Bruce Chatwin

Der Nomade

Briefe 1948-1988
Cover: Der Nomade
Carl Hanser Verlag, München 2014
ISBN 9783446244696
Gebunden, 640 Seiten, 27,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Dietrich Leube und Anna Leube. Er schrieb, wie er lebte: ohne Ruhe, ohne Rast. Bruce Chatwin war ein literarischer Nomade, seine Bücher wie "In Patagonien" oder "Traumpfade" machten ihn weltberühmt. Hinter dem Autor, der auf Reisen stets Notizen in seine Moleskine-Hefte schrieb, verbirgt sich ein widersprüchlicher Mensch. Chatwins Briefe an Verwandte und Freunde wie Susan Sontag oder Salman Rushdie reichen von der Internatszeit bis zur Arbeit bei Sotheby's, von den journalistischen Anfängen bis zum literarischen Durchbruch und der Erkrankung an Aids.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.02.2015

Die unter dem Titel "Der Nomade" herausgegebenen Briefe Bruce Chatwins aus den Jahren 1948 bis 1988 hat Rezensent Andreas Platthaus zwar mit größtem Interesse gelesen, mit den Herausgebern Nicholas Shakespeare und Elizabeth Chatwin geht er jedoch hart ins Gericht. Schon Shakespeares Vorwort findet er "geschwätzig" und offenkundig fehlerhaft. Darüber hinaus kann Platthaus die Auswahl der hier abgedruckten Briefe nicht nachvollziehen: Gern hätte er gewusst, warum bestimmte Dokumente oder Antworten nicht mit aufgenommen wurden, anerderseits hätte er die kurz nach Abgabe des englischen Manuskriptes entdeckten Briefe an Susan Sontag gern in der deutschen Ausgabe gefunden. Dennoch betont der Kritiker, dass Chatwins Briefe selbst die Lektüre absolut lohnen: So fasziniert er das ausschweifende Privatleben des Schriftstellers verfolgt, so erschüttert liest er in den originellen Briefen, wie "verstört" Chatwin gewesen sein muss.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 10.01.2015

Die Schlichtheit im Ganzen, die ihm aus den Briefen Bruce Chatwins entgegenweht, lässt Marko Martin doch nicht die Hellsichtigkeit in Manchem übersehen, am besten zu erkennen in den Essays des Autors, die Chatwin auch auszeichnen konnte. Die Briefe allerdings lesen sich laut Martin mitunter wie die Aufzeichnungen einer "pikiert-hektischen" Tunte mit "antisemitischer Schlagseite", "Welt-Gerümpel" eines "Gesinnungskonventionellen", unangenehm also. Den intellektuellen Erkenntnisgewinn und den ästhetischen Wert der Briefe schätzt der Rezensent eher gering ein. Auf den 600 Seiten für Chatwin typische Verhaltensmuster zu erkennen, ist für Martin allerdings ebenso verstörend wie faszinierend.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 13.12.2014

Ein erster Band mit Briefen Bruce Chatwins aus den Jahren 1948 bis 1988 ist erschienen und Rezensent Jürgen Berger hat sie mit großem Interesse gelesen. Die Briefe geben die Möglichkeit, den Mann, der zunächst im Auktionshaus Sotheby's Karriere machte, auf seinem Werdegang zum Schriftsteller zu begleiten, verrät der Kritiker, der Chatwin fasziniert auf seine Reisen etwa nach Indien folgt. Er erlebt den rastlosen Autor in den Briefen bei seinen Überlegungen zu Buchprojekten, lernt Chatwin aber auch privat kennen: Aus der Ferne gab er seiner Frau Elizabeth Anweisungen; diskreter werden in diesem Band Chatwins Affären mit Männern verhandelt, informiert der Rezensent. Besonders erfreut stellt Berger fest, dass dieser Band auch die erst kurz vor der Fertigstellung des Buches entdeckten Briefe an Susan Sontag enthält.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.11.2014

Fasziniert hat Rezensent Carlos Widmann die nun unter dem Titel "Der Nomade" zwischen 1948 und 1988 geschriebenen Briefe des Schriftstellers Bruce Chatwin gelesen. Der Kritiker lernt in diesem von den Herausgebern sorgfältig editierten Werk den Menschen hinter dem Schriftsteller kennen, der schon im frühen Kindesalter von Schreibwut und Mitteilungsdrang befallen war und stets rastlos durch die Welt zog. Amüsiert und gebannt folgt Widmann Chatwins oft übertriebenen Ausführungen, etwa wenn er seiner Frau berichtet, er sei fünfzehn Meilen splitternackt durch die Bergwelt Oregons gewandert oder er sei der einzige Europäer mit einem aus der Mongolei und Tibet stammenden Knochenmarkpilz. Darüber hinaus stellt der Kritiker fest, dass Chatwins Briefe im Laufe der Zeit immer lockerer und weniger konstruiert wirken. Auch von Chatwins heimlich ausgelebter Homosexualität liest der Rezensent hier, wenngleich er bedauert, dass in der deutschen Ausgabe nur ein einziger Liebesbrief an einen brasilianischen Barmann abgedruckt ist.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.10.2014

Über den großen reisenden Fabulierer Bruce Chatwin erfährt Martin Zähringer aus diesem Buch mit den Briefen des Schriftstellers an Freunde und Familie Erstaunliches. Das Hinzukommen der subjektiv-authentischen Perspektive Chatwins zu der vom Herausgeber Nicholas Shakespeare bereits vorgelegten Biografie scheint dem Rezensenten wertvoll, insofern als sie sich als hinter die Kulissen blickende Autobiografie begreifen lässt. Mittels der chronologisch geordneten Briefe und des umfangreichen Sach- und Personenregisters gelingt es Zähringer nicht nur, das Geschichten-An-und-Umverwandeln als die Spezialität des Autors besser zu begreifen, auch die Kulissenschieberei in Chatwins Privatleben wird ihm offenbar. Keine Frage, erkennt der Rezensent, das Buch ist, abgesehen vielleicht von den Kommentaren der Chatwin-Witwe, der Wahrheit verpflichtet, nicht der Monumentalisierung.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 01.10.2014

Nach den Reportagen und Romanen Bruce Chatwins gibt es nun auch endlich seine Briefe zu lesen, von Ehefrau Elizabeth und ihrem Mitherausgeber Nicholas Shakespeare hervorragend editiert, freut sich Roger Willemsen. Chatwin hatte Hummeln im Arsch, weiß der Rezensent, eine "James-Dean-Gestalt" auf andauernder Suche nach Veränderung, wobei er die Strapazen seiner Reisen stets nur lakonisch kommentierte und sich ganz als Abenteurer gerierte, so Willemsen. Auch in den Briefen praktizierte Chatwin "das Fiktiv-Werden des eigenen Selbst", erklärt der Rezensent. Und dennoch: nirgendwo wird der Autor selbst deutlicher als in dieser seiner Korrespondenz, ist Willemsen sich sicher.