Wolf Haas

Müll

Roman
Cover: Müll
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2022
ISBN 9783455014303
Gebunden, 288 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Auf einem der Wiener Mistplätze (dt.: Altstoffsammelzentrum) herrscht strenge Ordnung, bis eines Tages in der Sperrmüllwanne ein menschliches Knie gefunden wird. Schnell tauchen in anderen Wannen weitere Leichenteile auf, die entgegen der Mistplatzordnung und zum großen Leidwesen der Müllmänner allesamt nicht korrekt eingeworfen wurden. Nur vom Herz des zerlegten Toten fehlt jede Spur. Die Kripo weiß nicht weiter. Zum Glück ist unter den Müllmännern ein Ex-Kollege, der nicht nur das fehlende Herz samt Begleitschreiben findet, sondern auch nie vergessen hat, was man bei Mord bedenken muss. Und damit steckt Simon Brenner nicht nur in einem neuen Fall, sondern auch bis zum Hals in Schwierigkeiten.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 31.03.2022

Rezensent Rainer Moritz freut sich über den neunten Teil der Brenner-Krimireihe des Kriminalromanrevolutionärs Wolf Haas. In "Müll" arbeitet der mittlerweile gealterte ehemalige Polizist und Müllarbeiter an einem neuen Fall, als in einem Container seiner Arbeitsstelle Leichenteile gefunden werden. Was für die Tochter des ermordeten Franz Schall wie eine Tat der Organmafia wirkt, scheint sich im Laufe der Handlung anhand vieler genüsslich und glänzend erzählter Indizien doch als Beziehungstat zu erkennen zu geben, erklärt Moritz. Was am Ende passiert will uns der Rezensent nicht verraten, aber das sei in Haas' Büchern sowieso nicht so wichtig wie das kunstvoll-komische Spiel mit der Sprache und seiner Abneigung gegen das Realistische und Handlungsorientierte. Auch, wenn es so scheint, als würde sich der Protagonist immer mehr verflüchtigen, hofft Moritz auf einen zehnten Teil als würdigen Abschluss der Brenner-Reihe, den er etwa im Jahr 2029 erwartet.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.03.2022

Rezensentin Elke Brüns freut sich über einen neunten Fall der Brenner-Reihe von Wolf Haas. In "Müll" ermittelt der mittlerweile wohnungslose und als Müllwerker arbeitende Ex-Polizist und -Detektiv Simon Brenner wieder, als Leichenteile auf einem Recyclinghof gefunden werden. Was zuerst aussieht wie eine Organmafia- oder Beziehungstat und somit "krimitechnisch überschaubar" scheint, gewinnt an Spannung, als der Text überraschenderweise eine neue Richtung einlenkt, erklärt Brüns. Wie immer spielt neben der Lösung des Verbrechens auch die einzigartige, stilisierte "Lust an Sprache und Stil" wieder eine große Rolle in dem Krimi, die bei der Rezensentin trotz der beschriebenen tragischen Abgründe Lachanfälle und Groteske erzeugen kann. Das Buch ist gelungen, fügt sich in die "literarische Kreislaufwirtschaft" ein und regt dazu an, dieses und andere Werke aus Haas' Brenner-Reihe immer wieder zu lesen, schließt die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.2022

Rezensentin Andrea Diener nimmt glatt den Wolf-Haas-Sprech an in ihrer Rezension, so ist ihr das beiläufige Erzählen in den Brenner-Romanen ans Herz gewachsen. Apropos, um ein Herz geht es auch im neuen Fall für den Brenner. Menschliche Überreste tauchen auf einem Müllplatz auf, nur das Herz fehlt. Die Suche danach usw. nimmt Diener natürlich gefangen, trotz Exkurs über den Müll an sich und manchem mehr. Das Haas'sche mäandernde "Daherreden" ist für Diener übrigens große Kunst, eh klar.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 03.03.2022

Rezensentin Maike Albath ist süchtig nach Wolf Haas und seinen Brenner-Krimis. Der neue Brenner ist irgendwie zum Glück ganz der alte, verkrachte Brenner, freut sich Albath. Die wie immer haarsträubende Geschichte um eine Leiche im Müll, um Organhandel und Brenners ganz reale Obdachlosigkeit erzählt der Autor laut Rezensentin auch wie gehabt mittels seiner bestens eingeübten Kunst der Verknappung. Komisch und mitreißend, findet sie.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.03.2022

Rezensent David Hugendick trifft sich mit Wolf Haas in Wien, um über dessen auch neuen Brenner-Krimi zu plaudern. Darin entdeckt der ehemalige Polizist auf seinem neuen Arbeitsplatz, einer Müllhalde, Leichenteile. Ausgearbeitete Spannungsbögen gibt es dabei nicht und die genretypischen Fragen nach Tätern und Tathergang werden nebensächlich, erkennt Hugendick, der sich aber umso begeisterter von der besonderen Erzählstimme zeigt, die den Roman trage. Mit "geistreichem Witz" und "beiläufiger Kunstfertigkeit" möchte der österreichische Autor gegen die intellektuelle Schwere der Gegenwartsliteratur wenden, erfährt der Rezensent und meint: Gelingt ihm.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 26.02.2022

Nach acht Jahren Pause freut sich Rezensent Andreas Lesti sehr über die Rückkehr von Wolf Haas' Ermittler Brenner und noch mehr über die Rückkehr der leicht "durchgeknallten" Erzählstimme dieser Reihe. Denn dass man als Leser erst einmal keine Ahnung habe, was da überhaupt vor sich geht in dieser Geschichte, in der Brenner mit Leichenteilen auf einem Wertstoffhof konfrontiert wird, und dass dann später alles gar nicht so dramatisch zu sein scheine, wie man hätte denken können, stört Lesti nicht im geringsten angesichts der höchst spannenden und unterhaltsamen Dreieckskonstellation zwischen Leser, Erzähler und Hauptfigur: Der Erzähler ist dem Brenner stets voraus und berichtet dem Leser davon in vertrauter Du-Perspektive, in legerem Wiener Akzent, so Lesti. Entzückend auch, wie gekonnt Haas dabei die Erzähltheorien von Roland Barthes und Gérard Genette in Szene setze. Die eigentlich spannende Frage, nämlich wer hier der Erzähler, nicht der Mörder, sei, macht für den Kritiker den großen Reiz der Brenner-Romane aus.