Lukas Rietzschel

Mit der Faust in die Welt schlagen

Roman
Cover: Mit der Faust in die Welt schlagen
Ullstein Verlag, Berlin 2018
ISBN 9783550050664
Gebunden, 320 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Zwei Brüder, ein Dorf in Ostsachsen und eine Wut, die immer größer wird Philipp und Tobias wachsen in der Provinz Sachsens auf. Im Sommer flirrt hier die Luft über den Betonplatten, im Winter bricht der Frost die Straßen auf. Der Hausbau der Eltern scheint der Aufbruch in ein neues Leben zu sein. Doch hinter den Bäumen liegen vergessen die industriellen Hinterlassenschaften der DDR, schimmert die Oberfläche der Tagebauseen, hinter der Gleichförmigkeit des Alltags schwelt die Angst vor dem Verlust der Heimat. Die Perspektivlosigkeit wird für Philipp und Tobias immer bedrohlicher. Als es zu Aufmärschen in Dresden kommt und auch ihr Heimatort Flüchtlinge aufnehmen soll, eskaliert die Situation. Während sich der eine Bruder in sich selbst zurückzieht, sucht der andere ein Ventil für seine Wut. Und findet es.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 02.02.2019

"Es ist dunkel in Sachsen", schreibt der Rezensent Holger Heimann, "in manchen Ecken sogar dunkelbraun." Lukas Rietzschels Roman-Debüt wurde vielfach im Kontext mit den Chemnitzer Ausschreitungen gelesen, und auch Heimann stellt diesen Zusammenhang her. Der Roman ist für ihn aber viel mehr als nur die Illustration eines aktuellen Geschehens. Heimann stellt Rietzschel als Autor vor, der bewusst weiterhin in Görlitz lebt und der sich im Grunde als einer von denen sieht, die er in seinem Roman porträtiert. Deshalb erscheint Heimann die hier geschilderte Tristesse im Leben ostdeutscher Jugendlicher, die fast zwangsläufig in die rechtsextreme Jugendkultur abrutschen, auch so "beklemmend und bemerkenswert zugleich". Besonders hebt Heimann die genaue Schilderung des Lebens im halb erfundenen Örtchen Neschwitz bei Hoyerswerda hervor. Rietzschels Debüt hat den Rezensenten überzeugt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.11.2018

Thomas Thiel sieht in Lukas Rietzschels Debüt das Literarische die Aktualität überflügeln. Als Kommentar zu Chemnitz möchte er Rietzschels Spurensuche in der sächsischen Provinz nach den Wurzeln von Ohnmacht und Zorn nicht verstanden wissen, schon weil der Autor von Chemnitz nichts wissen konnte, als er seine zwischen 2000 und 2015 spielende Geschichte schrieb. Der Entwicklung zweier Brüder folgend zu Wutbürgertum und Fremdenhass, bietet das Buch Thiel die souveräne, sprachlich dichte Beschreibung von Kippmomenten, ohne allzu plakativ zu werden.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 31.10.2018

Paul Jandl schätzt den Debütroman von Lukas Rietzschel wegen seiner Fragen. Dass der junge Autor nicht anhebt zu erklären, warum im Osten Deutschlands so viel schiefgeht, gefällt Jandl. Ein aktualitätspolitisches literarisches Wagnis sieht Jandl im Buch dennoch. Weil der Autor ungeschönte "Antiheimatliteratur" schreibt, über Rechte und Nazis, Gewalt und Schnaps, mit Klischees und sprachlich knapp, wie der Rezensent feststellt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.10.2018

Nein, Lukas Rietzschels Roman ist weder das Buch zur Stunde noch zu Chemnitz, erklärt Rezensent Rene Hamann. Ohne Frage ist das ein solides Debüt, sprachlich nicht besonders ausgefeilt, die chronologischen Stationen -  11. September, Religionskriege, Hochwasser in Dresden, Pegida, Afd etc. - fein säuberlich abgearbeitet, durchaus auch spannend, fährt der Kritiker fort.  Erklärungen für Rechtsextremismus im Allgemeinen und Chemnitz im Besonderen  darf man hier aber nicht erwarten, schließt er.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.09.2018

Wer sich mit anderen Augen betrachtet, wird sich selbst ein Fremder, weiß Marie Schmidt und bespricht drei Romane, in denen es vordergründig um Migranten geht, tatsächlich jedoch um das Land, in das sie kommen. Von Lukas Rietzschels Debüt hat sich die Rezensentin einiges erwartet, denn der Autor aus Bautzen erzählt darin von zwei Brüdern, die in der sächsischen Provinz aufwachsen. Doch bei aller Empathie und "engmaschiger Beschreibungsprosa" kann Rietzschel der Rezensentin nicht plausibel machen, wie aus dem Jungen ein Nazi wird. Hinweise auf die zerrissenen Biografien der Eltern und den Absturz nach der Wiedervereinigung reichen ihr nicht aus.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 08.09.2018

Marc Reichwein ist jetzt schon gespannt auf Künftiges von diesem Debütanten. Lukas Rietzschels Roman über eine Jugend im Osten, das Aufwachsen in der Lausitz zwischen 2000 und 2015, zwischen Neonazis und Nachwendefrust, ist für ihn nicht nur ein Buch zur Stunde. Rietzschels Coming-of-Age-Story funktioniert für Reichwein als angenehm unplakatives, leises wie genaues Porträt von Menschen hinter Ruinen, das ein ostdeutsches Lebensgefühl einfängt, psychologisch und literarisch stimmig und lebendig.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 06.09.2018

Lukas Rietzschels Roman "Mit der Faust in die Welt schlagen" beschreibt laut Rezensent Lars Weisbrod das Milieu, dem die derzeitigen Ausschreitungen von Chemnitz entwachsen sein könnten. Das Buch handelt von zwei Brüdern, die der Trostlosigkeit und Aussichtslosigkeit ihres Lebens im verfallenen Osten von Sachsen entgegentreten, indem sie gewalttätig werden. Die Aktualität des Romans ist in Weisbrods Augen nicht zu bestreiten, allerdings fragt er sich angesichts der "fast hilflos wirkenden Versuche" Rietzschels, Zusammenhänge zwischen der Radikalisierung der Jugendlichen und der "politischen Großwetterlage" herzustellen, was denn nun helfen könnte.