Magazinrundschau

Ein Platschen im Südpazifik

Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
12.05.2020. Die New York Times erklärt, warum die Republikaner gegen Briefwahlen sind. Die New York Review of Books und The Nation tauchen ein in die Schule der Anthropologie Franz Boas. Der New Yorker beobachtet einen Milliardär auf dem Weg in den Tongagraben. In Eurozine erklärt der polnische Politikwissenschaftler Ernest Wyciszkiewicz, wie Russland versucht, Polen zu einem Haupttäter des Zweiten Weltkriegs umzuschreiben.

New York Times (USA), 10.05.2020

Ein Beitrag von Emily Bazelon im aktuellen Heft sieht die Wahl in den USA in Gefahr, weil Corona ganz neue Anforderungen stellt: Briefwahlen müssten überall ermöglicht werden, aber ihre Vorbereitung kostet viel Geld. Außerdem sind die Republikaner gegen Briefwahlen. Sie "fassen schon lange eine Erhöhung der Wahlbeteiligung als Bedrohung auf und arbeiten darauf hin, diese zu minimieren. ... 'Ich will nicht, dass alle wählen', sagte Paul Weyrich, der konservative Aktivist und Mitbegründer der Heritage Foundation, 1980 bei einem Treffen in Dallas. 'Tatsächlich nimmt unser Einfluss bei den Wahlen ganz offensichtlich zu, wenn die wahlberechtigte Bevölkerung abnimmt.'" In den 2000er Jahren machten es die Republikaner dann wo sie konnten immer schwieriger, sich zur Wahl anzumelden. 2013 entkernte zudem der Supreme Court eine Schlüsselbestimmung des Stimmrechtsgesetzes. Seitdem wurden landesweit mehr als 1.600 Wahllokale geschlossen, so Bazelon. "Im März kündigte Trump an, dass er sich gegen einen Antrag der Demokraten ausspricht, mindestens zwei Milliarden Dollar für die Wahlvorbereitung der Bundesstaaten in das zwei Billionen Dollar schwere Coronavirus-Hilfsgesetz aufzunehmen. Republikaner sprechen normalerweise nicht mehr so offen über die Unterdrückung der Wahlbeteiligung, wie es Paul Weyrich vor vierzig Jahren tat. Trump brach diese Regel, als er auf einer Pressekonferenz sagte, seine Partei würde verlieren, wenn mehr Menschen wählen würden. Die Vorschläge der Demokraten, sagte er, 'beinhalteten Dinge - Abstimmungsniveaus, die, wenn man ihnen jemals zustimmen würde, dazu führen würden, dass nie wieder ein Republikaner in diesem Land gewählt würde'."

Außerdem: Taffy Brodesser-Akner besucht den unglaublichen Val Kilmer in seinem eigenen Museum in Los Angeles. Und Molly Young erklärt, wie man gepflegt den Verstand verliert in der Quarantäne.
Archiv: New York Times

La regle du jeu (Frankreich), 08.05.2020

Colin van Heezik hat irgendwo in Florida ("wo die Ferienhäuser aussehen wie in der Sonne zerlaufene Kuchen") Ben Ferencz besucht. Ferencz ist heute hundert Jahre alt und macht täglich hundert Kniebeugen. Mit 27 Jahren war er der jüngste Staatsanwalt bei den Nürnberger Prozessen. Im Gespräch erklärt er, wie er entdeckte, was die "Einsatzgruppen" waren: "Aufgabe der Einsatzgruppen war es, jeden Juden, den sie fanden - Mann, Frau, Kind -, zu eliminieren. Ebenso sollten sie mit Sinti und Roma und anderen angeblichen Feinden des Reichs verfahren. Und das haben sie gemacht. Jeden Tag haben sie einen Bericht geschrieben, den sie nach Berlin schickten. Als junger Rechercheur für das Nürnberger Gericht bin ich auf diese Berichte gestoßen. Ich habe meinen Rechenmaschine genommen: 30.000 Morde an diesem Tag, 46.000 am nächsten... Ich habe zusammengezählt. Als ich bei einer Million angekommen war, habe ich mir gesagt, das reicht. Bis dahin war für die Einsatzgruppen kein eigenes Verfahren vorgesehen. Aber ich bin mit meinen Beweisen zu Telford Taylor gegangen, dem von Präsident Truman ernannten Generalstaatsanwalt, und habe ihm gesagt: 'Wir müssen dafür eine eigenes Verfahren einrichten.' Taylor hat gesagt: 'Ok, leg los.' Es war mein erster Fall. Ich hatte vorher nie einen Fuß in einen Gerichtssaal gesetzt!" Ferencz gehörte nach dem Krieg zu den Pionieren, die eine internationale Strafgerichtsbarkeit aufbauten. Überschrift des Gesprächs: "Ich habe keine Zeit zu sterben."
Archiv: La regle du jeu

