Reinhard Kaiser-Mühlecker

Wilderer

Roman
Cover: Wilderer
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2022
ISBN 9783103971040
Gebunden, 352 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Jakob führt den Hof der Eltern und kämpft gegen den Niedergang. Als die Künstlerin Katja sich als Praktikantin anbietet, scheinen sich die Dinge zum Guten zu wenden. Gemeinsam bauen sie eine biologische Tierhaltung auf, sie heiraten und bekommen einen Sohn. Doch Jakob findet keine Ruhe, sein grausamer Zorn bricht immer wieder hervor. Hat Katja ihn getäuscht, hat sie nur mal einen wie ihn haben wollen, einen Bauern? Reinhard Kaiser-Mühlecker erzählt von Herkunft und existentieller Verlorenheit in einer Welt, die sich radikal wandelt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 30.06.2022

Rezensentin Ursula März liest gebannt den neuen Roman von Reinhard Kaiser-Mühlecker. Dass der Autor das Bauerndasein von innen kennt, begreift März schnell. Das unterscheidet den Text von anderen Dorf- und Bauernromanen, findet sie. Plastische Beschreibungen landwirtschaftlicher Tätigkeiten und den Sehnsüchten nach einem anderen Leben eignen der Geschichte um einen glücklosen Jungbauern, dem seine finstere Charakterseite im Wege steht, Jähzorn, Hass und ein Hang zur Gewalttätigkeit. Diese bedrohliche Note durchzieht den Text laut März und bedeutet Unheil. Und sie rückt den Roman weg vom Bauernrealismus und in die Nähe existenzialistischer Literatur, findet die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 16.06.2022

Dorfromane sind in Mode, vor allem, wenn sie das Dorf von außen, aus der Sicht hinzugezogener Städter beschreiben. Reinhard Kaiser-Mühleckers Roman "Wilderer" ist anders, er erzählt aus der Innenperspektive eines Bauern, er um das Überleben seines ererbten Hofes kämpft. Und Kaiser-Mühlecker kann das, weil er selbst Bauer ist, erzählt Rezensentin Ursula März. So jung der Bauer ist, so erschöpft ist er schon. Alles ändert sich, als er eine junge Frau kennenlernt, sich verliebt und heiratet. Beide machen aus dem Hof eine Erfolgsgeschichte. Alles gut also? Natürlich nicht, etwas Unheimliches schleicht sich ein in den Roman, und wie unmerklich das geschieht, zeigt der Rezensentin die ganz große Kunst des Autors. Das hat mit dem üblichen Dorfroman nichts, aber umso mehr mit Camus' "Der Fremde" zu tun, lobt März, schwer beeindruckt vom Existenzialistischen dieses Romans.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.04.2022

Rezensent Rainer Moritz ist überwältigt von der Prosa in Reinhard Kaiser-Mühleckers neuem Roman. Motive früherer Romane aufgreifend erzählt der Autor die Geschichte von Jakob, der als Landwirt ein karges Leben auf dem Bauernhof seiner Familie führt, voll Engstirnigkeit und Vorurteile, bis er selbst die Verantwortung übernimmt, den Hof ökologisch umstellt und mit der Kunststipendiatin Katja eine eigene Familie gründet, resümiert der Rezensent. Die Gedankenwelt des Protagonisten, der mit seinem immer wieder aufkommendem "Jähzorn" seinem eigenen Glück im Wege steht, schildere Kaiser-Mühlecker "geschickt" und "überzeugend", lobt Moritz. "Die Wucht dieser Prosa" entsteht für den Rezensenten aus der schwer beantwortbaren Frage, nach den Gründen dieser Disharmonie. Denn wie die zwei Haushunde, die im Rausch über Hühner und Rehkitze herfielen, könne sich auch der Protagonist zeitweise nicht im Zaum halten und werde zum "Wilderer", erklärt Moritz und stellt erleichtert fest, dass der Autor inzwischen die künstliche Schwere der früheren Werke abgelegt habe, sodass seine Prosa "für sich selbst spreche".

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.04.2022

Rezensent Fokke Joel warnt vor der Düsternis von Reinhard Kaiser-Mühleckers Bauernroman. Die Geschichte des verquälten Landwirts Jakob, der zwischen harter, monotoner Arbeit, Tinder und Suizidgedanken vegetiert, drückt dem Rezensenten auf die Seele. Bierdunst und Gewaltfantasien prägen die Atmosphäre im Text, erklärt Joel. Obwohl die Handlung nicht viel hergibt, und sie abläuft wie der Wechsel der Jahreszeiten, geht davon für den Rezensenten eine verstörende Wirkung aus, und die Ambivalenzen, mit denen der Protagonist ringt, werden für ihn spürbar. Die Darstellung der bäuerlichen Welt ohne Klischees und Verklärung, hält er für überzeugend.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.03.2022

Rezensent Christoph Schröder liest mit Spannung Reinhard Kaiser-Mühleckers Fortsetzung seiner Romanreihe rund um Oberösterreich. Diesmal skizziert der Autor den Landwirt Jakob, der sich in einer alternativlosen Wirklichkeit befindet, in der er lebensmüde den Bauernhof der Familie führt. Als eine Künstlerin aus Salzburg in sein Leben tritt, mit der er den Hof biologisch umstellt und eine eigene Familie gründet, scheint das Glück nah, doch stattdessen gerät er in eine Spirale von Tragödien, fasst der Rezensent zusammen. Beeindruckt blickt Schröder auf dieses "Panorama des Niedergangs", indem der schlichte Ton Raum für "psychologische Komplexität" lässt und besonders die Figuren plastisch gezeichnet werden, aber trotzdem unberechenbar bleiben. Das ist eine "große Kunst dieses Romans", meint der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.2022

Rezensent Tilman Spreckelsen hält Reinhard Kaiser-Mühleckers Roman über einen jungen Landwirt mit einer tiefsitzenden Verstörung für ein Ereignis. Wie der Autor, ohne seine Figur zu denunzieren, Stück für Stück das Rätsel um den Bauern lüftet, um das Vermögen der Familie und die latente Härte der bäuerlichen Lebensweise, findet Spreckelsen überzeugend. Wenn sich die Abgründe der Geschichte und der Figur schließlich öffnen, wird es für Spreckelsen intensiv. Stark findet er außerdem, wie der Autor das Ringen der Figur mit sich selbst beschreibt.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 12.03.2022

Mit jedem neuen Roman leuchtet Reinhard Kaiser-Mühlecker einen neuen, noch entlegeneren Abschnitt jenes "Zwiespalts" aus, der sich durch die Provinz Oberösterreichs und ihre Bewohner zieht, des Zwiespalts "zwischen archaischen, agrarischen Strukturen" und einer unverständlich, unvertraut gewordenen Restwelt. Rezensent Elmar Krekeler will diese Leistung, die kein anderer wie Kaiser-Mühlecker vollbringen könnte, gewürdigt wissen. In seinem neuen Roman wendet sich der Autor einer Figur zu, die seiner Leserschaft bekannt sein dürfte, nicht jedoch vertraut: Jakob, dem unglücklich Irrenden. Als Leser ist Krekeler dessen Gefühlen, Gedanken und Wahrnehmungen stets nah, und doch nie so nah, dass dieser Jakob ihm nicht fremd bliebe. Es ist eine nachhaltige und selbst auf eine Weise archaische Lektüreerfahrung, die der Rezensent mit "Wilderer" macht, vergleichbar, so schreibt er, mit einer Wanderung durchs Dickicht.