Alfred Grosser

Wie anders sind die Deutschen?

Cover: Wie anders sind die Deutschen?
C.H. Beck Verlag, München 2002
ISBN 9783406493287
Gebunden, 237 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Alfred Grosser wirft einen prüfenden Blick auf die Berliner Republik und ihre Bürger, diese 'schwierigen Deutschen', die sich gern für schwierig halten, wo sie eigentlich ganz normal sind, und für normal, wo es mit ihnen schwierig wird. Doch es geht Grosser dabei weniger um die deutsche Volksseele und ihre schwankenden Befindlichkeiten, als vielmehr um eine Betrachtung der politischen Rahmenbedingungen von der Bonner Demokratie zur Berliner Republik. Am Ende dieser souveränen Sicht auf die werdende Berliner Republik zeigt sich, dass die schwierigen Deutschen heute längst viel normaler geworden sind, als sie selbst oft wahrhaben wollen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.03.2003

Alfred Grossers "Wie anders sind die Deutschen?" hat Rezensent Rainer Hoffmann nicht wirklich überzeugt. Das liegt vor allem daran, dass Grosser "rücksichtslos ins Plaudern" gerate. Die Frage nach dem Anderssein Deutschlands beantworte er mit der "spezifische Last der Vergangenheit" und den enormen Lasten der Gegenwart, die sich aus der Wiedervereinigung ergeben haben und zu bewältigen seien. Das ist dem Rezensenten zu wenig, zumal Grosser nicht frage, wie weit denn die beiden Besonderheiten wirklich vergleichbar seien und welche Wertigkeit sie unterscheide. Andererseits hält er Grosser zu Gute, die "Kunst der politischen Komparatistik", die auf kenntnisreichen Einsichten, historischem Wissen und lebensgeschichtlichen Sympathien beruhe, "in ausgezeichneter Weise" zu beherrschen. Diese Kunst zeige sich auch in den sechs Kapiteln des Buches ­ leider nur "immer mal wieder", wie der Rezensent bedauert. Auch müsse und wolle Grosser auf alles und jedes zu sprechen kommen: auf die Einstellung zum Kinderkriegen und die Rechtschreibreform, die Scharping-Affäre, die Hauptaufgaben des Bundesverfassungsgerichtes, die Stammzellen- und die Euthanasiedebatte, die Integrationsprobleme, die Bundeswehr, die Korruption, die Kirchen und die Walser-Bubis-Kontroverse und so weiter. Das tut dem Buch nach Ansicht Hoffmanns nicht gut. "Mit all seinen bald mehr, bald weniger ausführlich präsentierten Themen und reflektierten Thesen", resümiert der Rezensent, "liest es sich insgesamt wie ein routiniert uninspirierter Beitrag für den Unterricht in vergleichender deutsch-französischer Länderkunde".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.12.2002

Der gute Ruf, den der Politologe Alfred Grosser für seine zeitkritischen Analysen genießt, kann auch zum Fluch werden, orakelt Rolf Lamprecht. Den hohen Ansprüchen, die seine Leser an ihn stellen, wird Grosser in diesem Buch laut Lamprecht nämlich nur ansatzweise gerecht. Ob er nun die überfällige Länderreform anmahne, die Stärke des Bundeskanzlers oder den Parteienstaat kritisiere, etwas wirklich Neues sei nicht dabei, klagt der Rezensent. "Verblüffende Denkansätze und originelle Perspektiven, sonst ein Markenzeichen des Autors, sind hier dünn gesät". Nie sei er sich sicher gewesen, schreibt Lamprecht, wen Grosser anspricht, die Deutschen, die Franzosen, aufgeklärte Bürger oder Schüler? Wenn der Autor zur Titelfrage Stellung nimmt, komme der Leser immerhin teilweise "auf seine Kosten", auch wenn er die Aussagen manchmal zwischen den Zeilen suchen muss. Insgesamt, urteilt Lamprecht, eher eine "geschickte Kombination" eigener Arbeiten als ein neuer Ansatz zum besseren Verständnis der Deutschen.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.10.2002

Großen Beifall findet Alfred Grossers "bilanzierende Studie" bei Rezensent Klaus Harpprecht. Ein Buch von "geradezu journalistischer Verve", in dem er den Deutschen einen Spiegel vorhält, ist dem Pariser Professor damit gelungen, freut sich Harpprecht. Als "lehrreich" empfindet er insbesondere Grossers Vergleich deutscher und französischer Verfassungsinstitutionen, die in eine abwägende Erörterung des französischen Zentralismus und des deutschen Föderalismus münden. Wie der Rezensent hervorhebt, duldet Grosser keine Legenden; auch beschönige er nichts: Weder die Skandalträchtigkeit der deutschen Parteienwirtschaft, die der französischen kaum nachstehe, noch die Asylpraxis beider Länder, um nur zwei Punkte zu nennen. Auch wenn Grosser nach Harpprechts Einschätzung das Finale des Buches etwas "hastig und blass" geraten ist, glaubt der Rezensent: "In Grossers Deutschlandspiegel erkennen wir uns wieder." Nicht immer mit Behagen zwar, aber das sei keine Schande. Auch die Franzosen, hält Harpprecht fest, werden nicht jeden von Grossers Vergleichen willkommen heißen. Als wichtiger jedoch erachtet er, dass sie sich in Grossers Buch mit "deutschen Wahrheiten" und zumeist auch mit dem "wahren Deutschland" konfrontiert sehen. "Einen größeren Dienst", lobt Harpprecht abschließend, "konnte der Mittler weder ihnen noch uns erweisen."