Peter Handke

Mündliches und Schriftliches

Zu Büchern, Bildern und Filmen 1992-2002
Cover: Mündliches und Schriftliches
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2002
ISBN 9783518413487
Gebunden, 166 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Die in diesem Buch versammelten Aufsätze, Notate und Reden aus den vergangenen zehn Jahren zeigen Peter Handke als leidenschaftlichen Kinogänger, Bildbetrachter und Leser beim "Beobachten, Betasten, Beschreiben, Vergleichen". Was wir erfahren von seinen Begegnungen mit Filmen von Jean-Marie Straub oder Abbas Kiarostami, dem iranischen Cineasten, mit Büchern von Marguerite Duras, Hermann Lenz, Karl Philipp Moritz, Ralf Rothmann, Erich Wolfgang Skwara, den Bildern und Gemälden Pierre Alechinskys, Emil Schumachers und Anselm Kiefers sind weltauftuende Beobachtungen, durch die immer der Blick auf das Umfassendere mitgeöffnet wird.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.01.2003

Rezensent Martin Meyer gefällt an diesem Buch mit Essays, Preisreden, Ansprachen und Glossen besonders, dass es zunächst "wie ein lockeres Diarium von Tag zu Tag" erschien, dessen Wirkung sich erst bei genauem Hinsehen entfaltet. Schließlich gehe es darum, "wie das Ästhetische da und dort unser Weltverstehen bestimmt, präzisiert und vertieft". Erfreut zeigt sich Meyer auch über die Tatsache, dass er Handke gerade als Kritiker als "Mann des humorvollen Zögerns" kennengelernt hat. Je genauer Handke schaue, beispielsweise auf die Prosa Arnold Stadlers oder Marguerite Duras', "umso behutsamer, ja spielerisch formuliert er's". Anders bei den Filmen, die der Rezensent aus doppelter Perspektive beschrieben findet: und zwar nicht bloß aus der analytischen, sondern auch aus naiver Zuschauerperspektive, der es um die Aura des Kinos geht, die Formen der Wahrnehmung beeinflussen kann. Besonders beeindruckt zeigt sich der Rezensent über ein Porträt des Malers Anselm Kiefer. "Verwandlung des Fremden in ein Eigenes", bringt Meyer - Novalis Zitierend - Handkes kritisches Verfahren auf den Punkt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 19.12.2002

Dass Peter Handke als Kritiker zu lesen lohnt, steht für Rezensent Michael Rutschky seit dem Band "Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturms" (1972) außer Frage. Auch sein nun vorliegender Band "Mündliches und Schriftliches - Zu Büchern, Bildern und Filmen 1992 - 2002" hat Rutschky vollauf überzeugt. In einer sehr persönlich gehaltenen Besprechung zeigt sich Rutschky unter anderem darüber erfreut, dass Handke sich von zwei Regisseuren begeistern ließ, "die auch gleich meine Favoriten waren: Quentin Tarantino und Atom Egoyan". Die "Kinogeher" Handke und Rutschky stimmen auch sonst in vielem überein, etwa in der Beobachtung, die Rutschky für sein "höchstpersönliches Eigentum" hielt, nämlich dass Tarantino mit Eric Rohmer vergleichbar sei, und dass wir gewissen amerikanischen Regisseuren inzwischen die Filme verdanken würden, mit denen uns früher die französischen erfreuten. Neben den Schriften zum Film haben Rutschky auch Handkes Schriften zur Kunst, etwa zur Malerei Emil Schumachers, begeistert, während Handkes Lobreden auf Schriftsteller in diesem Band "weit weniger Wirkung" auf den Rezensenten zeitigen. Was Rutschky auch "nicht so richtig" versteht, was vielleicht aber auch unwichtig sei. Handke ähnle dem Esser, erklärt Rutschky: Der Esser, habe er die Speise erst mal im Mund, könne und müsse sich nicht mehr gegen ihren Geschmack wehren. "Es ist der primäre Kontakt", resümiert Rutschky, "der Handke als Kritiker sofort mit seinen Gegenständen verbindet, der seine Arbeiten so lesenswert und lehrreich macht."

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 14.11.2002

Ein Sammelband mit Texten über Bücher, Filme und Bilder, der weitgehend frei vom "herrischen Handke-Ton" und seiner "reaktionären Wut" auf alles Westliche und Moderne ist, konstatiert Thomas Assheuer erleichtert. Trotzdem hat er Schwierigkeiten mit der auch in diesem Buch zutage tretenden Handkeschen Ästhetik, die der Sprache die Fähigkeit zuschreibt, "das Wesen der Dinge zu berühren". In seinen Texten über Filme spürt der Rezensent zwar "Leidenschaft" und mitreißende Begeisterung, er bemerkt aber auch die Gefahr der "Verkennung". Sie zeigt sich für den Rezensenten zum Beispiel bei der Besprechung eines Films des iranischen Filmemachers Abbas Kiarostami, wo Handkes Begeisterung für das Begriffsfeld "Volk" in einem merkwürdigen Widerspruch zur Haltung Kiarostamis steht, der "das Volk" doch gerade nur noch als nostalgische Sehnsucht begreift. Auch die "seltsam sprachlos" wirkende Laudatio auf den Schriftsteller Ralph Rothmann, der sich durch seinen "sanften Realismus" auszeichnet, sieht Assheuer dem Desinteresse des Autors an "sozialem Unglück" geschuldet. Ihm scheint es aber hochproblematisch, nicht zwischen "Unrecht und Unglück" zu unterscheiden, und hier ist auch der Punkt, wo ihm Handkes Prosa "brüchig" wird.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.10.2002

Endlich mal ein Handke, über den man sich wegen mangelnder politischer Korrektheit nicht ärgern oder unter dessen Seitenfülle und gewichtiger Stoffmenge niemand zusammenbrechen muss, freut sich Kurt Flasch. Der kleine Band versammelt Reden und Skizzen, Katalogbeiträge und Laudationes über Bücher, Filme und Gemälde. Diesmal bleibt Handke "ein stiller Wilder" der sein "umwegiges Sprechen" in Betrachtung einzelner Objekte, Bildsequenzen oder Romanszenen als Widerstand gegen die ständige Bilderflut und Bilderverschmutzung vorantreibt und sich dafür Sinnesgenossen sucht wie Kiefer, Lenz, Stadler, Straub/Huillet, schreibt Flasch. Natürlich ließen sich die verschiedenen Texte autobiografisch deuten, aber wichtiger wäre es hinzuschauen, was Handke einem zeige oder wie er zu lesen anleite: ihm sei es um eine Sprache zu tun, die der mündlichen Rede verwandt ist, sich eine eher ländliche Begriffsstutzigkeit bewahrt hat, ohne vorgeformte Muster auskommt. Insofern bietet dieser Band zugleich aufschlussreiches Material über Handkes eigenen Stil, so der Rezensent.
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