Bücher der Saison

Herbst 2003

Eine Auswahl der interessantesten, umstrittensten und meist besprochenen Bücher der Saison.
01.12.2003. Norbert Gstrein, Raoul Schrott, Michael Lentz, Christoph Peters, Julia Franck: Es war ein Herbst der deutschen Romane. Es war auch ein Herbst monumentaler Biografien und des "Russlandschwerpunkts". Gerade noch rechtzeitig vor Weihnachten finden Sie in unseren "Büchern der Saison" noch einmal die am besten besprochenen Romane, Sachbücher und Kinder- und Jugendbücher des Herbstes 2003.
Romane und Lyrik

Wie schwer hatten wir es nicht in manchen vorangegangenen Saisons, ein paar deutsche Romane zu finden, die tatsächlich die Aufnahme in diese Rubrik verdienten. Diesmal ist es anders: Es war ein Herbst der deutschen Romane. Es mag auch daran liegen, dass der Buchmessenschwerpunkt dieses Jahres, Russland, eine leise Enttäuschung war: kaum neue Autoren, kaum Entdeckungen, ganz anders als die Schwerpunkte Ungarn und Polen. Drei historische Bücher - Anne Applebaums "Gulag", Ralph Dutlis "Mandelstam"-Biografie und Orlanda Figes' Kulturgeschichte Russlands waren hier die eigentlichen Höhepunkte.

Wie in jeder Saison präsentieren wir, was wir aus der intensiven Beobachtung der Literaturkritik in den besten deutschen Zeitungen für die Höhepunkte halten. Neu ist die direkte Bestellmöglichkeit über buecher.de. Wenn Sie noch ein Weihnachtsgeschenk suchen, finden Sie es hier bestimmt. Und wenn Sie über den Perlentaucher bestellen, bescheren Sie durch die Provision auch uns ein kleines Weihnachtsgeschenk. Wir beginnen mit Romanen und Lyrik, dann folgt der "Russland-Schwerpunkt", dann eine Seite nur mit Biografien, denn hier sind in diesem Herbst einige fulminante Exemplare erschienen, dann die Sachbücher und schließlich die Kinder- und Jugendbücher. Alle Bücher aus den bisher ausgewerteten Literaturbeilagen vom Herbst 2003 finden Sie hier. Viel Spaß beim Schmökern!

Deutsche Romane

Norbert Gstrein, Raoul Schrott, Michael Lentz, Christoph Peters, Julia Franck: Die Jüngste ist 33, der Älteste 49. Sie haben für ihre Bücher zum Teil begeisterte Kritiken bekommen, und obwohl sie in der deutschen Öffentlichkeit längst nicht die Rolle spielen, die einst Grass, Handke, Strauß, Walser und Wolf für sich beanspruchen konnten, haben wir es vielleicht doch mit einer Ablösung zu tun: Auch Strauß und Wolf haben gefeierte Bücher vorgelegt, aber der weihevolle Ton mancher Besprechungen zeigte, dass sie schon nicht mehr ganz heutig sind.

Da es nicht "den" Roman der Saison gibt, fangen wir alphabetisch gerecht an:

"So einen Roman hatten wir noch nicht", feiert Rezensent Edo Reents in der FAZ Julia Francks Roman "Lagerfeuer" (bestellen) über das Flüchtlingslager Marienfelde, in dem DDR-Flüchtlinge untergebracht wurden, bevor man sie über die gute alte Bundesrepublik verteilte. Julia Franck ist 1970 geboren und reiste 1978 selbst mit ihren Eltern aus der DDR aus. Verschiedene Erzählerstimmen durchkreuzen sich in diesem Roman zu einem Gespräch über die Freiheit, das Andreas Nentwich in der NZZ "spannend wie einen Thriller, vor allem aber: ein Sprachkunstwerk" nennt. Auch Ulrich Rüdenauer zeigt sich in der FR außerordentlich beeindruckt: Er betont vor allem, wie sehr sich dieser Roman von der zur Zeit so modischen DDR-Nostalgie abhebt.

