Dmitrij Kapitelman

Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters

Cover: Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters
Hanser Berlin, Berlin 2016
ISBN 9783446253186
Gebunden, 288 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Bevor Dmitrij Kapitelman und sein Vater nach Israel aufbrechen, beschränkten sich ihre Ausflüge auf das örtliche Kaufland - damals in den Neunzigern, als sie in einem sächsischen Asylbewerberheim wohnten und man die Nazis noch an den Glatzen erkannte. Heute verkauft der Vater Pelmeni und Krimsekt und ist in Deutschland so wenig heimisch wie zuvor in der Ukraine. Vielleicht, denkt sein Sohn, findet er ja im Heiligen Land Klarheit über seine jüdische Identität. Und er selbst - Kontingentflüchtling, halber Jude, ukrainischer Pass - gleich mit. "Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters" ist ein sehnsuchtsvoll-komischer Spaziergang auf einem Minenfeld der Paradoxien. Und die anrührende Liebeserklärung eines Sohnes an seinen Vater.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 24.11.2016

Am liebsten würde Rezensent Jens Jessen gleich ein neues Genre nach der Lektüre von Dmitrij Kapitelmans "Lächeln meines unsichtbaren Vaters" begründen: "Die Vaterbeobachtung". Denn darum geht es im Wesentlichen in diesem wunderbaren Buch, in dem Kapitelman gemeinsam mit seinem jüdischen Vater auf Identitätssuche nach Israel reist, klärt der Kritiker auf. Beinahe wie ein Birdwatcher erscheint ihm der Sohn hier, der seinen Vater mit viel umsorgender Liebe genau beobachtet, klischee- und kitschfrei, dafür präzise, lebendig und berührend beschreibt, und nicht zuletzt auch noch bestens unterhält. Diesem grandiosen Buch verzeiht Jessen gern ein paar "Journalistenschulflottheiten".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.11.2016

Rezensent Roman Bucheli weiß nicht, was er von diesem Buch halten soll. Ein Roman ist es nicht, für ihn geht es am ehesten als Selbstheilungsbuch durch, in dem Dimitrij Kapitelman sein Schicksal als Sohn eines ukrainischen Juden und einer nichtjüdischen Mutter behandelt, die Spaltung seiner Identität. Die Komik, derer sich der Autor bisweilen bedient, kann Bucheli nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich hier thematisch um ein Buch wie viele andere auch handelt, zumeist Romane allerdings, wie Bucheli feststellt. Wo liegt nun der über bloße Fakten hinausgehende Erkenntnisgewinn für den Leser, die Dringlichkeit?, fragt sich der Rezensent. Sichtlich unwohl fühlt er sich nur beim Mitleiden, weil ansonsten nicht viel bei rumkommt, wie er uns wissen lässt. Zumal Kapitelman laut Bucheli kein Klischee auslässt und so keine eigenen Bilder für sein Thema schafft. So wird der Text zur biografischen Folklore, meint der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 18.10.2016

Mit seinem Roman "Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters" knüpft Dmitrij Kapitelman an einen Text an, den er 2013 in der taz, damals noch als Praktikant, veröffentlichte, erfahren wir von Rezensentin Anja Maier. Mit seinem "raren Sound" erregte Kapitelman damals die Aufmerksamkeit eines Literaturagenten, der ihn ermutigte, einen Roman zu schreiben, lesen wir. Dieser Roman liegt nun vor und Kapitelman schafft es, so die begeisterte Rezensetin, den so rotzig lässigen wie berührend ehrlichen Ton seines taz-Textes "Kapitelmans Kind" aufrecht zu erhalten und inhaltlich zu vertiefen. Worum geht's in dem Buch? Nachdem Kapitelman auf Wunsch seines Vaters dessen jüdischen Namen angenommen hat, begibt er sich mit ihm auf eine Reise nach Israel, die auch und vor allem eine Suche nach Identität ist, denn Identität braucht jeder, meint der Selbstzweifler, und sei es, "um sich von ihr zu emanzipieren". Die Kritikerin ist hingerissen, in jeder Hinsicht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.09.2016

Laut gelacht vor Leseglück hat Alex Rühle bei Dimitrij Kapitelmans Debüt "Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters". Dabei wirkt die Handlung - junger Autor reist mit seinem Vater nach Israel - für den Kritiker zunächst wie "Selbstfindungsprosa" mit einer Prise jüdischen Humors. Was Kapitelman daraus macht, ist aber schlicht brillant, so Rühle: Die Erinnerungen an dessen Kindheit, der als Sohn eines jüdischen Vater aus der Ukraine auf dem Schulhof beschimpft wird und der seine kindliche Einsamkeit als natürlich gegeben ansieht, erscheinen dem Rezensenten virtuos und "politisch scharfsichtig". Hin und weg ist Rühle aber insbesondere von der Figur des Vaters, der ihn mit seiner "philosophischen Schwermut" an Nabokovs verschrobenen Professor Pnin erinnert. Und wenn die beiden Israel erreichen, zwischen "Zugehörigkeitssehnsucht" und "Identitätskater" pendeln, der Autor schließlich noch eine ebenso kühne wie "groteske" Liebesgeschichte einbaut, ist der Rezensent vollends entzückt.
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