Stefan Zweig

"Worte haben keine Macht mehr"

Essays zu Politik und Zeitgeschehen 1916-1941
Cover: "Worte haben keine Macht mehr"
Sonderzahl Verlag, Wien 2019
ISBN 9783854495321
Gebunden, 240 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Stefan Zweig gilt der Rezeption als ein weithin unpolitischer, über den Dingen stehender Erfolgsautor, als ein Eskapist, der bis zum Ende im Denken des Fin de Siècle verharrte. Solche Urteile der Literaturkritik über den einstmals meistübersetzten Schriftsteller der Welt prägen bis heute den Diskurs über seine Texte. Dabei war der österreichische Schriftsteller nicht nur ein hellwacher Beobachter des europäischen und später internationalen Kulturbetriebes - er schrieb über Literatur, Musik und bildende Kunst - sondern interessierte sich seit Beginn des 1. Weltkriegs auch zunehmend für politische und soziale Veränderungen.
Neben dem erzählerischen Werk existiert folglich ein wenig bekanntes essayistisches, das zahlreiche scharfsinnige Einschätzungen der gesellschaftspolitischen Entwicklung in Europa und anderswo seit Zweigs Politisierung durch den Ersten Weltkrieg offenbart. Viele dieser Texte sind der Forschung bisher unbekannt, andere werden erstmals seit ihrer Erstveröffentlichung in den 1920er- oder 1930er-Jahren wieder zugänglich gemacht. Enthalten sind Texte aus dem Zeitraum von 1916-1941, die ein neues Licht auf den "unpolitischen" Autor Zweig werfen.
Der vorliegende Band erweitert den Zweig-Kanon. Ursprünglich fremdsprachig publizierte Essays werden zweisprachig - jeweils auch in deutscher Übersetzung - zugänglich gemacht, ausführliche Stellenkommentare liefern Hintergrundinformationen und ein kommentierender Essay reflektiert sowohl die Entstehungsbedingungen der einzelnen Texte wie auch den bestehenden Forschungsstand.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 12.02.2020

Rezensentin Angela Gutzeit staunt, wie sich Stefan Zweig in den von Stephan Resch herausgegebenen Essays als politischer Autor entpuppt, indem er Zeitgeschichte kritisch kommentiert und Stellung bezieht. Wenn auch mitunter zaudernd, positioniert Zweig sich in den weitgehend unbekannten politischen Texten laut Gutzeit erkennbar als Antifaschist und Pazifist. Reschs Kontextualisierungen räumen für Gutzeit letzte Zweifel aus und erklären etwa Zweigs New Yorker Äußerungen aus dem Jahr 1935, in denen sich der Autor nicht zu einer eindeutigen Stellungnahme gegen Hitler bewegen ließ. Die mehrsprachige Edition findet die Rezensentin sorgfältig und differenziert. Ein großer Dienst an diesem Autor, so Gutzeit.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 14.11.2019

Nicht von vornherein pazifistisch und anti-nationalistisch war Stefan Zweigs Haltung zum Ersten und Zweiten Weltkrieg, so streicht Rezensent Harro Zimmermann nach Lektüre dieser Essays heraus. Vielmehr lernt er daraus, dass Zweigs Haltung anfangs durchaus "wechselhaft und widersprüchlich" war. Dann jedoch und durch Orientierung an Romain Rolland gelang es ihm, als weitgehend öffentlicher Intellektueller zu einer "moralischen Autorität" zu werden, so der Rezensent. Die vorliegenden Essays zeigen ihm Zweigs Wege und auch Irrwege - seine Sympathie für das sowjetische Experiment und die Auffassung, dem Antisemitismus müsse die europäische Judenheit mit kultureller Überlegenheit entgegenstehen. Der von dieser "verdienstvollen" Sammlung sehr beeindruckte Kritiker hat mit Empathie die nachlassende Widerstandskraft des Autors beobachtet, der sich 1942 in Brasilien umbrachte.