Volker Leppin

Die fremde Reformation

Luthers mystische Wurzeln
Cover: Die fremde Reformation
C.H. Beck Verlag, München 2016
ISBN 9783406690815
Gebunden, 247 Seiten, 21,95 EUR

Klappentext

Die Reformation gilt als Zäsur, mit der das Mittelalter endet. Volker Leppin zeigt demgegenüber, dass der junge Luther einer von vielen mystischen Schriftstellern war, und führt uns eine Reformation vor Augen, die viel mittelalterlicher und fremder ist, als es die Meistererzählungen von diesem "Umbruch" wahrhaben wollen. Rechtfertigungslehre und "Priestertum aller Gläubigen", Predigtgottesdienst, Papstkritik und landesherrliches Kirchenregiment - all dies war selbstverständlicher Teil des spätmittelalterlichen Spektrums an Positionen und Protesten. Neu war allerdings die Art, wie Luther diese Elemente miteinander verband und von unterschiedlichen Interessengruppen zum Vordenker erhoben wurde. Erst diese Gemengelage führte zur Zuspitzung des Konflikts mit Rom. Vergessen und verdrängt wurden dabei Luthers mystische Wurzeln.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 09.06.2016

Rezensent Stephan Speicher stellt zwei neue Bücher über Luther vor: Volker Leppins "Die fremde Reformation" und Volker Reinhardts "Luther, der Ketzer". Auch wenn er Reinhardt den Vorzug geben mag, kann er doch beide Bücher als Ergänzung empfehlen. Denn Leppin schildert die Reformation eher als Kultur- denn als Religionsgeschichte. Eine wesentliche Rolle spielt dabei das Verhältnis der Deutschen zu den italienischen Geistlichen, erklärt Speicher. Die Italiener hielten die Deutschen für Barbaren, die Deutschen hatten einen Minderwertigkeitskomplex, hielten sich dafür aber moralisch für überlegen. Wie Leppin das erzählt, fand der Rezensent offenbar anregend, Volker Reinhardts Buch, das die theologische Entwicklung der Reformation nachzeichnet findet er allerdings "feiner gearbeitet". Laut Reinhardt war Luther stark von spätmittelalterlichen Theologen geprägt, die bereits den Grundstein für die Ideen der Reformation legten, indem sie - anders als die Kirche mit ihren theologischen Haarspaltereien - das Verhältnis des Einzelnen zu Gott betonten. Dass die Katholische Kirche nach den Konzilen in Konstanz und Basel an den eigenen Vorrechte festhalten musste, findet Speicher verständlich. Dass es darüber zu einem "geistigen Bürgerkrieg" kam, war vielleicht unvermeidlich, so der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.04.2016

Nicht zufrieden ist der evangelischeTheologe Johann Hinrich Claussen mit diesem Buch: Der Autor habe die Tragkraft seiner eigenen These nicht erfasst. Hätte er sie ernst genommen, so hätte er vielleicht auf die Spur einer Möglichkeit einer "nachkonfessionellen Spiritualität" gekommen, meint Claussen in seiner Rezension. So aber gehe es Leppin nur um die Widerlegung einer These, an die ohnehin niemand mehr glaube, nämlich dass die Reformation die Neuzeit eingeläutet habe. Claussen wirft Leppin vor allem vor, dass er keinen klaren Begriff der Mystik habe und ihn somit zum "Container-Begriff" mache, in den man alles mögliche hineinstecken könnte. Die Faszination eines auf die großen Mystiker wie Meister Eckhardt zurückzuführenden Luther gelte es darum noch zu erforschen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.04.2016

Volker Leppins Zusammenführung seiner Gedanken zum mystischen Ursprung von Luthers theologischem Denken findet Dirk Pilz eingängig geschrieben. Für Pilz erweist sich der Autor mit seinem Buch als jemand, der, anders als andere Historiker, theologische Reformationsgeschichtsschreibung betreibt, indem er eine allein auf Luther konzentrierte Reformationsgeschichte als nicht tragfähig darstellt. Parallelen zwischen Luther und Johann von Staupitz, Johannes Tauler, Augustinus und Paulus kann ihm der Autor nachweisen. Und zugleich den Umstand offenbaren, dass die Reformation nach 500 Jahren noch umstritten ist. Das zeigte sich dem Rezensenten zuletzt an der Kritik des Kirchenhistorikers  Thomas Kaufmann, der in der FAZ Leppins Buch verrieß, ohne dass diese Zeitung deutlich gemacht hätte, dass Kaufmann mit Leppin schon lange einen "Deutungskampf um die Reformation" führt, so Pilz.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.03.2016

Der hier das Werk eines Kollegen rezensierende Göttinger Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann sucht vergeblich nach Enthüllungen in Volker Leppins Buch über den Reformator. Was Leppin stattdessen zu bieten habe, sei sein persönliches Steckenpferd: Luthers Prägung durch die mystische Theologie. Dass der Autor Luther zu diesem Zweck zugunsten der Frömmigkeitstradition schrumpft, gefällt Kaufmann nicht. Den Protestantismus zu verteufeln und Luthers theologisches Werden als Reformation zu bezeichnen, wie es laut Kaufmann der Autor macht, scheint dem Rezensenten die Jubifeierlaune zu verderben..
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