Ausgangspunkt von Norbert Gstreins neuem Roman "Das Handwerk des Tötens" (bestellen) ist der Tod eines Kriegsreporters auf dem Balkan. Der Schriftsteller Paul recherchiert über diesen Tod für einen Roman. Gleichzeitig interessiert sich ein Ich-Erzähler für die Entstehungshintergründe dieses Romans, über den er selbst einen Roman verfassen will, erklärt FR-Kritiker Heribert Kuhn die komplizierte, dreifach vermittelte Perspektive des Romans. Richard Kämmerlings würdigt "Das Handwerk des Tötens" in der FAZ als "großen Roman über die Unmöglichkeit, sich ein wahres Bild vom Krieg zu machen". Für Lothar Müller in der SZ ist der Roman eine "erregende, bisweilen quälende Lektüre", für Andreas Breitenstein in der NZZ schlicht "große Literatur".


Auf große Begeisterung ist Michael Lentz mit seiner "Liebeserklärung" (bestellen) gestoßen. Der Roman schildert die Bahnfahrt eines glücklos liebenden Mannes von der verlassenen Ehefrau hin zu seiner neuen Geliebten. Zwischen Liebesbrief und Hasstiraden, Aggression und Zärtlichkeit wechseln die Gedanken des Erzählers, der doch bald zu ahnen beginnt, dass auch die neue Liebe keine Erlösung bringen wird, allenfalls neues Ringen. "Ganz große Literatur" befindet Beatrix Langner in der NZZ. Und während die FR von der "erotischen Kraft" der Lentzschen Sprache schwärmt, hat es der FAZ vor allem die schroffe und zugleich zarte Unbedingtheit dieser Liebesgeschichte angetan: "Eine Feier des Sex und ein Feuerwerk der poetischen Sprache".


Raoul Schrotts 700-seitiger Roman "Tristan da Cunha" (bestellen) bezieht seinen Reiz und seine Inspiration aus einem der entlegensten Punkte der Erde. Die winzige Insel Tristan da Cunha liegt mitten im Atlantik auf halber Stecke zwischen Südafrika und Südamerika, und ihre offizielle Homepage verzeichnet 300 Einwohner. Drei Zeitebenen werden in diesem Roman verschränkt: das 19. Jahrhundert, der Zweite Weltkrieg und die Gegenwart in Person der südafrikanischen Forschungsreisenden Noomi Morholt, berichtet Franz Haas in der NZZ, der übrigens in seiner Rezension in die allerhöchsten Schubladen greift: Das Buch sei nicht nur ein Meisterwerk, sondern Weltliteratur. Auch eine mehrfach perspektivisch gebrochene Erzählung: Christoph Peters' Roman "Das Tuch aus Nacht" (bestellen) und hat mit Mord, hübschen Kunststudentinnen und Alkoholismus ein paar interessante Ingredienzien, die offensichtlich auch virtuos gemixt werden: Kai Martin Wiegand ist in der SZ völlig hingerissen: Peters Sprache sei quicklebendig, zugleich gebe es wunderbare lyrische Passagen und einen harten aber brillanten Schluss.

Und hier die ältere Generation:

"Die Nacht mit Alice, als Julia ums Haus schlich" (bestellen), welch hübscher Titel. Und sie waren alle tief beeindruckt: ein großer Meister ist Botho Strauß, seine Sprache zuweilen etwas gewunden, aber immerhin: Das Erzählerische überwiegt hier erstmals wieder das Essayistische, freut sich Martin Lüdke in der FR. Die Handlung - es geht wohl um die Affäre eines Fünfzigjährigen mit einer Jüngeren (natürlich!) - lässt sich kaum resümieren, die Erzählung besteht aus "Splittern, Binnenerzählungen, Abschweifungen, Traumsequenzen, Reflexionen und Sentenzen", schreibt Hubert Spiegel in der FAZ. Die SZ fand's anstrengend, aber exquisit. Christa Wolf hat mit "Ein Tag im Jahr" (bestellen) keine Erzählung vorgelegt, sondern Kalenderblätter, allesamt verfasst am 27. September, vom 27. September 1960 bis zum 27. September 2002. Die DDR sitze immer mit am Tisch, schreibt Jens Bisky in der SZ, und man erfährt viel Privates über die Familie Wolf.

