Andrei S. Markovits

Der Pass mein Zuhause

Aufgefangen in Wurzellosigkeit
Cover: Der Pass mein Zuhause
Neofelis, Berlin 2022
ISBN 9783958083509
Kartoniert, 326 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Robert Zwarg. Mit einem Vorwort von Michael Ignatieff und einem Vorwort zur deutschen Ausgabe von Hans Ulrich Gumbrecht. Andrei S. Markovits legt mit diesem Buch die bewegte Autobiografie eines jüdischen Intellektuellen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor, geprägt von vielfältigen Orten, Sprachen und Emigrationen. Er analysiert vor allem die Strapazen der doppelten Emigration: aus Rumänien, wo er geboren wurde, nach Wien, wo er zur Schule ging, und von Wien nach New York, wo er an der Columbia University studierte.In Harvard wurde er schließlich zum Sozialwissenschaftler und zu dem Intellektuellen und Professor für Politik und andere Fächer, dessen Leben nicht nur die USA und Europa verbindet, sondern der in den USA lehrend auch in Deutschland über die Jahrzehnte immer wieder in Debatten eingriff und für seinen treffend analysierenden Blick geschätzt wird. Sein Verhältnis zu Deutschland ist, ausgehend von Fragen jüdischer Identität nach der Shoah, eine komplexe emotionale Beziehung, die bis heute anhält.Für Markovits wurde es gerade die Wurzellosigkeit, die ihm Trost, Beistand und Inspiration für sein Lebenswerk spendet. Auf seiner Suche nach einer Heimat begegnen wir seiner Auseinandersetzung mit den wichtigen politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen von fünf Jahrzehnten auf zwei Kontinenten. Ihn prägen aber auch seine musikalischen Interessen von Klassik bis Rock, seine Vorliebe für Mannschaftssportarten wie Fußball, Baseball, Basketball und American Football und nicht zuletzt seine Leidenschaft für Hunde und deren Rettung. Markovits nimmt uns mit auf eine Reise durch die Höhen und Tiefen Europas und Amerikas nach 1945. Indem er die kulturellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Kontinente beleuchtet, zeigt er, warum Amerika ihn, als Europäer, so faszinierte und ihm eine Heimat bieten konnte, die es in Europa so nicht gab. Auch wenn die Hässlichkeit des Rassismus und eine wachsende ökonomische Ungleichheit die Alltagserfahrungen auch dort immer wieder beeinträchtigen, so war Amerika für ihn doch tatsächlich die weithin ausstrahlende city upon a hill, die sich durch akademische Exzellenz, intellektuelle Offenheit, kulturelle Vielfalt und religiöse Toleranz auszeichnet.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 08.10.2022

"En passant" - das ist für Rezensent André Anchuelo das Motto von Andrei S. Markovits' Biografie. Denn einerseits erfährt er hier viele Details über das Leben des amerikanisch-jüdischen Politologen, der als Sohn ungarischer Eltern in Rumänien geboren wurde, später mit seinem Vater nach Wien zog und schließlich in die USA emigrierte: über seine Begeisterung für den intellektuellen Diskurs, sein Gefühl der Wurzellosigkeit und über seine breit gefächerten Interessen von Rockmusik über Football bis zum Tierschutz. Andererseits erfährt er nebenbei viel über das "politische und intellektuelle Klima" von Markovits' zahlreichen Wohnorten: etwa über den Antisemitismus im Rumänien der 1950er Jahre, wo Juden mit dem Euphemismus der "wurzellosen Kosmopoliten" bezichtigt wurden, wie Anchuelo den Autor wiedergibt. Neben diesen wertvollen Beobachtungen liest der Kritiker auch interessiert, was Markovits über die "giftige" Kombination aus Antisemitismus, Israelhass, Antiamerikanismus und Nationalismus in Deutschland schreibe. Nur als Einführung in andere Forschungsgebiete des Politologen sei das Buch kaum hilfreich.