschichte der 1920 geborenen und 1970 gestorbenen Mutter, die Wackwitz mit deren schweren Krebserkrankung beginnt und anhand ihrer Tagebucheinträge und Briefe mit Momenten des Außergewöhnlichen in einem gewöhnlichen bürgerlichen Leben anreichert. Symptomatisch für viele Biografien des zwanzigsten Jahrhunderts erscheint Rüdenauer dieses Buch, in dem er liest, wie die künstlerischen Ambitionen der Mutter mit der Zeit und am Alltag aufgerieben werden. Einzig auf die bisweilen allzu analytischen,  "selbstgefälligen" und mit zahlreichen Zitaten gespickten theoretischen Reflexionen des Autors hätte der Rezensent verzichten können.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.07.2015

Christoph Schröder weiß die Schärfe von Stephan Wackwitz' Beobachtungen und Diagnosen zu schätzen. Wenn der Autor über seine Mutter Margot schreibt, dann lernt der Rezensent so viel über Selbstbilder und Rollezwänge in den fünfziger Jahren, dass er in dem Buch eine ganze Epoche beschrieben sieht. Aber auch eine andere Zeit erkennt Schröder in diesem Band: Wenn nämlich der Autor "mit Diskurskanonen auf Spatzen" schießt, merkt ihm der Rezensent die "harte Theorieschule" der siebziger Jahre.
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