Peggy Mädler

Legende vom Glück des Menschen

Roman
Cover: Legende vom Glück des Menschen
Galiani Verlag, Berlin 2011
ISBN 9783869710327
Gebunden, 213 Seiten, 16,95 EUR

Klappentext

Knapp fünfzehn Jahre nach der Wende findet die junge Erzählerin im Nachlass der Großeltern ein Buch, das ihr Großvater zu einem Betriebsjubiläum geschenkt bekommen hat. Ein Fotoband von 1968, der "Vom Glück des Menschen" heißt, komponiert und betextet von Rita Maahs und Karl Eduard von Schnitzler. Die Anmaßung eines politisch verordneten Glücks empört die Enkelin. Wie kann ein Staat auf die Idee kommen, seinen Bürgern vorzuschreiben, wie sie glücklich werden? Anhand weiterer Fundstücke aus dem Nachlass beginnt sie zu rekonstruieren, wie sich ihre Großeltern kurz vor dem Zweiten Weltkrieg kennenlernten, heirateten und sich nach dessen Ende fast wie Fremde wieder gegenüberstanden, wie ihr Vater und ihre Mutter sich in der DDR kennenlernten und durchschlugen und wie sie, die Erzählerin selbst, und ihr älterer Bruder die Wende und die Zeit danach erlebten. Dabei überschreibt Peggy Mädler je ein Kapitel aus dem Propagandaband mit "Legenden" aus der Familiengeschichte ihrer Erzählerin. So entstehen die "Legende vom Glück der Arbeit", die "Legende vom Glück des Miteinanders" usw., und plötzlich wird klar: Ob und wie Menschen das Glück finden, hat oft weniger mit den großen Rahmenbedingungen zu tun, als mit privaten Begegnungen, kleinen Gesten und unspektakulären Zufällen. Und: Die besten Geschichten schreibt nicht die Geschichte, sondern das Leben selbst.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 28.07.2011

Zwei Romane stellt Ursula März vor, die ihrer Ansicht nach von einem neuen Erzählen über die DDR zeugen: Peggy Mädlers Roman "Legende vom Glück des Menschen" und Gregor Sanders "Winterfisch". Mädlers Roman, meint März, komme nur auf den ersten Blick wie ein üblicher Familienroman daher, mit all den "traurigen Kriegs- und gehemmten Nachkriegsehen". "Gewitzt und ziemlich intelligent" wird dieses Buch durch den Rückgriff der Autorin auf den Fotoband "Glück des Menschen", den die Ich-Erzählerin auf dem Dachboden findet und der einst vom Oberpropagandisten des DDR-Fernsehens Karl Eduard von Schnitzler das ganze Glück im Sozialismus zeigen sollte. Hier sieht März ein gerüttelt Maß an "dekonstruktiver Ironie" am Werk, die ihr umso besser gefällt, als Mädler damit keine programmatische Agenda verfolge, sondern nur das Fabulierte ihres historischen Stoffes sichtbar mache.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.07.2011

Peggy Mädlers Familienroman hat Sibylle Birrer mit seiner sorgfältigen Konstruktion und seinem Sprach- und Stilgefühl überzeugt. Die Autorin, 1976 in Dresden geboren, lässt darin die junge Historikerin Ina ein Fotoalbum findet, das die Großeltern in den 60er Jahren geschenkt bekamen und in dem das propagandistische DDR-Glück bebildert ist. Davon ausgehend schneidet die Erzählerin die individuelle Familiengeschichte mit der Gesellschaftsgeschichte zusammen und stellt Fragen nach der "privaten und kollektiven Geschichte", reflektiert über das Erinnern und Vergessen und nicht zuletzt über das individuelle Glück, was sie weniger mit festen Erkenntnissen als mit Denkbewegungen beantwortet, wie die Rezensentin dankbar bemerkt. Dieser Debütroman ist nicht nur eine "kluge Reflexion" über das ganz normale Leben, sondern auch eine flüssig und unterhaltsam zu lesende Familiengeschichte, wie Birrer sehr eingenommen feststellt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 17.03.2011

