Kristine Bilkau

Nebenan

Roman
Cover: Nebenan
Luchterhand Literaturverlag, München 2022
ISBN 9783630875194
Gebunden, 288 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Ein kleiner Ort am Nord-Ostsee-Kanal, zwischen Natur, Kreisstadt und Industrie, kurz nach dem Jahreswechsel. Mitten aus dem Alltag heraus verschwindet eine Familie spurlos. Das verlassene Haus wird zum gedanklichen Zentrum der Nachbarn: Julia, Ende dreißig, die sich vergeblich ein Kind wünscht, die mit ihrem Freund erst vor Kurzem aus der Großstadt hergezogen ist und einen kleinen Keramikladen mit Online-Shop betreibt. Astrid, Anfang sechzig, die seit Jahrzehnten eine Praxis in der nahen Kreisstadt führt und sich um die alt gewordene Tante sorgt. Und dann ist da das mysteriöse Kind, das im Garten der verschwundenen Familie auftaucht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.10.2022

Rezensentin Judith von Sternburg erscheint das von Unheimlichkeiten geprägte Dorf- und Stadtleben in Kristine Bilkaus neuem Roman "Nebenan" realitätsnah. Die Autorin lässt zwei Protagonistinnen, die knapp 60-jährige Ärztin Astrid und die Kunsthistorikerin Julia mit unerfülltem Kinderwunsch abwechselnd von ihrem Leben, ihren Gefühlen und Erlebnissen innerhalb dieses teilweise an Ingrid Nolls Krimis erinnernden Umfelds berichten, erklärt Sternburg. Das gelingt Bilkau ausgezeichnet, meint die Rezensentin, denn obwohl hier nicht viel ausformuliert wird, bleibt der Ton im Buch stets warm und doch lakonisch - und wird durch die beiläufige Erzählart an keiner Stelle überwältigend. Die Platzierung dieses Romans auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises ist damit auch eine schöne Entscheidung für "feinen Realismus", schließt die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 30.04.2022

Rezensentin Brigitte Neumann ist "verstimmt" von Kristine Bilkaus Roman. Sehr biedermeierlich gehe es zu in der Geschichte um die zögernde und zweifelnde, völlig "innerliche" Julia, die mit ihrem Partner in eine Kleinstadt gezogen ist, wo leerstehende und zerfallende Häuser ihren unerfüllten Kinderwunsch symbolisieren. Auch die zweite, der Kritikerin zunächst etwas mehr Schwung versprechende Figur Astrid, eine taffe Landärztin, verkommt bald zur bloßen Schablone von "Äußerlichkeit". Das ist für Neumann"zu sehr Konzept". Auch die simple Symbolik und die "lapidaren Sätze", die Bilkau zur Beschreibung der Leere in der Gefühlswelt ihrer Protagonistinnen heranzieht, langweilen die Rezensentin anscheinend. Ein paar "Risse" in der Romanwelt gibt es dann doch, und bei der zweiten Lektüre findet Neumann einige feinere Abstufungen in den Gefühlsbeschreibungen auf - insgesamt ist ihr das Buch aber zu durchschaubar.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.04.2022

Rezensentin Katharina Teutsch liest mit Kristine Bilkaus "Nebenan" einen weiteren Dorfroman. Erzählt wird von zwei Seiten aus der Perspektive der langjährigen Familienmutter und einheimischen Astrid und der zugezogenen Julia, die sich mit ihrem Partner Chris der Familienplanung widmet, resümiert die Rezensentin. Indem die Autorin Begegnungen mit Toten und rätselhafte Beobachtungen leerstehender Nachbarshäuser schildert, stellt sie die "Janusköpfigkeit" des Unheimlichen gut dar und auch die "niederkartätschenden" Beschreibungen liegen ihr, lobt Teutsch verhalten. Doch angesichts der "Folgenlosigkeit" der zahlreichen Begebenheiten, die einiges Spannungspotential böten, macht sich bei der Rezensentin eine gewisse Langeweile breit. Letztlich schreibt sie das der Autorin zu, die als Städterin wohl doch einen sehr verfremdenden Blick auf das Dorfleben werfe.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 04.04.2022

Gebannt liest Rezensent Carsten Otte den neuen Roman von Kristine Bilkau, der den "Grusel" im Alltag einer Dorfgemeinde inszeniert. Die Erzählung dreht sich um ein Paar Ende dreißig, das in ein namenloses Dorf gezogen und rätselhafte Botschaften erhält. Mit leisen Bezügen zu klassischen Autoren von Schauergeschichten, wie Edgar Allan Poe und E.T.A. Hoffmann kreiere die Autorin "Spiegelkonstellationen" in ihrer Erzählung über die Geheimnisse der Dorfgemeinschaft, die sich immer neu mit der Angst konfrontiert sieht, erklärt der Rezensent und lobt, wie die Autorin diese Unsicherheit "äußerst stilsicher" in ihrer Sprache übertrage, in dem sie einfühlsam und abwägend "schöne Formulierungen" für melancholische Momente findet. So sei ihr ein "sprachlich wie dramaturgisch" ansprechender Roman gelungen, den der Rezensent vor allem als eine "literarische Abrechnung mit dem Unheimlichen" versteht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.03.2022

Rezensent Hubert Winkels stutzt bei der umfassenden "Betulichkeit" in Kristine Bilkaus Roman. Er handelt von zwei Paaren, ein junges auf dem Dorf mit Kinderwunsch, ein älteres in der Stadt, und dabei geht es sehr symmetrisch, schlicht und überaus "niedlich" zu, meint Winkels: Beide Paare - vor allem die Frauen, um die es vordergründig geht - hadern mit einem leerstehenden Haus, wohnen selbst in einem sehr gemütlichen und haben eine besondere Verbindung zum Wasser. So "offensiv kitschig" werde es dabei manchmal - bei einem Katzen-Ölgemälde erschrickt der Kritiker förmlich und stöhnt auch über die vielen Briefe -, dass es fast schon wieder ins Rebellische kippe. Aber eben nur fast: Am Ende doch weniger moderne Ambivalenz als "Neobiedermeier", bedauert der Rezensent. Da freut er sich fast schon über den "Zipfel des Bösen", der einmal bei einem sadistisch veranlagten Kind aufblitzt.
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