Kristen R. Ghodsee

Warum Frauen im Sozialismus besseren Sex haben

Und andere Argumente für ökonomische Unabhängigkeit
Cover: Warum Frauen im Sozialismus besseren Sex haben
Suhrkamp Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783518075142
Kartoniert, 277 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Ursel Schäfer und Richard Barth. Im August 2017 sorgte ein Beitrag von Kristen R. Ghodsee in der New York Times für Furore. Der Titel: Warum Frauen im Sozialismus besseren Sex hatten. Bei "Sozialismus" mögen viele an alte Männer in grauen Anzügen denken. Tatsächlich aber garantierten zahlreiche sozialistische Länder ihren Bürgerinnen durch die Integration in den Arbeitsmarkt, Lohngleichheit und eine aktive Sozial- und Familienpolitik ein hohes Maß an ökonomischer Unabhängigkeit. Das erlaubte vielen Frauen, ihre Partner nicht nur unter dem Gesichtspunkt wirtschaftlicher Absicherung, sondern eben auch unter dem der individuellen Entfaltung zu wählen. Dreißig Jahre nach dem Ende des Staatssozialismus blickt die Historikerin und Ethnografin zurück und untersucht die Auswirkungen der kapitalistischen Transformation auf die Leben von Frauen. Die Lasten einer unregulierten Wirtschaft, so das Ergebnis ihres Essays, den sie nun erweitert als Buch vorlegt, tragen vor allem Frauen. Und sie sind es, die durch eine gerechtere Gesellschaft am meisten zu gewinnen haben.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.01.2020

Rezensentin Anna Kaminsky, Geschäftsführerin der Bundesstifung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, kann mit diesem Buch der amerikanischen Russland- und Osteuropa-Historikerin Kristen R. Ghodsee nicht allzu viel anfangen. Wenn ihr Ghodsee den Kapitalismus in den USA in den finstersten Farben ausmalt, um ihm dann die Vorzüge des Sozialismus gegenüberzustellen, gerät der Kritikerin vieles zu verzerrt. Zwar liest sie nicht ohne Interesse die historischen Exkurse der Autorin, etwa zu Frauenrechten in beiden Systemen. Mit der eindimensionalen Gegenüberstellung von Erfahrungsberichten von unterdrückten Amerikanerinnen und Ostmitteleuropäerinnen, die ihr Sexualleben vor allem in den ehemaligen Ostblockstaaten genießen konnten, hat Kaminsky allerdings ihre Probleme. Spätestens wenn Ghodsee Dänemark, Schweden, Finnland, Norwegen und Island aufgrund ihrer sozialen Sicherheitssysteme zu sozialistischen Staaten macht, weil ihr offenbar schwant, dass der reale Sozialismus nicht ganz so rosig war, steigt die Kritikerin aus.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 17.01.2020

Rezensentin Katharina Teutsch erkennt in Kristen R. Ghodsees Buch eine "flammende Systemkritik". Wie die Historikerin den Zusammenhang von Ökonomie und Feminismus erkundet, mit persönlichen Erfahrungen und akribischer Archivforschung zu den "sexpositiven Utopien" vono Lily Braun oder August Bebel, findet Teutsch spannend. Der Alltag im Sozialismus wird für die Rezensentin ebenso sichtbar wie die Verbindungen von Sozialpolitik und Prostitution. Eine Provokation, wenngleich vor allem für amerikanische LeserInnen, wie Teutsch einräumt.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 03.12.2019

Sina Fröhndrich empfiehlt das Buch der amerikanischen Ethnologin Kristen Ghodsee auch deutschen Leserinnen und Lesern, selbst wenn die Autorin mit ihren Fallgeschichten und Analysen zum Verhältnis Arbeit und Familie aus Frauensicht und ihrer Forderung nach einer besseren Sozialgesetzgebung im Sinne der Frau vor allem amerikanische Verhältnisse im Augen hat, wie die Rezensentin einräumt. Die These mit dem Sozialismus und dem Sex, erklärt sie, sei außerdem nur ein Köder, in Wirklichkeit geht es Ghodsee um die Darstellung der Unzulänglichkeit unregulierter freier Märkte in Sachen Gleichberechtigung. Die Vordenkerinnen (Lily Braun, Clara Zetkin), die Ghodsee aufruft, und die Vorschläge, die sie macht, taugen übrigens für Ost und West, so Fröhndrich.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 09.11.2019

Rezensentin Marlen Hobrack bekommt mit Kristen R. Ghodsees Buch mitnichten eine in Sachen Sozialismus gut informierte Sexualstudie, wie der Titel vermuten lässt. Die eigentliche Absicht der Autorin scheint ihr zu sein, mit den "Reizvokabeln Sex und Sozialismus" dem emanzipatorischen Ziel näherzukommen, "Frauen nicht fürs Kinderkriegen zu bestrafen". Ghodsees These, wonach der Kapitalismus das Schema Sex gegen Geld fördert, der Sozialismus aber die ökonomische Unabhängigkeit der Frau, findet Hobrack mindestens fragwürdig, zumal ihr die Autorin zu wenig differenziert zwischen den sozialistischen Gesellschaften in Rumänien, Bulgarien und der DDR zu verschiedenen Zeiten.