Joshua Sobol

Whisky ist auch in Ordnung

Roman
Cover: Whisky ist auch in Ordnung
Luchterhand Literaturverlag, München 2005
ISBN 9783630872186
Gebunden, 320 Seiten, 21,90 EUR

Klappentext

Aus dem Hebräischen von Barbara Linner. Hanina Regev hat viele Identitäten, je nachdem, wen man fragt. Ein Star in der Werbebranche. Ein Dichter. Mossad-Agent. Frauenheld. Whiskykenner. Selbst nennt er sich u. a. Shakespeare, Shylock, Nino, je nachdem, in welcher Situation und Gesellschaft er sich befindet und welche Rolle er gerade spielt. Er ist so rätselhaft und vielschichtig wie die israelische Identität und das jüdische Schicksal selbst. Nach seinem Dienst in der israelischen Armee hat sich Hanina einem Sonderkommando angeschlossen, das weltweit Terroristen und Mörder aufspüren soll. Bei einem Einsatz in der libyschen Wüste kamen damals zwei seiner Kameraden ums Leben, und heute, achtzehn Jahre später, hat Hanina das Gefühl, dass die Geschichte immer noch nicht abgeschlossen ist; er ist überzeugt, dass der Mörder seiner Kameraden noch lebt. Als er eines Tages in Manhattan einen Termin für seine Werbeagentur wahrnehmen will, entdeckt er einen Mann, der diesem Mörder verblüffend ähnlich sieht. Eine rasante Jagd beginnt, und bis sie, wieder in einer Wüste, zu einem überraschenden Ende führt, muss Hanina nicht nur seine Ehe und seine Freundschaften hinterfragen, sondern sich auch seiner Vergangenheit und seinen Überzeugungen stellen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.02.2006

Zum Trost gibt es Whiskey, verkleidet Rezensent Uwe Stolzmann seine ernüchternde Lektüre. Damit passt er sich dem Helden und Ich-Erzähler "Chanina" an, der ein undurchschaubares Chamäleon von "Masken und Namen" sei. In einem früheren Leben, skizziert Stolzmann den Plot, sei Chanina ein Killer für den israelischen Geheimdienst gewesen, und jetzt, 18 Jahre später in New York als "Werbemagnat", hole ihn diese Vergangenheit in Gestalt eines damals entwischten "Zielobjektes" wieder ein. Der Held ist als "Verkörperung jüdischen Wesens" gestaltet, meint der Rezensent, mit einer weit zurückreichenden opferreichen Tiefengeschichte. Der Rezensent fühlt sich bei all der Theatralik des Dramatikers Sobol wie in einem Theater nach der Vorstellung, wenn alle noch über das Stück diskutieren und der einsame Kritiker seinen Frust an der Bar hinunter spült. All die "gestelzten Dialoge, verkantete Sätze, schiefe Bilder", klagt der verkaterte Stolzmann.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 28.01.2006

In einer Doppelrezension bespricht Maik Söhler diesen Roman und den ihm aufs Verblüffendste ähnelnden Debüt seines Landsmanns und Schriftstellerkollegen Benny Barbasch, "Probelauf". Hier wie da geht es um einen erfolgreichen Werbetexter, in diesem Roman heißt er, abwechselnd, "Shylock" und "Shakespeare" und Nino. Er ist Mossad-Agent - in seiner Fantasie wohl nur, das macht der Rezensent aber nicht ganz klar, der Roman womöglich auch nicht. Dieser Held wird - mutmaßlich in seiner Fantasie - in eine Spionage-Geschichte verwickelt und hat Sex mit vielen schönen Frauen. Ausführlich zitiert Söhler, wie der Autor das beschreibt, überaus konventionell nämlich, nicht besser als sein Kollege Barbasch. Beide können also, sollte man wohl resümieren, so ungefähr die selben Dinge nicht, erzählen etwa, und schreiben. Sobol kommt die Ehre zu, noch ein bisschen schlechter zu sein als Barbasch: Das ist aber, daran lässt der Rezensent keinen Zweifel, auch schon egal.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.12.2005

Reichlich Lob und Bewunderung erntet Joshua Sobols Roman bei Rezensentin Andrea Neuhaus, allein "ein wenig mehr festen Boden unter den Füssen" wünsche sich der Leser dann doch. Denn der Autor entfalte mit "kühlem Zungenschlag" eine Agentengeschichte, die als "Camouflage" der Identitätssuche des Helden fungiert. Dieser Held, referiert die Rezensentin, bezeichnet sich als "Dichter der verlorenen Identität" und arbeitet in New York in der Werbebranche, bis er eines Tages den Mördern zweier seiner Kameraden aus dem früheren Agentenleben begegnet. So zumindest behaupte es der Protagonist, aber aus Sicht der Rezensentin ist diese Geschichte wie beinahe alles im Roman höchst unsicher, wenn nicht erfunden. Hier erweise sich Sobol als Meister der "Metafiktionalität" und "einfallsreicher Erzähler" eines "literarischen Rätsels von bewundernswerter Raffinesse". Einzig der gerne auch kulturkritisch schwadronierende Dichter-Agent trägt für den Geschmack der Rezensentin ein wenig zu dick und "lärmend" auf. Nur ein Mal würde sich der "Nebel" um den Helden lichten und auch seine Selbstaussagen verbindlicher: wenn er von seinen Eltern erzählt, die den Holocaust überlebt haben. Doch wiederum schließe sich der Nebel bei der Frage, ob diese Vergangenheit womöglich der Grund für seine "zersplitterte Identität" ist.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.12.2005

Geheimdienste haben eine Poetik, erfährt man von Rezensent Jürgen Becker, und diese werde in Sobols Thriller als "unbedingter Wille zur Fiktion" in Form gezielter Tötungen enttarnt. Sobols Protagonist wird vom Rezensenten als "zartbitterer Killerpoet" ausgezeichnet, da er sich gleichermaßen durch realen "Killerinstinkt" wie durch reale "Fabulierlust" auszeichne, im Roman wohlgemerkt. Von Beruf israelischer Geheimagent verfolge dieser gerade einen Pseudo-Syrer in Manhattan, der mit Sicherheit aber der Zuhälter seiner Geliebten ist. Melissa wiederum sei ein Zwitterwesen zwischen Erfindung des Autors und "poetischer Kopfgeburt" des Geheimagenten. Rezensent Becker "tappt" nicht gerne im Dunkeln, und aus seiner Sicht "übertreibt" Autor Sobol das "Erzählspiel in Phantasieräumen". Insbesondere der "Identitätsdschungel" des Killerpoeten lasse den Leser "orientierungslos" im Walde stehen, sozusagen. Nichtsdestotrotz "stark" sei der Roman dort, wo Agent und Hure in Manhattan ihre "verlorenen Seelen" pflegten.
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