Rezensentin Ulrike Heike Müller ist voll des Lobes über diesen Debütroman. Dabei ist es, wie die Rezensentin einräumt, nicht der Stoff, der Peggy Mädlers Buch zu etwas Einzigartigem macht - erzählt wird die Geschichte einer deutschen Familie, die um ihr ganz privates Glück ringt und dabei wiederholt von der großen, politischen Geschichte in die Schranken gewiesen wird. Was der Rezensentin Respekt abnötigt sind andere Aspekte des Romans: seine leisen Töne, seine "klugen Reflexionen" nicht zuletzt über die Möglichkeiten und Grenzen des Erinnerns. Oder seine Tendenz, Fragen aufzuwerfen und von verschiedenen Seiten zu beleuchten, ohne immer schon eine erschöpfende Antwort parat zu haben. Auch der formale Aufbau des Buches, orientiert an den Kapitelüberschriften eines real existierenden DDR-Fotobandes von 1968, trägt dazu bei, Mädler das Wohlwollen der Rezensentin zu sichern. Angesteckt von dem "offenen Geist" des Romans liest Müller abschließend eine grundlegende Einsicht aus ihm heraus: "Glück ist flüchtig. Individuell."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.03.2011

Als ungewöhnlich und sehr faszinierend würdigt Rezensent Christopher Schmidt den Debütroman von Peggy Mädler, die die geschönte Wirklichkeit der DDR-Propaganda - in Form eines Fotobands, den man dem Großvater für seine Verdienste im volkseigenen Einzelhandel 1968 verehrt - mit der Realität einer Familie konterkariert. Das Ergebnis ist eine ausgesprochen "wahrhaftige" Familiengeschichte, findet der Rezensent, denn hier wird die Wahrheit jeden Erzählens immer schon kritisch reflektiert, wie er lobt. Das staatlich verordnete Glück (der Fotoband von 1968 heißt bezeichnender Weise "Vom Glück des Menschen") wird mit den eher unglücklichen Lebensschicksalen der Großeltern-, Eltern und Kindergeneration beantwortet, die erfundene Erinnerung des Romans gegen die geschichtsklitternde Propaganda gestellt, so Schmidt, der die Lebensklugheit der Autorin bewundert.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.2011

Edo Reents kann seinen Ärger über dieses Buch aus dem jungen Galiani Verlag gerade noch im Zaum halten. So viel wird deutlich: Eine neue Julia Franck ist die Autorin seiner Meinung nach nicht. Peggy Mädlers Roman sieht er zwischen Prätention (mittels der Fragestellung, wie sich privates und kollektives Glück vertragen, ein DDR-Generationenpanorama zeichnen zu wollen) und Trivialität schlingern und zu banalen Einsichten kommen. Ob es um historische Momente aus dem real existierenden Sozialismus, um individuelle Lebensgeschichten oder die Zuverlässigkeit von Erinnerung geht - sofern er nicht bereits durch die Konturlosigkeit der Darstellung ins Unscharfe driftet, halten sich die Brisanz und die Originalität des Textes für Reents in Grenzen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.03.2011

Angetan zeigt sich Ulrich Rüdenauer von Peggy Mädlers sehr gelungenem Debütroman "Die Legende vom Glück des Menschen". Er liest den Roman als Geschichte einer Familienrecherche und der Suche nach der eigenen Identität, deren Ausgangspunkt der Propagandaband "Vom Glück des Menschen" ist, den der Großvater der 33-jährigen Erzählerin 1968 von der Staatlichen Handelsorganisation der DDR als Auszeichnung erhalten hatte. Zwar bleiben die Geschichten aus der ostdeutschen Lebenswirklichkeit, die die Erzählerin einfließen lässt, in seinen Augen ein wenig "blass". Das scheint ihm aber auch die einzige Schwäche dieses Romans. Lobend hebt er die Haltung der Erzählerin hervor, die sich durch "Skepsis und Reflektiertheit" sowie durch "Mut zum Pathos" auszeichnet.