Der Rest der Welt

Zwei amerikanische Romane, geschrieben von osteuropäischen Einwanderern, sind uns besonders aufgefallen: Da ist einmal Gary Shteyngarts "Handbuch für den russischen Debütanten" (). Shteyngart, geboren 1972 in Leningrad, wanderte mit sieben Jahren in die USA ein. Sein Debütroman erzählt die Geschichte eines russischen Einwanderers, der mit 25 Jahren endlich Geld verdienen will und sich mit der russischen Mafia einlässt. Ein wunderbar "anarchischer Lesespaß", schwärmt Andreas Breitenstein in der NZZ. Besonders das "linksliberale intellektuelle Milieu" mit seiner inszenierten "philosemitischen Liberalität" bekomme sein Fett weg. Tobias Rüther lobt in der SZ den Roman als "gewitzten Kommentar auf die Ostblocknostalgie", dem jede Sentimentalität fehle. Kolja Mensing (taz) hat sich zwar gut unterhalten, aber das Happy End missfällt ihm. Aleksandar Hemon legt mit "Nowhere Man" () sein zweites Buch vor. Geboren wurde er 1964 in Bosnien. Seit der Belagerung Sarajewos in den neunziger Jahren lebt er in den USA. Auch sein Roman hat autobiografische Züge: Es geht um einen Bosnier, der in Amerika vom Krieg in seiner Heimat überrascht wird und nun einen Platz in der ihm ganz fremden Gesellschaft sucht. Peter Demetz (FAZ) war vor allem von der sanften Prosa des Erzählers eingenommen: Es sei eine Sprache, die noch nicht ganz in Amerika angekommen sei, "noch nicht überwältigt und abgestumpft" von Marktgetöse und täglichem Sprachabfall. Und Andreas Breitenstein von der NZZ meint, niemand habe die "schlecht gelüftete Wirklichkeit des Ostblocks" besser beschrieben, als Aleksandar Hemon.

Mit Lob aufgenommen wurde auch der norwegische Roman "The Cocka Hola Company" () von Matias Faldbakken. Er erzählt die Geschichte einer Pornoproduktionsfirma als letzte Möglichkeit für ein entspanntes und unangepasstes Leben. Frank Schäfer (taz) hat sich bei der Lektüre wunderbar amüsiert. Vor allem die "anarchistische, misanthropische, ja Punk-Philosophie" dieses Underground-Romans hat es ihm angetan. Auch Volker Weidermann hat den Roman in der FAZ am Sonntag sehr gelobt und insbesondere auf die Leistung des Übersetzers Hinrich Schmidt-Henkel hingewiesen, der in diesem Jahr schon mit seiner Übersetzung von Celines "Reise ans Ende der Nacht" höchstes Lob ernten konnte.

"Liquidation" (), der neue Roman des Nobelpreisträgers Imre Kertesz, hat die Rezensenten in die Knie gezwungen. Kertesz erzählt einmal mehr von der Welt nach Auschwitz. "Romane von solcher Ernsthaftigkeit über das größte Verbrechen der menschlichen Geschichte" wird es zukünftig nicht mehr geben, glaubt Iris Radisch in der Zeit. Ina Hartwig von der FR vernimmt in diesem Roman ein neues "Beckett'sches Lachen" und stellt zudem ein für Kertesz neues, "atemberaubendes Tempo" fest. Kertesz habe etwas schier unmöglich Scheinendes virtuos bewältigt, schreibt sie. Auch Christiane Zintzen von der NZZ, Franziska Augstein in der SZ und Martin Halter in der FAZ sind sich einig: ein Meisterwerk.

