Joseph O'Neill

Der Hund

Roman
Cover: Der Hund
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2016
ISBN 9783498050436
Gebunden, 320 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Nikolaus Stingl. 2007, kurz vor Beginn der internationalen Finanzkrise, begegnet ein New Yorker Anwalt, dem das Lebensglück gerade abhold ist, einem alten Studienfreund. Spontan nimmt er dessen Angebot an, in Dubai das immense Familienvermögen eines libanesischen Clans zu verwalten. Er hofft auf einen Neuanfang in der modernsten Stadt der Welt. Erst als er sich im verschwenderisch möblierten Luxusgefängnis eines für Expatriates gebauten Wohnturms mit Blick auf den Persischen Golf wiederfindet und die dubiosen Finanzgeschäfte seiner Auftraggeber sich durchaus nicht von ihm verwalten lassen wollen, dämmert ihm, dass er vielleicht eine Hölle gegen eine andere eingetauscht hat. Und da sitzt er nun, allein mit sich und seinen Gedanken, während die Krise um ihn herum Fahrt aufnimmt.
Was für den Araber der "Hund", ist für uns der Prügelknabe - ein Mann, dessen schier endlose Fähigkeiten, sich die Welt zurechtzuargumentieren, an den moralischen Kategorien des modernen Kapitalismus ebenso zuschanden werden wie an denen der Ehe und am praktischen Alltagsleben. Joseph O'Neills Roman beschreibt die Demontage eines ganz normalen Zeitgenossen, der keineswegs zu gut ist für diese Welt, der für sein Glück kämpft und rackert und lügt und betrügt, aber trotzdem an ihr scheitert.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.09.2016

Angela Schader kommt nicht klar mit Joseph O'Neills Abenteuergeschichte. Der aus New York in ein vergoldetes Arbeitsverhältnis nach Dubai flüchtende, mit sich und der Welt hadernde und reichlich opportunistische Held ist ihr nicht sympathisch. Noch schwerer jedoch wiegt für Schader, dass der Autor zwar schöne Dubai-Vignetten zeichnet, aber mit Handlung und Held nicht leichtsinnig genug verfährt und das Groteske der Geschichte nicht wirklich zu bergen versteht. So wirkt die Erzählung auf Schader leider spröde und etwas spannungslos.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 01.09.2016

Geduld braucht der Leser für Joseph O'Neills "Hund", der für Merten Worthmann eine "existentielle Scharade" ist, und zugleich ein Porträt des zeitgenössischen, in Liebesdingen ebenso wie in politisch korrektem Auftreten als Globalisierungs-Bürger überforderten Mannes. Dank O'Neills Gefühl für stilistische Balance und komische, mit Verzweiflung gewürzte Anekdoten erträgt der Kritiker das "Gelaber" des handlungs- und entscheidungsarmen Helden, der sich stets in einem "wolkigen Gespinst" aus Selbstkritik und Selbstbetrug verfängt, egal ob er in Dubai osteuropäische Huren bestellt oder sich für die Liebe zu seiner Ex-Freundin entscheiden soll. Das ist bisweilen "herzzerreißend", fast zurückhaltend "hingetupft", findet der Kritiker, der die ein oder andere allzu ausufernde Gedankenschleife allerdings gern nachgeschliffen hätte. Nichtsdestotrotz vermittelt ihm O'Neill das Gefühl eines "Leben to go" beeindruckend.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.07.2016

Christopher Schmidt kennt Joseph O'Neill als brillanten Rhetoriker und kosmopolitischen, kenntnisreichen Berichterstatter aus den Untiefen unserer Gegenwart. Wenn O'Neill seinen Ich-Erzähler nun als Büroleiche nach Dubai schickt, um in das untote Dasein in der Wüstenstadt einzutauchen und vom Leben in den cleanen Clusterbauten und Fußpflegesalons zu erzählen, erkennt Schmidt darin einen modernen Jedermann-Roman mit einer prototypischen Hauptfigur. Deren Hallraum und Fallhöhe allerdings scheinen Schmidt nicht groß genug. Selbiges gilt für die Nebenfiguren, die dem Rezensenten allzu ununterscheidbar sind. Vielleicht haben die spiegelnden Glasfassaden Dubais da doch zu sehr auf den Text gewirkt und alle Widerständigkeit geglättet, befürchtet Schmidt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.06.2016

Rezensent Martin Halter pflegt die Illusionslosigkeit mit Joseph O'Neill und seinem im Wüstensand abtauchenden Helden. Dass der Plot des Romans einen nicht in Aufregung versetzt, scheint Halter nicht zu kratzen. Dafür sind die Abenteuer eines Juristen als luftgepolsterter Sklave 2.0 in den Emiraten komisch, nie leicht, die Beschreibung des Systems Dubai sozialpsychologisch dicht und als Satire auf die "Fremdenlegionäre des Kapitals" klug, findet Halter.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 04.06.2016

Peter Praschl findet Joseph O'Neills Roman zum Niederknien. Dass die Handlung in Dubai spielt, scheint ihm nebensächlich. Wichtiger ist, wie der Autor die Langeweile des westlichen Mittelschichtsmenschen vor der arabischen Kulisse abbildet, meint er. Das ist inhaltlich schmerzhaft, aber formal höchst beglückend, so Praschl, weil der Autor seinen Text virtuos komponiert und elegant geschrieben hat.