Nancy Fraser

Die halbierte Gerechtigkeit

Schlüsselbegriffe des postindustriellen Sozialstaats
Cover: Die halbierte Gerechtigkeit
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001
ISBN 9783518117439
Taschenbuch, 337 Seiten, 14,27 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Karin Wördemann. Nancy Fraser, eine der führenden Theoretikerinnen des amerikanischen Feminismus, setzt sich in ihrer neuen Studie mit der derzeitigen Situation der Linken nach dem Zusammenbruch des Sozialismus auseinander. Fraser zufolge befinden wir uns im Zeitalter des "Postsozialismus", für den Mangel an zukunftsorientierten Perspektive, ein wiedererstarkender Wirtschaftsliberalismus und insbesondere die Entkopplung der Identitätspolitik von der Sozialpolitik konstitutiv sind. Dieser Wechsel von einer Politik der sozioökonomischen Umverteilung zugunsten einer Politik der Anerkennung von ethnischer und religiöser Differenz droht die Linke in den USA in eine "soziale" und eine "kulturelle" Linke zu spalten und wird daher in "Die halbierte Gerechtigkeit" einer kritischen Überprüfung unterzogen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.08.2001

Im Doppelpack setzt sich Herlinde Pauer-Studer mit Neuerscheinungen zur praktischen Philosophie auseinander, die beide Teil eines von ihr diagnostizierten Trends sind: der Verschiebung des Standards von der "distributiver Gerechtigkeit" hin zur "Idee der Anerkennung".
1) Honneth "Das Andere der Gerechtigkeit"
Das Hauptanliegen von Axel Honneth in seinem Aufsatzband ist, so die Rezensentin, die erneute Hinwendung der praktischen Philosophie auf die "Bedingungen eines guten Lebens". Wichtig ist ihm die normative Auspolsterung und damit auch Überschreitung bloß "formaler Moralkriterien", die die von Kant herrührende Tradition bestimmen. Hinzukommen müssen für Honneth zum Beispiel Momente der "Fürsorglichkeit und Sympathie" ebenso wie, im Politischen, "Prozesse demokratischer Willensbildung". Die Rezensentin hat mit vielen von Honneths Vorschlägen ihre Probleme. Zum einen, kritisiert sie, zeichnet er ein Zerrbild seiner Gegenspieler Rawls und Dworkin. Darüber hinaus sieht sie ihn in Gefahr, in eine "romantisierende" Dichotomie von "Gerechtigkeit und affektiven Bindungen" zurückzufallen.
2) Fraser "Die halbierte Gerechtigkeit"
Das Ziel von Nancy Fraser Aufsatzsammlung ist, fasst Pauer-Studer zusammen, "die genaue Bestimmung der Idee der Anerkennung". Freilich hält Fraser den klaren Gegensatz von Anerkennung und Umverteilung für nicht länger haltbar. Das eine gehe in aller Regel mit dem anderen einher. Eingehend setzt sie sich mit der feministischen Theorie-Debatte auseinander, kritisiert daran aber eine Fixierung auf die Subjektkonstitution, die ihrer Meinung nach alles Politische in den Hintergrund drängt. Pauer-Studer ist mit Frasers Ausführungen alles andere als glücklich. Zwar, soviel räumt sie ein, sind diese "eloquent und kenntnisreich", aber an theoretischer Präzision fehlt es nach Ansicht der Rezensentin sowohl bei Frasers Liberalismuskritik wie ihrem Begriff der Privatheit.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.06.2001

Dieses Buch, so der Rezensent (Kürzel rox.), ist entschieden Teil des Problems, das es benennt. Denn einerseits will Fraser Auswege aus den "Entweder-oder-Stellungsgräben" zwischen der "sozialen" und der "kulturellen" Linken in den USA weisen, andererseits verstrickt sie sich nach Meinung des Rezensenten gleichfalls in Scharmützel mit ihren theoretischen Gegnerinnen Seyla Benhabib und Judith Butler. Der "mäkelige Ton von Besserwisserei", in den sie da verfällt, wird zur Beilegung der "Primadonnen-Streitigkeiten", da ist sich der Rezensent sicher, kaum beitragen.