Bettina Greiner

Verdrängter Terror

Geschichte und Wahrnehmung sowjetischer Speziallager in Deutschland
Cover: Verdrängter Terror
Hamburger Edition, Hamburg 2010
ISBN 9783868542172
Gebunden, 510 Seiten, 35,00 EUR

Klappentext

Die vorliegende Studie handelt von Terror und Willkür und der Verdrängung dieser Erfahrungen: Mit Ende des Zweiten Weltkriegs richtete der sowjetische Geheimdienst in der SBZ und späteren DDR zehn Speziallager ein. Neben Nationalsozialisten unterschiedlicher Belastungsgrade wurden in ihnen Zehntausende festgehalten, denen "konterrevolutionäre Verbrechen" vorgeworfen wurden. Sie alle galten gleichermaßen als Feinde der Besatzungsmacht, die mehrheitlich ohne Gerichtsverfahren über Jahre weggesperrt wurden - schätzungsweise 154 000 Männer und Frauen, von denen etwa ein Drittel in der Haft verstarb. Bettina Greiner untersucht die noch heute weitgehend unbekannte Geschichte der Speziallager in drei Schritten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.08.2010

Bedeutend und erschütternd findet Rezensent Claus Leggewie diese Studie der Historikerin Bettina Greiner zu den sowjetischen Speziallagern von 1945 bis 1949. Exzellent nennt er diese Studie, der er entnimmt, dass 150.000 Menschen in den Lagern inhaftiert waren, die weniger der behaupteten Entnazifizierung dienten als vielmehr der Ausschaltung der eigenen politischen Gegner. Leggewie wundert sich, dass es so lange "inopportun" war, über diese Lager zu sprechen, ging in ihnen doch nahtlos der nationalsozialistische Terror in stalinistischen über. Da staunt man allerdings über Leggewies Staunen, denn in der gleichen Besprechung lobt er Christian Meiers Schrift über das Erinnern, die an der Singularität der nationalsozialistischen Verbrechen festhält und bei anderen Untaten auch mal für das Vergessen plädiert.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.06.2010

Einem lange Zeit kaum wissenschaftlich bearbeiteten Thema ist Bettina Greiners Studie "Verdrängter Terror" nachgegangen, wie Rezensent Rudolf Walther begrüßt. Belegt mit zahlreichen Quellen aus russischen und deutschen Archiven und vor allem mit Erinnerungsdokumenten ehemaliger Häftlinge zeichnet Greiner die Geschichte der Speziallager in der "sowjetisch besetzten Zone" nach. In den ehemaligen Konzentrationslagern wurden vom sowjetischen Militärtribunal Verurteilte, aber auch der Denunziation beschuldigte willkürlich Inhaftierte zwecks Entnazifizierung gefangen gehalten - so zumindest die kommunistische Propaganda. In ihrem Buch belege die Autorin aber "minutiös", dass weniger die Entnazifizierung als vielmehr die "sicherheitspolitischen Erwägungen und tagespolitische Opportunität" der Besatzungsmacht im Vordergund gestanden habe. Bei den 154000 Häftlingen seien zwar auch viele Nazis dabei gewesen, in der Regel sei aber willkürlich und aufgrund pauschaler Tatvorwürfe wie "kontrarevolutionäres Verhalten" verhaftet und verurteilt worden. Vor allem die Zustände in den Lagern seien von "Gleichgültigkeit" und "Schlamperei" geprägt worden: fast ein Drittel der Häftlinge starb an Hunger. Dieses gut geschriebene Buch müsse bald zum Standardwerk werden, so der Kritiker hoffnungsvoll.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.06.2010

Geschichtspolitisch relevant findet Karl Wilhelm Fricke die Studie der Historikerin Bettina Greiner. Auch wenn ihn Greiners Fazit, die russischen Speziallager in der sowjetischen Besatzungszone/DDR seien, bei allen Unterschieden zum Nationalsozialismus, nichts anderes gewesen als Konzentrationslager, nicht überrascht. Greiners fundierte, auf russischem Archivmaterial, auf Fachliteratur und "überkritisch" eingearbeiteten Erlebnisberichten basierende wissenschaftliche Untersuchung zerstört für ihn doch nachhaltig die "Entnazifizierungslegende". Die drei Teile des Bandes (Darstellung des Lagersystems, Haftmassnahmen, Hafterfahrungen) findet Fricke insgesamt akkurat erarbeitet und präsentiert.
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