Lorenz Just

Am Rand der Dächer

Roman
Cover: Am Rand der Dächer
DuMont Verlag, Köln 2020
ISBN 9783832181116
Gebunden, 272 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Im großen Berliner Zimmer beginnt die Freundschaft von Andrej und Simon. Dort ritzen sie ihre Initialen ins Holz der Fensterbank und von dort aus begeben sie sich auf den langen Streifzug durch die Straßen ihres Viertels. Während Berlin-Mitte durch den Elan der herbeiströmenden Alteigentümer, Unternehmerinnen, DJs und DJanes, Kunst- und Abenteuerlustigen zu neuem Leben erwacht, gleiten die Kinder auf den Wegen ihrer Jugend an den Rand des Geschehens. Durch verwinkelte Hinterhöfe und den chaotischen Leerstand, in die Sackgasse der Kleinen Hamburger Straße, wo sie den Anfang und das Ende der Besetzung der Nr. 5 beobachten, bis auf die Dächer, auf denen sie fern der Welt ganze Nachmittage verbringen. Als die alten Häuser hinter neuen Fassaden und die Flachdächer unter den Dachterrassen der neuen Bewohner mehr und mehr zu verschwinden beginnen, geraten sie auf immer bedrohlichere Abwege.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.11.2020

Rezensent Oliver Jungen empfiehlt wärmstens den Roman von Lorenz Just. Just führt ihn zurück ins Berlin-Mitte kurz vor der Jahrtausendwende, in eine vertrödelte, verkiffte, aber nicht unglückliche Jugend. Der Autor kennt diese Zeit und das Milieu, versichert Jungen. Daher entsteht das glaubwürdige Bild eines Sommers der Anarchie, bevor die Juppies übernehmen, meint er. Stimmig sind für Jungen nicht nur Orte und Charaktere, sondern auch die Perspektive, die kindlich, aber mitunter auch "ausgereift" ist und die prinzipielle Handlungsarmut der Geschichte mit essayistischen Gedanken auflädt, etwa zu Basketball als identitätsstiftendem Moment. Ein "Anton Reiser" der Wendejahre, der die bloße Nostalgie transzendiert, freut sich der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 13.10.2020

"Angenehm tastend" und "unordentlich" nennt Susanne Messmer diesen Roman des jungen Berliner Autors Lorenz Just, der noch einmal das Ost-Berlin der Neunziger heranzoomt und dabei ganz neue Beobachtungen zum Vorschein bringt, wie die Kritikerin versichert. Erzählt wird die Geschichte der Freunde Andrej und Simon, die die Anarchie nach dem Mauerfall aus kindlichen, später jugendlichen Augen wahrnehmen und versuchen Alt und Neu zusammenzusetzen. Dass der Autor ganz neutral bleibt, verbucht Messmer als Gewinn.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.08.2020

Ulrich Seidler findet die Kinderperspektive spannend in Lorenz Justs Roman über eine Kindheit im Ostteil Berlins Anfang der neunziger Jahre. Der Effekt, der entsteht, wenn die geraffte Übergangszeit durch Kinderaugen sich plötzlich dehnt, subjektives kindliches Zeitempfinden regiert und Empfindungen, scheint Seidler aufregend, wenngleich der Erzähler dadurch nicht eben zur mitreißenden Figur wird, wie er meint, sondern sogar altklug, wortverliebt erscheint, so sehr, dass Seidler die Literaturschule des Autors dahinter erkennt. Doch die eigentliche Hauptrolle spielt für Seidler sowieso der Ort, die Gegend um die Oranienburger Straße, Dachböden, Keller, Verwahrlosung, Misswirtschaft.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 08.08.2020

Rezensentin Eva Biringer findet, dass man nicht jedes junge Leben unbedingt aufschreiben muss, denn ihr zufolge hat die autofiktionale Geschichte von Andrej, der in der Nachwendezeit in Ostberlin aufwächst und sich - nicht immer auf legale Weise - seine Stadt aneignet, nichts allzu Spannendes zu bieten. Für sie war denn auch Berlin der heimliche Protagonist: Die Schilderung der Gentrifizierung und die interessanten Umschreibungen, die der Autor für die sich wandelnde Stadt findet, fand sie durchaus lesenswert.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.07.2020

Rezensent Christoph Schröder liest Lorenz Justs neuen Roman als Parallelerzählung zu Lutz Seilers "Stern 111". Denn Just führt den Kritiker ebenfalls in jene "anarchischen" Jahre der Nachwendezeit, erzählt gleichermaßen vergnüglich und abenteuerreich, allerdings nicht von Künstlerwerdung, sondern von zwei Jungs, die zunächst im Alter von acht Jahren durch die neue Welt stromern, um die alten Platten- und Neubauten später als Einbrecher zu erkunden, resümiert der Kritiker. Amüsiert blickt Schröder aus den erst kindlichen, bald jugendlichen Augen auf die neuen Verhältnisse und eigenartigen Figuren, denen die Freunde Andrej und Simon begegnen und liest fast nebenbei von der "Identitätsbildung" der beiden. Ein paar Längen verzeiht er angesichts der sprachlichen Originalität gern.
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