New York Review of Books (USA), 28.05.2020

Mehrere Bücher sind jüngst über Franz Boas und die von ihm gegründete Schule der Anthropologie erschienen, zu der Margaret Mead, Zora Neale Hurston und Ruth Benedict (also nebenbei eine Menge Frauen) gehörten. Boas, der in Deutschland aufgewachsen war und in Heidelberg und Kiel studiert hatte, bevor er 1886 nach Amerika ging, und schließlich an der Columbia University lehrte, hat zwar noch im Auftrag der amerikanischen Regierung Schädel vermessen, um rassische Differenzen zu sondieren - aber er war einer der ersten, der die komplette Fruchtlosigkeit solcher Studien erkannte und sich gegen einen "wissenschaftlichen" Rassismus wandte. Kwame Anthony Appiah bespricht drei Bücher über Boas und seine Schule, darunter ist das wichtigste, Charles Kings "Gods of the Upper Air - How a Circle of Renegade Anthropologists Reinvented Race, Sex, and Gender in the Twentieth Century", schon auf Deutsch erhältlich. Er schildert Boas' heroischsten Moment: "Im Jahr 1925, nachdem der Johnson-Reed Act eine Beschränkung 'nicht nordischer' Immigration verfügt hatte, veröffentlichten Boas und einige seiner Schüler - darunter Melville Herskovits und Edward Sapir - eine Serie kraftvoller Essays in The Nation, in denen sie den wissenschaftlichen Rassismus entlarvten und kritisierten. Diese Interventionen veränderten das intellektuelle Klima. Thomas F. Gossett übertrieb in seiner klassischen Studie "Race - The History of an Idea in America" (1963) nicht, als er schrieb: 'Das wichtigste Ereignis, das sich der Flut des Rassismus in den zwanziger Jahren entgegenstellte, war ein Mann, der ruhig fragte, wo denn der Beweis sei, dass 'Rasse' Mentalität und Temperament festlegt."

Kings Buch wird zeitgleich auch von Jennifer Wilson in The Nation besprochen, für die Boas' und Meads Anthropologie leider eine kulturalistische Kehrseite hat: "Auch wenn ihre Befunde als revolutionär gelten - sowohl für die Sozialwissenschaften als auch für das allgemeine Publikum - sie legten doch die Basis für einen neuen, linksliberalen Rassismus, der mehr auf kulturelle als auf physiologischen Differenzen basierte."

Eurozine (Österreich), 11.05.2020

Zu Beginn des Jahres hielt Wladimir Putin einige einschlägige historische Reden, etwa am Holocaust-Gedenktag, in denen er Polen eine Mitschuld gab am Zweiten Weltkrieg und den Hitler-Stalin-Pakt zu einer Angelegenheit russischer Selbstverteidigung umdeutete. Im Interview mit New Eastern Europe sieht der polnische Politikwissenschaftler Ernest Wyciszkiewicz darin einen weiteren Versuch, einen Keil zwischen die EU und Polen zu treiben, jetzt wo die Warschauer Regierung im Rest Europas eh nicht besonders viel Ansehen genießt: "Aus Russlands Sicht ist Polen nicht dankbar genug für die Beendigung der deutschen Besatzung durch die Rote Armee. Wir sehen den Tag des Sieges, den 9. Mai, nicht im selben positiven Licht wie die Sowjets es in der Vergangenheit taten oder der russische Staat es heute tut. Für die Polen war das Ende des Zweiten Weltkriegs natürlich eine Befreiung von der Nazi-Besatzung. Aber das brachte uns keine Freiheit. Indem immer wieder die Bedeutung betont wird, die der sowjetische Beitrag zum Sieg über Nazi-Deutschland hatte, wird die Frage, welche Rolle die UdSSR zu Beginn des Krieges spielte, ausgeblendet. In Wahrheit erlebte Polen zwei Besatzungen: die deutsche im Westen und die sowjetische im Osten. Russland hat beschlossen, diese unangenehme Tatsache herunterzuspielen und den Fokus auf die frühen dreißiger Jahre zu legen: die Kooperation westlicher Mächte mit Hitler, das Münchner Abkommen von 1938 und Polens berüchtigte Annexion eines kleinen Teils der Tschechoslowakei. Das ist der Versuch, das Opfer des Krieges in einen Haupttäter zu verwandeln."
Archiv: Eurozine

