Sabine Adler

Ich sollte als Schwarze Witwe sterben

Die Geschichte der Raissa und ihrer toten Schwestern
Cover: Ich sollte als Schwarze Witwe sterben
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), 19,90 2005
ISBN 9783421058713
Gebunden, 348 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Nicht erst seit der Schulbesetzung in Beslan steht die Welt vor einem Rätsel: Wer sind diese "Schwarzen Witwen", die sich bei ihren Terroranschlägen mit Sprengstoffgürteln um den Leib inmitten möglichst großer Menschenmengen selbst töten? Die Journalistin Sabine Adler hat viele Jahre in Tschetschenien recherchiert und dabei das Leben der Familien aus nächster Nähe erlebt. Sie erzählt die Geschichte Raissas, die nach dem Willen ihrer Brüder wie die Schwestern als "Schwarze Witwe" sterben sollte, der Forderung jedoch nicht folgte. Die Autorin zeichnet ein erschütterndes Bild des Alltags in einer Krisenregion und schildert, was tschetschenische Männer dazu bringt, bedenkenlos ihre eigenen Frauen zu opfern.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.06.2005

Aufschlussreich findet der "böl." zeichnende Rezensent Sabine Adlers Buch über das Phänomen tschetschenischer Selbstmordattentäterinnen. Die Autorin erzähle die Geschichte der 19-jährigen Raissa, deren Familie zwischen der brutalen Willkür der russischen Armee, der kalten Grausamkeit der islamistischen Fanatiker und den strengen tschetschenischen Traditionen zerrieben werde. Der Rezensent hebt hervor, dass Adlers Buch, die als Korrespondentin des Deutschland-Radios jahrelang in Tschetschenien recherchierte, Romancharakter hat, was es zu einer "spannenden Lektüre" macht. Dass die Autorin Recherche, Rekonstruktion und Fiktion vermische, so der Rezensent, "lässt den Leser aber an ihrer Darstellung öfter zweifeln als womöglich nötig". Das Buch zeichne auch das Bild einer Gesellschaft, die unter der Grausamkeit der russischen Besatzer derart verroht ist, "dass sie die Fanatiker nicht einmal mehr daran hindert, ihre Töchter in die Luft zu sprengen".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 31.03.2005

Rezensent Klaus Bednarz empfiehlt Sabine Adlers Buch wärmstens all jenen Lesern, die die "Komplexität und archaische Tragik des Tschetschenien-Krieges begreifen" wollen. Die Autorin, die "unzählige" Male vor Ort recherchiert hat, zeichnet darin die Geschichte zweier Schwarzer Witwen nach, die beim Geiseldrama im Moskauer Musical-Theater ums Leben kamen. Ohne jede "Schwarzweißmalerei" erläutert sie dem Rezensenten zufolge, wie aus zwei Frauen Selbstmordattentäterinnen werden konnten. Dabei lege sie die Verbrechen russischer Soldaten ebenso offen wie die "Skrupellosigkeit" tschetschenischer Feldkommandeure und erweitert eine Familiengeschichte zum "Spiegel" der langen Leidensgeschichte eines Volkes. Besonders beeindruckt zeigt sich Bednarz von der "Fülle zweifelsfrei dokumentierter" Fakten, die aus diesem romanhaft wirkendem Buch ein "hoch politisches" Werk machten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.02.2005

Nicht ganz überzeugt zeigt sich Gustav Falke von Sabine Adlers dokumentarischen Roman "Ich sollte als Schwarze Witwe sterben", für den sie die Selbstdarstellung einer Tschetschenin, Interviews mit Geiseln aus dem Moskauer Musicaltheater und verschiedene tschetschenische Fallgeschichten ausgewertet hat. Sprachlich wie sachlich sei das offenbar mit Eile geschehen. So haben sich eine ganze Reihe von Fehlern eingeschlichen, etwa wenn der Araber Jassir zu einigen Aseris "in gebrochenem Tschetschenisch" spricht, und Medina dann übersetzt, "was Jassir auf russisch gesagt hatte". Andererseits hält Falke der Autorin "eindrucksvolle Schilderungen" zu Gute, zumal von den chaotischen Zuständen im Musicaltheater, von den russischen Grausamkeiten. Allerdings findet er Adlers Erklärungsmodell untauglich. Im ersten Drittel schildere sie eine traditionelle Hochzeit und eine Blutrache. Vor dieser Folie erscheine die Heldin als eine Frau, die im Gegensatz zu den traditionellen Tschetscheninnen "Sehnsüchte und Wünsche" habe. Doch dann zeige das ganze Buch Frauen, "die entweder aus politischer oder religiöser Überzeugung handeln oder, in den weitaus meisten Fällen, genötigt werden, über ihre wahre Aufgabe im Unklaren bleiben." Mit traditionellen tschetschenischen Ehrenkodizes habe das aber nichts zu tun.
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