György Konrad

Über Juden

Essays
Cover: Über Juden
Jüdischer Verlag, Berlin 2012
ISBN 9783633542604
Gebunden, 246 Seiten, 21,95 EUR

Klappentext

Aus dem Ungarischen von Hans-Henning Paetzke. "Worin besteht dein Judentum, wenn es sich dabei um keine Religion und keine traditionelle Gemeinschaft handelt?" Diese Frage seines Schriftstellerkollegen Amoz Oz bezeichnet den Urgrund einer Untersuchung in Essays, mit denen György Konrád nach allen Seiten des Judentums Ausschau hält: nach Wurzeln des Jüdischen, nach familiären Erinnerungsdepots, nach der Bedeutung von Gemeinschaft als Lebensstrategie, nach dem Ort des absoluten Verbrechens in Auschwitz, nach einem Weltvolk in Nationalstaaten, aber auch nach den charakteristischen Tugenden und Fehlern des Judentums. Es wäre kein Konrádsches Buch ohne den zugleich melancholisch gefärbten und doch ruhig-hoffnungsvollen Blick über das Kreisen der Reflexionen hinaus. Auf Personen, Orten und Stätten ruht dieser Blick, in denen jüdisches Erbe fortlebt: im Bannkreis der Weltstadt so gut wie in der intimen Provinz eines heimatlichen Dorfes oder eines vertrauten Herzens.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.01.2013

Die eigene Geschichte verpflichtet, meint Ilma Rakusa, und György Konrád verpflichtet sie gleich in mehrfacher Hinsicht: Als Überlebenden, als Juden, als Ungarn. In seinen zwanzig Essays "Über Juden" wird Konrád diesem Anspruch mehr als gerecht, findet die Rezensentin. Sie kreisen um Fragen der jüdischen Identität in der Diaspora, darum, wie jüdisches Leben außerhalb der religiösen Gemeinschaft zu denken ist, quasi mit einem "mobilen Gott", fasst Rakusa zusammen. Der Autor rufe in seinen Essays aber auch zur Zivilcourage in der Gegenwart auf, was die Rezensentin angesichts des wieder aufkeimenden Antisemitismus in Ungarn sehr wichtig und bewundernswert findet. "Keine Selbstverleugnung, keine falschen Rücksichten, keine Selbsttäuschung", fordert sie gemeinsam mit Konrád. Rakusa freut sich über eine lehrreiche und heilsame Lektüre.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.12.2012

Mit diesem nun unter dem Titel "Über Juden" erschienenen Essayband, der zwanzig eigenständige Aufsätze des ungarisch-jüdischen Autors György Konrad aus den letzten drei Jahrzehnten versammelt, ist Rezensent Joseph Croitoru nicht zufrieden. Besonders in den jüngeren Texten Konrads erlebt der Kritiker einen Autor, der seine angestaute Wut über die Rückkehr des Antisemitismus in seinem Land mit wiederholtem Verweis auf seine Biografie und einer Apologetik des Staates Israel "scharf" äußert. Etwas zu einseitig und vereinfachend erscheint dem Rezensenten dieser "Opferdiskurs", in dem der Autor sich auf Geschichtsauffassungen konservativ-zionistischer Herkunft stützt, die heutigen Feinde des Staates Israel mit den Nationalsozialisten vergleicht oder der Europäischen Union vorwirft, "proarabisch" zu sein. Vor allem im Hinblick auf frühe Essays, in denen Konrad konstatierte, es gebe keine "schuldlosen Völker", bedauert der Kritiker den Verlust der "sprichwörtlichen jüdischen Fähigkeit zur Selbstkritik" in den späteren Texten. Die Selbstironie, den Ideenreichtum und die Klarheit, mit denen Konrad seine jüdische Identität in dem spannenden Essay "Die erste Entscheidung" erforscht, hätte sich der Rezensent auch in den restlichen Texten gewünscht.
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