Hermann Broch, Annemarie Meier-Graefe

Der Tod im Exil

Hermann Broch - Annemarie Meier-Graefe. Briefwechsel 1950-51
Cover: Der Tod im Exil
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001
ISBN 9783518412183
Gebunden, 400 Seiten, 29,65 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Paul Michael Lützeler. "Der Tod im Exil" ist der Briefwechsel des in den USA innerlich vereinsamenden Autors Broch mit seiner wesentlich jüngeren Frau, die in Europa ihre Heimat wiederfindet und sich mit viel Energie und Lebensmut eine neue Existenz aufbaut. Zwei Jahre lebte das Ehepaar durch den Atlantik voneinander getrennt, dann stirbt Broch im amerikanischen Exil. Nur selten finden die zwei Stimmen zu einem Gleichklang. Ihre Lebenserwartungen und Zukunftspläne erweisen sich als unvereinbar.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.01.2002

"Panik und Hochmut des Sterbenden" findet der Rezensent Franz Haas im Briefwechsel Hermann Brochs mit dessen zweiter Frau Annemarie Meier-Graefe, der jetzt zum 50. Todestag des Autors erschienen ist. Die Briefe zeigen Broch in seinem letzten Lebensjahr: wie besessen an diversen Werken arbeitend, vom körperlichen Verfall und Todesnähe gepeinigt, in der Hoffnung auf die große Anerkennung, den Nobelpreis, und als jammernden Ehemann. Ein "gutes Dokument" zu Brochs letztem Lebensjahr stellt dieser Briefwechsel dar, urteilt der Rezensent. Den Herausgeber des Briefwechsels, Paul Michael Lützeler, würdigt Haas als "ausgewiesenen Kenner" Hermann Brochs und lobt ihn für seinen "wertvollen Kommentar (nicht zu viel und nicht zu wenig)" zu den Briefen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 02.06.2001

Peter Böthig gesteht dem Briefwechsel, den Broch in seinem letzten Lebensjahr mit seiner Ehefrau geführt hat, zwar zu, "bemerkenswerte Einsichten in den Alltag" des Schriftstellers zu bieten. Doch stellt er etwas enttäuscht fest, dass die Briefe keinerlei Erkenntnisse zu seinem schriftstellerischen Werk bieten und Broch in ihnen eher eine "klägliche" Figur abgibt, die mit dem alltäglichen Leben kaum noch zurecht kommt. Zu den lesenswerten Teilen des Buches zählen für Böthig die Briefe von Annemarie Meier-Graefe, die er für ihre "analytische Schärfe" und die "bezaubernden" Beschreibungen der Vorzüge ihres Wohnsitzes in Südfrankreich lobt. Viel interessanter als die Briefe sei aber insgesamt gesehen die "hervorragende Kommentierung", sie sei "spannender als der Haupttext", so der Rezensent abschließend.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.05.2001

"Ein wahrhaft niederschmetternder Briefwechsel", ruft Rezensent Ludger Lütkehaus erschüttert, und muss Lesergefühle loswerden. "Abgestoßen, teilnehmend, gebannt, letzten Endes tief berührt" werde man in eine heillose Geschichte verwickelt. "Der Tod im Exil" hat Broch-Herausgeber Paul Michael Lützeler dies letzte Segment "eines weit umfangreicheren" Briefnachlasses von Broch und seiner Frau Annemarie Meier-Graefe genannt. Und der Rezensent hört daraus einen "deutlichen Anklang" an Brochs "Todesbuch Der Tod des Vergil", dessen "autobiografisches Pendant" diese Briefe seien. Der Briefwechsel setze im Juni 1950 ein und ende mit Brochs Tod ein knappes Jahr darauf. Von "vielen und vielerlei" sei hier die Rede, und Lütkehaus hat mit besonderem Gewinn die "exilfamiliären Verknäulungen" zahlloser bedeutender Zeitgenossen gelesen. Hervorgehoben werden besonders die Porträts von Hannah Arendt und ihres "weit unterschätzten" Mannes Heinrich Blücher. Aber auch Zeitkritisches und politische Einschätzungen fließen als Zeugnisse in den Briefwechsel ein. Alles werde besonders in den Briefen Annemarie Meier-Graefes sehr plastisch. Der Rezensent beschreibt sie mehrfach als "begnadete Briefschreiberin" und die "eigentliche Poetin" dieses Briefwechsels. Im dessen Zentrum stehe trotz allem "nur ein einziges Thema": die "Selbstzerfleischung und gleichwohl andauernde Bindung" - kurz: "die Paarfolter", das "Antimärchen", dessen "tragische Ironie" der Rezensent in Brochs HERZtod vor 50 Jahren zu erkennen glaubt. Aber da übertreibt er wohl ein bisschen.