Raymond Federman

Pssst! Geschichte einer Kindheit

Cover: Pssst! Geschichte einer Kindheit
Weidle Verlag, Bonn 2008
ISBN 9783938803103
Gebunden, 203 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Andrea Spingler. Am 16. Juli 1942 gegen 5:30 Uhr drang französische Polizei in die Wohnung der Federmans in Montrouge ein, um die jüdische Familie festzunehmen. Raymond Federmans Mutter schubste ihren 14-jährigen Sohn mit einem Bündel Kleider in eine Abstellkammer. Sie sagte "Chut "( "Pssst!") und schloss die Tür. Federman sollte sie, seinen Vater und seine beiden Schwestern nie wiedersehen, sie wurden deportiert und in Auschwitz ermordet. Federman blieb über 24 Stunden in dieser dunklen Kammer, bevor er sich aus dem Haus stahl und in einem Güterzug nach Süden floh. Raymond Federman hat in vielen seiner Bücher über diese Tragödie geschrieben, jedoch immer betont, daß er kaum Erinnerungen an die Zeit davor habe. "Pssst!" nun ist das Buch seiner Kindheit, in dem er aus den Bruchstücken seiner Erinnerungen ein Puzzle zusammenfügt, das zu einem leicht verwischten, gleichwohl plastischen Bild wird. Immer wieder schweift er dabei ab, konfrontiert sich als Erzähler mit sich selbst, springt in der Zeit, und doch lässt er die Magie einer jeden Kindheit erstehen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.09.2009

Hans-Peter Kunisch stellt das Werk des französisch-amerikanischen Autors Raymond Federman als "Mischung aus künstlerischem Heroismus und handfestem Paradox" dar, das ihn in seiner ganzen postmodernen Verspieltheit manchmal ein wenig erschöpfte. Wie fast jedes Federman-Werk erzählt auch das vorliegende eine weitere Version der Urszene aus Federmans Kindheit, wie er nämlich von seiner Mutter bei der Deportation der Familie durch die Nazis in einem Schrank versteckt wird und so als einziger der Ermordung entgeht. Dennoch stellt Kunisch Unterschiede fest. Diesmal schreibt Federman diese "Unheilsgeschichte" als "Protokoll", "atemlos" und mit exakten Angaben zu Zeiten, Orten und Personen, wodurch die Fiktionalisierung der Erinnerungen wenn auch nicht aufgehoben, so doch weniger prominent erscheint, erklärt der Rezensent. Er findet Federman immer dann "am besten", wenn er mit "unauffälliger" Komik über die Themen schreibt, die "nicht leicht wegzulachen" sind.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.12.2008

Für Martina Meister ist Raymond Federmans jüngstes Buch sein "persönlichstes, eindringlichstes und vielleicht schönstes" Werk. Das Titelwort bezieht sich auf jene "Urszene" seines Lebens, in der seine Mutter ihn 1942 in eine Abstellkammer der Pariser Wohnung schob und so vor der Ermordung bewahrte, während sie, sein Vater und seine beiden Schwestern nach Auschwitz deportiert und dort vergast wurden, erklärt die Rezensentin. Federman setze nun in diesem Band, in dem er seine Kindheit und das Familienleben heraufbeschwört, seinen Eltern und seinen Schwestern ein bewegendes Denkmal, so Meister. Während er in seinen früheren Büchern die Leerstelle seiner ermordeten Familie immer in der Chiffre "X-X-X-X" gefasst habe, lasse er sie nun hier noch einmal auftreten und nehme sie ohne Beschönigungen oder Sentimentalitäten in den Blick. In eindringlichem Ton, der keine Entlastung im "Lachen" oder in formalen Spielereien sucht, hält Federman seine Kindheitserinnerungen und seine Rettung fest, und er rechnet auch "schonungslos" mit Familienmitgliedern ab, die nichts für das Überleben von ihm und den seinen getan haben, lässt Meister wissen.