Martin Pollack

Die Frau ohne Grab

Bericht über meine Tante
Cover: Die Frau ohne Grab
Zsolnay Verlag, Wien 2019
ISBN 9783552059511
Gebunden, 184 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Nach "Der Tote im Bunker" folgt Martin Pollack den Spuren seiner Tante, die am Ende des Zweiten Weltkriegs zu Tode kommt und deren Grab nie gefunden wird. Sommer 1945: Die siebzigjährige Pauline Drolc, geborene Bast, wird von jugoslawischen Partisanen in ihrem Heimatort Tüffer, slowenisch Lasko, verhaftet und in das provisorische Internierungslager Schloss Hrastovec gebracht. Wenige Wochen später ist sie tot. Ihr Grab wird nie gefunden. Pauline ist die Großtante von Martin Pollack, dessen Buch über den eigenen Vater, SS-Sturmbannführer Gerhard Bast, zu den Meilensteinen der Erinnerungsliteratur zählt. Und sie ist die Einzige in der stramm deutschnationalen Familie, die am Ende des Zweiten Weltkriegs zu Tode kommt. In seinem detektivisch recherchierten Bericht erzählt Martin Pollack über das Schicksal eines Menschen, das beispielhaft ist für die historischen Verstrickungen an einem kleinen Ort zwischen den Grenzen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.12.2019

1875 im heutigen Slowenien geboren, wuchs Martin Pollacks Großtante Pauline mit den "Volkstumsstreitigkeiten" zwischen ihrem deutschsprachigen Dorf und den umliegenden slowenischsprachigen Dörfern auf, hat Norbert Mappes-Niediek in dieser Biografie gelernt. Obgleich die Germanentümelei ihre Brüder direkt in den Nationalsozialismus führte, heiratete Pauline noch mit 50 Jahren einen Slowenen, weshalb sie letztlich im Jahr 1945 in einem jugoslawischen Lager starb - ein den Umständen entsprechend höchst ungewöhnliches Leben, bemerkt Mappes-Niediek fasziniert. Da der Autor trotz seiner persönlichen Verbindung zu Pauline streng bei akribisch zusammengetragenen Fakten bleibt, bildet die Biografie einen Schlüssel zu einer besonderen historischen Situation, für den der beeindruckte Rezensent Pollack nur danken kann.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 05.12.2019

Ganz schuldlos in einer Familie vieler Schuldiger, so Rezensentin Sigrid Löffler, kommt die Großtante des Verfassers zu Tode. Beeindruckt von dem "moralischen Ernst" seines Buches gibt die Rezensentin uns Einblick in das ethnische und politische Gefüge Sloweniens in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts, wie sie es bei Martin Pollack gelesen hat. Am Ende des Zweiten Weltkriegs fallen viele Deutschstämmige in Slowenien den Racheaktionen jugoslawischer Partisanen zum Opfer, darunter eben jene unauffällige, kinderlose Frau eines Kirchendieners, die ihr ganzes Leben im elterlichen Haus verbracht hatte. Die Kritikerin ist voller Bewunderung für die Kompromisslosigkeit des Autors, der hier eine jener Geschichten vom Balkan erzählt, die man sich gegenseitig, wie er sagt "ohne Zorn und Eifer, ohne etwas zu verschweigen oder auszublenden" inzwischen gegenseitig erzählen kann und muss.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.10.2019

Gustav Seibt liest mit Martin Pollacks Ausschnitt aus seiner Familiengeschichte ein spannendes, genaues wie erschütterndes Buch. Wer über Handkes Jugoslawien spricht, soll das Buch lesen, findet er. Zu lernen ist damit laut Seibt, wie nach Ende des Zweiten Weltkriegs das Miteinander von Deutschen, Polen, Tschechen, Slowaken, Kroaten durch Menschenjagden, Morde und Internierungen beendet wurde. Wie der Autor die tragische Geschichte seiner Großtante aus der Untersteiermark mit Hilfe von Briefen, Fotos und Zeitzeugenberichten in die Geschichte dieser ethnischen Säuberungen einbettet, findet Seibt beklemmend und bemerkenswert.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.10.2019

Cord Aschenbrenner kann verschmerzen, dass der Historiker Martin Pollack bei der Rekonstruktion seiner Familiengeschichte die Lebens- und Todesumstände seiner Tante, die 1945 von jugoslawischen Partisanen ermordet wurde, nur unzureichend berücksichtigen kann. Allzu spärlich sind die Zeugnisse, Briefe, Fotos, die der Autor auswerten kann. Pollacks vorsichtige Vermutungen aber und vor allem die Verhältnisse in der Untersteiermark 1900 bis 1945, die er "facettenreich" zeichnet, sind dem Rezensenten genug. Wie feindselig sich Deutsche und Slowenen damals gegenüberstanden, wird für Aschenbrenner auf eindringliche Weise deutlich.