Mircea Cartarescu

Der Körper

Roman. Orbitor-Trilogie, Band 2
Cover: Der Körper
Zsolnay Verlag, Wien 2011
ISBN 9783552055049
Gebunden, 608 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Aus dem Rumänischen von Gerhardt Csejka und Ferdinand Leopold. Als die Schreibstube des Erzählers dem urbanistischen Größenwahn des Diktators zum Opfer fällt, kehrt Mircea in die Wohnung der Eltern zurück, wo die Vergangenheit wieder lebendig wird. Bukarest leuchtet - die Stadt wird zur Literatur, wenn er Urgroßvater Vasile herbeihalluziniert oder wenn sich Urgroßmutter Maria allmorgendlich in einen Schmetterling verwandelt. In diesem irrwitzigen Roman voller Alpträume, dem zweiten Teil der "Orbitor"-Trilogie des Schriftstellers aus Rumänien, fügen sich Phantastik und Physik, Tradition und Moderne, Sinnlichkeit und Abstraktion zu einem Kunstwerk.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.01.2012

Ein Blick in den neuen Roman von Mircea Cartarescu, den zweiten Band seiner Trilogie "Orbitor", genügt dem Rezensenten, um festzustellen: hier arbeitet einer weiter erfolgreich an seinem erzählerischen Programm des Überflusses. Soll heißen: rhythmisch, bildlich haut es Hans-Peter Kunisch schier um, Sinnlichkeiten aller Schattierungen betören ihn, wenn der Autor hinabsteigt in die Hinterhöfe seiner Kindheit im Bukarest von Nikolae Ceausescu. Berauscht von der Mischung aus Bodenhaftung und Fantastischem, entgeht ihm nicht, wie der Autor beschwörend Kritik anbringt, noch dass der Text sich dramaturgisch weit hinauswagt mit unvermittelten wie überflüssigen Figuren-, Orts- und Perspektivwechseln. Die so ins Spiel kommende Beliebigkeit groß zu kritisieren, hieße für Kunisch allerdings, Mäkelei zu betreiben.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.11.2011

Rezensentin Katharina Teutsch kann den zweiten, nun auf Deutsch erschienenen Teil von Mircea Cartarescus Orbitor-Trilogie nur dringend empfehlen. Denn der Autor, den sie für den interessantesten Schriftsteller im heutigen Rumänien hält, lege mit "Der Körper" ein "biochemisches Experiment mit den Mitteln der Sprache" vor, das von seinen Lesern zwar viel Humor und Geduld verlange, sie dafür aber mit einem Leseerlebnis belohne, welches ganz neuartige Denkbilder schaffe, deren Metaphern Cartarescu aus der Neurologie ebenso wie aus der Literaturgeschichte schöpfe. Man folgt dem über Raum und Zeit erhabenen Protagonisten Cartarescu nicht nur ins kommunistische Bukarest, sondern vor allem in sein von Halluzinationen und Wahngebilden bestimmtes Unterbewusstsein, so die Rezensentin. Sie ist von den phantastischen Flügen des Autors so angetan, dass sie ihm auch gerne die langwierigen Ausflüge in die Naturwissenschaften verzeiht.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.10.2011

Rezensent Mathias Schnitzler mochte gar nicht wieder auftauchen aus diesem "fantastischen Fiebertraum", in den ihn der rumänische Autor Mircea Cartarescu mit seinem Roman "Körper" gestürzt hat. Denn auch wenn Cartarescu hier vom tristen Bukarest der sechziger und siebziger Jahre erzählt, tut er dies auf eine so halluzinogene Weise, dass er den Rezensenten völlig in den Bann schlug. Schon mit kleinsten Veränderungen des Lichts, schwärmt Schnitzler, schafft es Cartarescu, Realitäten zu verschieben und mal leuchtende, mal düstere Albträume zu erschaffen. "Große Kunst" nennt Schnitzler dies, auch Cartarescus Sprache - "geflüstert, gestöhnt und geschrien" - findet er einfach spektakulär. Bei allen Fantastereien will der Rezensent jedoch nicht den Vorwurf des Eskapismus gegen Cartarescu erheben, denn zwischen allen traumhaften Straßenbahnfahrten durch die nächtliche, von Homunculi und Chimären bewohnte Stadt gibt es immer wieder Passagen, deren realistischer Gehalt unleugbar ist. Nein, eher treffe auf den zwischen Realität und Erinnerung oszillierenden Cartarescu das Attribut eines "Proust der Plattenbauten".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.10.2011

Gänzlich in Bann geschlagen sieht sich Ulrich M. Schmid von diesem letzten Teil von Mircea Cartarescus "Orbitur"-Trilogie, und mit dem "Körper" wird ihm ein tiefgehender Zweifel an der "Wirklichkeit unserer Lebenswelt" eingepflanzt. Äußerst fasziniert beobachtet der Rezensent, wie sich unter Cartarescus Feder Materie in Lebewesen und Lebendiges in Materie verwandelt und er stellt beeindruckt fest, dass sich der rumänische Autor dabei, bislang selten in der Literatur, wie er meint,  "medizinischer oder biochemischer Terminologie bedient". Er erzählt in diesem autobiografischen Band von einer inzestuös anmutenden Mutter-Sohn-Beziehung unter ärmlichen Verhältnissen in einer sozialistischen Plattenhaussiedlung, die nicht allein durch die Ceausescu-Diktatur, sondern auch durch den gewalttätigen Vater zerstört wird, erfahren wir. Als wahres "Meisterwerk" preist der Rezensent dieses Buch, in dem der Autor das eigene Ich als künstlerisches Projekt begreift und die Wirklichkeit gegenüber dem künstlerischen Texte unwirklich wird.