Horst Bredekamp

Galilei der Künstler

Die Zeichnung, der Mond, die Sonne
Cover: Galilei der Künstler
Akademie Verlag, Berlin 2007
ISBN 9783050043197
Gebunden, 420 Seiten, 44,80 EUR

Klappentext

Mit 20 schwarz-weißen und 704 farbigen Abbildungen. In seiner kleinen, aber einflussreichen Schrift "Galileo as a Critic of the Arts" von 1954 hat Erwin Panofsky die künstlerischen Vorlieben Galileis mit dessen Vorstellung von Raum, Licht und Kosmos verbunden. Horst Bredekamp knüpft an diese Studie an, um Galilei jedoch nicht allein als Kunstkritiker, sondern als einen ausgebildeten Künstler zu rekonstruieren, der die Kunst des Zeichnens als ein Instrument seiner Forschungen zu nutzen verstand. Viele Gelegenheitsskizzen, vor allem aber Galileis durch das Teleskop gewonnene Mond- und Sonnenzeichnungen offenbaren, dass der Stil der Darstellungen über den Sinn des Dargestellten entschied.
Erstmals werden in diesem Buch Galileis direkt überlieferte oder nur mittelbar gesicherte Zeichnungen des Mondes zusammengestellt und in eine neu rekonstruierte Abfolge gebracht. Ein spektakuläres Novum bietet zudem die Veröffentlichung der neuentdeckten Vorzeichnungen für die Monde des Sidereus Nuncius von 1610. Schließlich wird erstmals die von 1611 bis 1613 sich hinziehende Auseinandersetzung um das angemessene Verständnis der Sonnenflecken in Form von weit über zweihundert Zeichnungen und Stichen in chronologischer Abfolge dokumentiert. Damit ist der transalpine Zweikampf zwischen dem deutschen Jesuiten Christoph Scheiner und Galilei, der durch seinen Malerfreund Lodovico Cigoli unterstützt wurde, Tag für Tag wie in einem Film erkennbar.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.11.2007

Tief beeindruckt klappt Jürgen Renn das Buch zu. Über die Beziehung von Kunst und Wissenschaft hat er derart Grundlegendes noch nicht gelesen. Dass dem visuellen Denken eine "Schlüsselrolle" zukommt, wenn es um die Begründung der modernen Naturwissenschaft geht, kann er sich nach der Lektüre von Horst Bredekamps Buch gleich viel besser vorstellen. Allerdings empfindet er die im Buch vorgenommene Beschränkung auf Galilei als Astronom als Tiefstapelei. Schließlich weiß er die Anwendbarkeit von Bredekamps Ansatz auch im Bereich der klassischen Mechanik durch die jüngere wissenschaftshistorische Forschung belegt. Abgesehen davon ist Renn voll des Lobes: Klar, detailliert, fundiert und "betörend illustriert" findet er den Band. Dass sich über vieles darin streiten lässt, gehört für ihn zum Potential von Bredekamps Perspektive.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 10.10.2007

Den Rezensenten Alexander Cammann bringt diese Abhandlung über die künstlerischen Talente des Astronomen und Mathematikers Galileo Galilei zum Jubilieren. Er überschüttet den Autor Horst Bredekamp mit Lob, der seiner Meinung nach einer der "wirkmächtigsten Geisteswissenschaftler" hierzulande ist und der sich mit "dieser Schöpfung selbst als ein Künstler erwiesen hat". Er hat in Cammanns Augen mit beachtlichem Wissenshintergrund und dem Willen zu "spannender Detektivarbeit" die künstlerische Hinterlassenschaft Galileis aufbereitet. Überdies kann das Buch  zum Erstaunen des Rezensenten mit einem Exemplar von Galileis Tuschezeichnungen aufwarten, die Bredekamp in einem New Yorker Antiquariat entdeckt hat. Das Ergebnis ist ein "atemberaubendes Abenteuer der Erkenntnis".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 01.09.2007

Bestnoten vergibt Rezensent Helmut Meyer an diese Studie, aus seiner Sicht das nach den vorangegangenen Studien zu Hobbes und zu Leibniz bisher überzeugendste Buch der Trilogie. Es handelt sich seinen Informationen zufolge um "detailgenaue, nach kunsthistorischen Standards vorgehende Autopsien" von Galileis Zeichnungen, mit denen er auch seine Studien illustriert habe. Der Autor weise daran nach, das der Physiker Galilei vom Künstler Galilei nicht zu trennen sei, dessen Blick das Ergebnis physikalischer Erkenntnisse gewesen sei. In genauer Lektüre führe Horst Bredekamp seine Quellen zusammen, um auch die kunsttheoretische und praktische Versiertheit Galileis zu demonstrieren. Geradezu spektakulär findet Meyer den Erstabdruck von fünf Mondbildern Galileis.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.07.2007

Feurig wie seine Variante der Bildwissenschaft, die Horst Bredekamp laut Willibald Sauerländer mit "Galilei als Künstler" in Angriff nimmt, kommt auch diese Besprechung daher. Kein Zweifel: Sauerländer ist entbrannt durch die Kühnheit und den atemlosen Duktus des Buches. Bredekamps mit Hilfe "stilkritischer graphologischer, handwerklich-technischer" Kenntnis geknüpfte Argumentationskette hin zum Beweis, dass die New Yorker Tuschezeichnungen eigenhändige Vorlagen Galileis für den "Sidereus Nuncius" seien, hält er für bravourös. Wichtiger allerdings erscheint ihm der so formulierte Grundgedanke einer "Kunstgeschichte als eine Leitdisziplin der Historie". Derart kreativ, verlockend, sympathisch findet das Sauerländer, dass er fast vergessen hätte, leise Zweifel kundzutun: Am ästhetischen Glattbügeln einer ihm bewussten "fundamentalen Differenz zwischen symbolischem und kognitivem Bild".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 21.06.2007

Nicht nur sind die Zeichnungen von Galileo Galilei schön anzusehen, mit ihnen belegt der Kunsthistoriker Horst Bredekamp auf "atemberaubende Weise" seine Theorie von der Zeichnung als Mittel wissenschaftlicher Erkenntnis, erklärt Rezensent Achatz von Müller. Denn mit Hilfe eines in New York befindlichen Exemplars des "Sidereus Nuncius" von Galilei könne Bredekamp "minutiös" und offenbar überzeugend nachweisen, dass die Zeichnungen des Astronomen nicht nur illustrativen Charakter haben, sondern Galilei mit ihnen seine Theorien zum Mond formulierte. Dass der Pisaner darüber hinaus auch noch für den in der modernen Wissenschaft herrschenden Ton aus "Konkurrenz und Beschleunigung" mitverantwortlich sein soll, ist Müller aber dann doch ein bisschen weit hergeholt.

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