Herfried Münkler

Die neuen Kriege

Cover: Die neuen Kriege
Rowohlt Verlag, Reinbek 2002
ISBN 9783498044879
Gebunden, 288 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Mit Bildtafeln. Der klassische Staatenkrieg scheint zu einem historischen Auslaufmodell geworden zu sein - was aber ist an ihre Stelle getreten? Der Krieg ist keineswegs verschwunden, er hat nur seine Erscheinungsform verändert. In den neuen Kriegen spielen nicht mehr Staaten die Hauptrolle, sondern Warlords, Söldner und Terroristen. Die Gewalt richtet sich vor allem gegen die Zivilbevölkerung; Hochhäuser werden zu Schlachtfeldern, Fernsehbilder zu Waffen. Wo die Staaten nicht mehr das Monopol auf die militärische Gewalt besitzen, tritt an die Stelle des Friedensschlusses ein langwieriger, stets von Scheitern bedrohter Friedensprozess.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.10.2002

Geradezu erleichtert ist Stephan Schlak darüber, dass nach vielen "intellektuellen Schnellschüssen" endlich der Berliner Politikwissenschaftler Herfried Münkler eine treffende und scharfe Analyse dessen gibt, was die "neuen Kriege" ausmacht. Der Autor, der als "Theoretiker des Krieges" kein Unbekannter sei, versuche anhand von Clausewitz, so der Rezensent, den neuen Krieg, wie er in der deutlichsten Form an 11. September in Erscheinung getreten ist, zu fassen. Dabei verortet Münkler, referiert Schlak, den neuen Krieg in der Fortsetzung des Dreißigjährigen Krieges. Denn was er hervorbringe, seien einmal die Warlords, einen "offenen Gewaltmarkt", "Söldnerfirmen", die Doktrin des "gerechten Krieges" und "archaische Kriegspraktiken". Zum anderen verliere der Autor auch die Kriegsökonomie nicht aus den Augen, in der Münkler das "eigentliche Schwungrad" dieser Kriege sehe. Auch der Skepsis des Autors gegenüber der "pazifierenden Kraft des Kapitals" zollt der Rezensent Zustimmung. Denn besonders erfreulich findet Schlak, dass Münkler nicht am "semantischen Versteckspiel" der Konfliktforscher oder am Verschanzen hinter der "Werte-Wagenburg" teilnehme, sondern stattdessen den Begriff der "neuen Kriege" präzise zu füllen trachte.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.10.2002

Erhard Eppler konstatiert in seiner sehr persönlich gehaltenen Rezension, dass der Autor Herfried Münkler der einzige deutsche Universitätswissenschaftler ist, der sich mit dem Thema der neuen Kriege und mit den Folgen des 11. September auf adäquate Art und Weise auseinandergesetzt hat: Wer sich "über die Kommerzialisierung der neuen Gewalt, ihren ökonomischen Hintergrund informieren will, wird nirgendwo so fündig wie bei Münkler". Eppler sieht Münklers Stärken vor allem in der historischen Kontextualisierung seines Themas. Auch findet er seine Gedanken zum Zerfall von Staaten und zu den daraus entstehenden Szenarien ebenso vernünftig und einleuchtend wie die über Bushs Krieg gegen den Terror. Nur gegen Münklers Terminologie hat der Rezensent einige Einwände. Seiner Meinung nach verwendet der Forscher den Begriff "Krieg" zu inflationär - Eppler findet ihn für die Vorgänge nach dem 11. September nicht angemessen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.10.2002

Als andere sich "noch in Friedensillusionen ergingen", schreibt Wolfgang Sofsky, studierte Herfried Münkler schon die alten und neuen Kriege. Seine Aufsätze und Vorträge "der letzten fünfzehn Jahre" liegen nun in diesen zwei Bänden vor: "Die neuen Kriege" und "Über den Krieg". Münklers Diagnose ist, aufs Ganze gesehen "so hellsichtig wie niederschmetternd", urteilt Sofsky. Nicht nur analysiere er, im Hinterkopf die klassische "Feldherrnperspektive", den Stand der Dinge, wie sie die "Warlords" in diversen Ländern uns vorführen, in denen der Staat das Kriegsmonopol verloren hat, sondern er bezweifle auch die Interventionsfähigkeit der westlichen Demokratien. Sofsky fasst zusammen: Die Warlords "plündern ganze Landstriche und beliefern den Weltmarkt mit Drogen und Diamanten, Tropenhölzern und Frauen. Die Flüchtlingslager, diese letzte Zuflucht der Elenden, sind ihnen ein unerschöpfliches Reservoir an Beute und Nachwuchs. Denn finanziert wird die offene Kriegsökonomie auch durch humanitäre Hilfe. Jeder Transport füllt die Kriegskasse. Der Terror alimentiert sich nicht zuletzt aus der Spende." Kein Wunder, dass der Rezensent zusammen mit dem Autor spekuliert, die "postheroischen Gesellschaften des Westens" werden sich für ihre Kriege auch noch aus diesen Reservoirs bedienen und diejenigen zu ihren Söldnern machen, deren Geschäft der Krieg ist und für die "das Töten Inhalt und Unterhalt ihres Lebens" ist. - Leider erfährt der Leser aus der Rezension nicht, welche von Münklers Analysen oder Darstellungen sich in welchem der beiden Bücher finden lassen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.10.2002

So zufrieden ist Hans-Martin Lohmann mit dem Autor und diesem Werk, dass er fast nur noch nacherzählt, welchen Thesen, Fragen und Antworten über die neuen Kriege "in Südostasien, Zentralafrika, Lateinamerika und anderswo" hier nachgegangen wird. Die Analyse der strukturellen Unterschiede von ‚alten’ Kriegen, in denen das "Kriegsmonopol" beim Staat liegt und denen, die von "Warlords" geführt werden, macht dabei den Hauptteil der Besprechung aus. An einem Kapitel über "Terrorismus" zeigt Münkler auf, wie sehr diese Strukturunterschiede sich auch in den Ländern der Ersten Welt inzwischen auswirken; Lohmann stimmt dem Autor zu, wenn er die Vorstellung von z.B. Habermas von einem "Zeitalter globaler Menschenrechtspolitik" per militärischer Intervention für "völlig unrealistisch" hält. "Ein ebenso klares und differenziertes wie luzides Werk" urteilt Lohmann.