Frank Biess

Republik der Angst

Eine andere Geschichte der Bundesrepublik
Cover: Republik der Angst
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2019
ISBN 9783498006785
Gebunden, 624 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Frank Biess erzählt die Geschichte der Bundesrepublik als eine Geschichte kollektiver Ängste. Die Furcht vor Vergeltung in der unmittelbaren Nachkriegszeit, die Angst vor einem Atomkrieg und kommunistischer Infiltration in den fünfziger Jahren und dann vor Arbeitslosigkeit durch Automatisierung und vor autoritären politischen Tendenzen, schließlich die apokalyptischen Ängste der achtziger Jahre: Immer waren die politischen Debatten und die deutsche Politik von Angst geprägt, nicht zuletzt von der Angst vor der vermeintlichen Allgegenwart des Faschismus. Biess geht es nicht darum, im Rückblick die Berechtigung dieser Ängste zu bewerten. Er beschreibt vielmehr ihre prägende Rolle für die Entwicklung des Landes. Die Erfahrung von Krieg und Gewalt, lautet seine These, begleitete die Demokratisierung und Liberalisierung der Bundesrepublik; die Angst stellte die soziale und politische Ordnung in Frage - und stabilisierte sie zur gleichen Zeit.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.04.2019

Rezensent Thomas Speckmann empfiehlt das Buch des Historikers Frank Biess zum besseren Verständnis der Angst vor Einwanderung und Arbeitslosigkeit. Der Autor zeichnet laut Rezensent die Entwicklung der Bundesrepublik nach 1945 als Geschichte der Angst nach - Angst vor Vergeltung, vor dem Atom, dem Kommunismus, der Automatisierung, dem Terror schließlich. Dass Biess über die Ängste nicht urteilt, sondern nur ihre Rolle bei der Demokratisierung und Liberalisierung des Landes unter die Lupe nimmt, gefällt ihm. Dass die deutsche Angstgeschichte auch stabilisierend wirkte, ist für Speckmann ein überraschender Befund.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 23.03.2019

Rezensent Dirk Schümer findet das Buch des Historikers Frank Biess größtenteils überzeugend. Wenn der Autor die Geschichte Westdeutschlands als Folge von Angstzyklen erzählt (Angst vor den Alliierten, vor der Fremdenlegion, vor Atombombe und Kommunismus, vor Krebs), ahnt Schümer die Macht der kollektiven Störung, aber auch die Behaglichkeit, die darin lag, sich endlich selbst zum Opfer stilisieren zu können. Bei aller Materialfülle geht der Autor für den Rezensenten allerdings zu selten analytisch in die Tiefe. Und dass Biess seine Studie mit einem Plädoyer gegen Rechtspopulismus abschließen muss, hält Schümer dann doch für allzu ängstlich korrekt und einem Geschichtsbuch so gar nicht angemessen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.03.2019

Patrick Bahners vermisst die Arbeit am Begriff der Angst bei Frank Biess. Der Historiker möchte ihm die Geschichte der Bundesrepublik  als Geschichte kollektiver in der Erfahrung von Diktatur, Völkermord und Niederlage gründender Befürchtungen erzählen, in Angstzyklen, die etwa in der Friedensbewegung mündeten. Dass Biess dabei die Inflation und die Angst vor dem volkswirtschaftlichen Verlust außer Acht lässt, findet Bahners seltsam. Ebenso befremdet ihn, wie wenig der Autor den Begriff der Angst reflektiert und seine Perspektive im Zuge der Arbeit stilisiert und pathologisiert.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.03.2019

Rezensent Jens Uthoff bescheinigt dem Historiker Frank Biess, mit seiner Aufarbeitung der Angstgeschichte in der BRD "eine Forschungslücke geschlossen zu haben", denn in seinen Augen war eine solche historische Auseinandersetzung spätestens seit dem neuesten Rechtsruck fällig. Der Kritiker konnte Biess nicht nur gut folgen, sondern empfand auch seine klare Ausrichtung an, wie er findet, gut recherchierten Aussagen, Statistiken und Fakten als gute Wahl, um ein schwammiges kollektives Gefühl greifbar zu machen. Einziger Wermutstropfen laut Uthoff: In seinen Schlussfolgerungen für die Gegenwart könne Biess seine klare Linie nicht ganz beibehalten.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 14.03.2019

Verdammt, werden wir die Achtziger denn nie verlassen? Fasziniert liest Rezensent Alexander Cammann diese Geschichte der deutschen Angst als einen Alternativentwurf zu den akademisch dominierenden Erzählungen der deutschen Erfolgsgeschichte als eines Wegs in den Westen und die Demokratie. Die Achtziger waren die Hochzeit der westdeutschen Ängste. Damals wurde das Waldsterben als "Holocaust der Bäume" angeprangert und man fürchtete sich vor Ronald Reagan. Aber angstgesteuert war Westdeutschland gleich nach 1945 bis heute, so Cammann - von der Angst vor marodierenden ehemaligen Zwangsarbeitern direkt nach dem Krieg bis zu den Ängsten der Gegenwart. "German Angst" ist eines der wenigen aktuellen Lehnwörter aus der deutschen Sprache. Aber dies ist ein tröstliches Buch, versichert der Rezensent, denn die Angst habe paradoxerweise zur Stabilisierung der Strukturen in der Bundesrepublik bis in die heutige Behaglichkeit hinein geführt. Frank Biess, so Cammann, ist ein viel zu versierter Historiker um nicht diese "Dialektik der Angst" zu benennen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 05.03.2019

Martin Hubert lernt beim Historiker Frank Biess unterschiedliche Perspektiven auf das Thema "Deutsche Angst" kennen. Dass Angst ein politisches und soziales Gefühl ist, das auf reale Ereignisse zurückgeht und sie gleichfalls beeinflusst, vermittelt ihm der Autor anhand von Tagebüchern,Theorien und Umfragen. Subjektive Angstäußerungen werden so auf Historisches bezogen, erklärt der Rezensent. Etappen, Angstzyklen, von der Angst vor einem Rückfall in den Militarismus in den fünfziger Jahren bis zur Angst vor Arbeitslosigkeit und der Funktionalisierung von Angst durch Pegida und AfD schreitet der Rezensent gemeinsam mit dem Autor ab. Ein Buch mit hohem Erkenntnisgewinn, versichert er, auch wenn der Leser nicht allen Thesen des Autors zustimmen wird.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.02.2019

Als "großen Wurf" und "große Erzählung" rühmt der rezensierende Frankfurter Soziologe Tilman Allert das für den Sachbuchpreis der Buchmesse Leipzig nominierte Buch "Republik der Angst" von Frank Biess, Professor für Europäische Geschichte in San Diego. Dass Allert in seiner Rezension gleich dreimal das Wort "kühn" für die Herangehensweise des Buches verwendet, ist allerdings auch Ausdruck gewisser methodologischer und argumentativer Vorbehalte. Was Biess so alles unter Angst fasst, die Frustration über die langwierigen Abläufe der Demokratie etwa, ist für den Rezensenten bisweilen fragwürdig, und überhaupt: War Angst wirklich die kennzeichnende Triebfeder im nüchternen westlichen Nachkriegsdeutschland? Könnte man nicht ebensogut von der Freude ausgehen und eine bundesrepublikanische Geschichte an Figuren wie Adolf Tegtmeier, Loriot, Gerhart Polt, Harald Schmidt und Odo Marquard erzählen? Trotz allem sind die Erkenntnisse des Buches für Allert dennoch ein "lesenswerter Befund".
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