Dieser Roman ist das "schlichteste, aber auch unglaublichste Buch dieser Saison", schreibt Thomas Steinfeld in der SZ über Graham Swifts Roman "Das helle Licht des Tages" (). Ein Detektiv verliebt sich in seine Auftraggeberin, deren Ehemann eine Liebesaffäre hat. Dann ermordet sie ihren Mann ... Felicitas von Lovenberg rühmt in der FAZ vor allem den sanften Schleier der Melancholie, die "unausgesprochene doch eindringlich vermittelte Traurigkeit" im Handeln des Protagonisten und Erzählers. Sebastian Domsch zeigt sich in der taz beeindruckt davon wie Swift der "unlösbaren Frage" nachgeht, wie wir unseren Weg wählen, wie und wann wir welche Entscheidungen treffen. Empfohlen wird auch Mark Haddons "Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone" (), die Geschichte eines autistischen Jungen, der den Mord am Pudel seiner Nachbarin aufklären will. taz-Rezensent Sebastian Handke findet die Geschichte sehr komisch aber auch ein bisschen traurig, weil der Junge gezwungen sei, "die Welt in nichts als logische Schlüsse" aufzuteilen. Hingewiesen sei außerdem auch noch auf Colum McCanns Roman über Rudolph Nurejew, "Der Tänzer" (bestellen). Yaak Karsunke nennt ihn in der FR einfach "genial", "quälend intensiv", lobt H. G. Pflaum in der SZ, und FAZ-Rezensentin Verena Lueken findet, dass McCann den legendären Tänzer in seinem Wesen und seiner Bedeutung tief erfasst hat.

Der Belgier Jean-Philippe Toussaint ragt mit seinen Romanen wie ein "Fremdkörper" aus dem "deutschen literarischen Gelände", findet Verena Auffermann in der Zeit. Das ist auch bei seinem neuesten Werk "Sich lieben" () so. Die alte Adelswelt wird von Designerlabels und -marotten abgelöst, umreißt sie den Toussaint'schen Kosmos, der in diesem Fall bis nach Tokio führt, wo das traurige und beinahe mörderische Ende einer Liebe stattfindet. Martin Krumbholz lobt den Roman in der NZZ als den schönsten von Toussaint. "Dies ist ein Buch über die männliche Seele im Zustand des Leidens, egomanisch und sanft zugleich und wahrscheinlich deshalb so stark", verkündet Ina Hartwig, die dem Buch in der FR-Novemberbeilage den Aufmacher gewidmet hat. FAZ-Rezensent Richard Kämmerling hingegen warnt "strukturalistisch versierte Leser": Sie würden die Absichten des Romanciers zu genau durchschauen.

Ioanna Karystianis Roman "Schattenhochzeit" () kommt ein amerikanischer Biophysiker in das griechische Dorf seiner Vorfahren zurück und muss feststellen, dass er nach dem Gesetz der Blutrache verpflichtet ist, den Mörder seines Vaters zu töten. Außergewöhnlich und ungemein plastisch in der Darstellung einer dörflichen Gesellschaft findet FAZ-Rezensent Tilman Spreckelsen diesen Roman. Die Handlung ist etwas einfach gestrickt, meint Ursula Pia Jauch in der NZZ. Gefallen hat ihr aber die Darstellung der "brütenden kretischen Hitze" und die Art, wie Karystiani verknäulte Verwandtschaftsbeziehungen auch sprachlich verwebt. Absolut hingerissen ist Kersten Knipp (NZZ) von Arturo Perez-Revertes Roman "Königin des Südens" (). Eine wunderschöne Frau, deren Geliebter ermordet wird, steigt zur Herrscherin über ein Drogenkartell auf. Ein "fulminanter Roman" über Kokaingeschäfte, versichert Knipp, mit "großer Erzählkunst" dargeboten.

Und schließlich noch zwei Romane älteren Datums: Iwan Bunins Anfang des 20. Jahrhunderts geschriebene Erzählung "Ein unbekannter Freund" () wurde ja schon von Elke Heidenreich im Fernsehen empfohlen. Der Rest der Kritik konnte nur noch nicken. Einer der "schönsten Prosatexte der russischen Literatur", setzt Ulrich M. Schmid in der NZZ nach. Eine unwiederbringlich isolierte Seele sieht Kerstin Holm in der FAZ beschworen. Es geht in dieser Erzählung, deren Übersetzung durch Svetlana Geier allenthalben gerühmt wurde, um eine passionierte Leserin, die zufällig ein Buch kauft und sich selbst darin wiederfindet. Sie schreibt an den ihr unbekannten, doch so vertrauten Freund, den Autor ... Entzückt zeigt sich die Kritik auch von Arnold Bennetts 1902 erstmals veröffentlichtem Roman "Hotel Grand Babylon" (). Ein unglaublich reicher Amerikaner kauft in London ein Hotel, weil ihm der Service dort missfällt. Von jetzt an kämpft er mit dem Personal, und eine Leiche taucht auch noch auf! Ein Thema war auch damals schon das Verhältnis zwischen dem alten "kulturell überfeinerten, absturzgefährdeten" Europa und Amerika. Vor diesem Hintergrund entfaltet Bennett sein Talent für Situationskomik und eine Form der Ironie, die zwar "nicht sophisticated" ist, aber durchaus "Eleganz" besitzt, lobt SZ-Rezensentin Kristina Maidt-Zinke. Prächtig unterhalten haben sich auch Angela Schrader in der NZZ und Joachim Kalka in der FAZ.


Lyrik

Lutz Seilers schmaler Gedichtband "vierzig kilometer nacht" (bestellen) hat weithin Aufmerksamkeit gefunden. Seiler reflektiert hier - sehr subtil und indirekt - unter anderem seine DDR-Vergangenheit. Er stammt aus Gera. Zuweilen klingt er, als sei er ins DDR-Schallarchiv abgetaucht, schreibt Lothar Müller in einer eindringlichen SZ-Kritik des Bandes: große Lyrik, schließt der Rezensent.

Kein Herbst ohne Gedichtband von Durs Grünbein: In "Vom Schnee" (bestellen) hat er sich an ein äußerst selten gewordenes Genre gewagt, eine Erzählung in Versen. Held des Gedichts ist Rene Descartes, der im Winter des Jahres 1619 in einem süddeutschen Städtchen, einer Vision gehorchend, zu philosophieren beginnt. "Mitreißende Bilder" findet Thomas Steinfeld in der SZ, in einem ohne formale Pedanterie ausgeführten Alexandriner-Rhythmus, der den Text in einen "sehr melodisch plätschernden Bach" verwandele. Auch die anderen Zeitungen waren sehr respektvoll.

"Auszug aus Xanadu" () heißt der neue Band des schwedischen Dichters Lars Gustafsson. FAZ-Rezensent Tobias Döring sieht die stärksten Gedichte dieses Lyrikbandes auf wunderbare Weise den "Reiz des Temperierten" auskosten und fühlt sich von ihrer "Alltagsanmut" stärker ergriffen als von allem "Orchideenrausch" üblicher Lyrik. Eine "rechte Dezemberdichtung" ist dies, schreibt Burkhard Müller in der SZ, doch eine, die sich "wunderbar vorlesen" lässt und dabei ungeahnte Heiterkeit entfaltet. "o du roher iasmin" (bestellen) ist eine von 43 Variationen auf Baudelaires "Harmonie du soir": Oskar Pastior verarbeitet Gedichte von anderen, beschreibt eine absolut ergriffene Gabriele Killert in der Zeit: Sie bezeichnet sein Verfahren, das sich an die spielerisch-strenge Oulipo-Lyrik aus Frankreich anlehnt als "Pastiorisierung". Zum Beispiel wird jedes Substantiv, Verb und Adjektiv des Gedichts im "Taschenwörterbuch" nachgeschlagen, sieben Einträge weitergezählt, und das so abgezählte Wort anstelle des ursprünglichen Wortes aufgeschrieben. Zum Band gehört eine CD - und so wird eines der schönsten Geschenke der Saison draus. Killert empfiehlt auch den zweiten Band der Werkausgabe von Pastior bei Hanser "Jetzt kann man schreiben, was man will" (bestellen).

Alle Romane aus den bisher ausgewerteten Literaturbeilagen vom Herbst 2003 finden Sie hier, alle Gedichtbände hier.

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