New Statesman (UK), 11.05.2020

Kann sich Britannien neu erfinden? Vielleicht als dezentralisierter Staat? Für Paul Collier zeigt die Coronakrise die Nachteile eines Landes, das ganz auf seine Hauptstadt zugeschnitten ist: "Das Versäumnis, Coronatests in großem Umfang zur Verfügung zu stellen, hat vor allen einen Grund: unser nationales Testzentrum, das Public Health England untersteht und das vor allem seinem Instinkt folgt, sein Monopol zu wahren. Das ist angeblich von der Wissenschaft gedeckt, aber tatsächlich ein Beispiel für interessegeleitetes Denken: Menschen überzeugen sich von dem, was am besten für sie selbst ist. Die Wissenschaftler dort wollten den perfekten Test entwickeln, und um das zu erreichen, zielten sie darauf, alle anderen Organisationen daran zu hindern, eigene Tests zu entwickeln oder sie durchzuführen. Dabei hat Britannien ein hervorragendes Netzwerk an Universitäten mit Abteilungen, die für beides bestens ausgestattet sind - sie wollten auch, bekamen aber keine Erlaubnis. Der peinliche Vergleich dazu ist Deutschland: Eben weil das Land keine zentralisierte Testbehörde hat, konnte es so schnell seine Kapazitäten hochfahren, keine Institution beharrte auf ihrem Monopol. Immer wieder wird bei uns der Geist von Dünkirchen beschworen, was uns offenbar sagen soll, dass wir da zusammen durch müssen. Aber die wahre Lektion von Dünkirchen ist, dass die Monopole des zentralisierten Staates unsere Armee nicht von den französischen Stränden retten konnten. Das gelang erst, als Churchill in seiner Verzweiflung die Aufgabe an Freiwillige übergab."

Weiteres: John Burnside betrachtet die Hirsche vor seinem Fenster. Der mit Boris Johnson zu neuen konservativen Höhen schwebende John Gray entdeckt jetzt für sich Machiavelli und die Einsicht, dass es einen Staat ruinieren würde, wenn seine führende Köpfe christliche Tugenden befolgen.
Archiv: New Statesman

Novinky.cz (Tschechien), 06.05.2020

Klára Vlasáková unterhält sich mit dem kanadisch-amerikanischen Historiker James Krapfl (Autor des Buchs "Revolution with a Human Face. Politics, Culture and Community in Czechoslovakia, 1989-1992") über die Samtene Revolution und ihre Nachwirkungen auf die tschechische Gegenwart. Krapfl bedauert, dass bei Gedenkfeierlichkeiten fast überall nur das Bild Václav Havels zu sehen sei und nicht die streikenden und demonstrierenden Studenten und normalen Leute. Deren Engagement, auch in der Provinz, werde zu sehr vernachlässigt. "Wenn wir die Demokratie bewahren wollen, müssen wir wissen, woraus und wie sie entstanden ist, wie das alles funktioniert. Alle gegenwärtigen Institutionen ziehen ihre Legitimität aus den Revolutionserfahrungen von 1989. Und: In einer Demokratie sind das Wichtigste die Bürger. Verlieren sie das Interesse an der Politik und der Möglichkeit, sie zu beeinflussen, können wir nicht mehr von einer Demokratie sprechen. (…) Meiner Meinung nach wird zu häufig vergessen, dass in den Umbruchsjahren 1989/1990 den Führungskräften in den Unternehmen das Vertrauen oder Misstrauen ausgesprochen wurde. Denn so verstanden die Leute damals die Demokratie: als Möglichkeit, den eigenen Arbeitsplatz direkt zu beeinflussen. Dieses Phänomen würde unbedingt eine eigene Studie verdienen - auch mit Einbeziehung des Jahres 1968. Was die persönlichen Beziehungen betrifft, so sprachen die Menschen damals von einer neuen Gesellschaft, von einem neuen Zugang zueinander. Sie scheuten sich nicht, das Wort 'Liebe' zu verwenden, und wünschten sich, die Gesellschaft möge darauf aufbauen. Menschlichkeit wurde zu einem zentralen Ideal. Daran besonders gilt es sich zu erinnern in einer Zeit, in der wir von der Diktatur der Algorithmen umgeben sind. Unsere Handys sehen voraus, was wir uns wünschen, und teilen uns die entsprechenden Informationen zu. Dadurch, dass uns Systeme, die wir selbst geschaffen haben, zum Wahrscheinlichsten drängen, verlieren wir die menschliche Vielfalt, die Biodiversität. Auch davor hat übrigens Václav Haval in 'Versuch, in der Wahrheit zu leben' gewarnt."
Archiv: Novinky.cz

Merkur (Deutschland), 01.05.2020

Warum diskutieren wir darüber, wenn Katy Perry und Kim Kardashian ihre Haare in Braids oder Cornrows tragen, aber nicht, wenn sich David Beckham oder Lars Eidinger die Fingernägel lackieren?, fragt Heide Volkening in ihrer Popkolumne und diskutiert das Konzept der kulturellen Aneignung im Pop mit Blick auf Judith Butlers "Unbehagen der Geschlechter", das ja gerade wesenhafte Differenzen ablehnte, weil sie auf auf diskriminierenden Strukturen beruhten: "Das ökonomische Szenario reicht nicht als Erklärung, auch David Beckham und Lars Eidinger verdienen gutes Geld mit der Inszenierung einer ehemals 'metrosexuell' genannten Form von Männlichkeit. Zweitens ist auch das Konzept der geschlechtlichen Parodie bei Butler etwas anderes als ein Kleidertausch, also eine Aneignung von Zeichen im Sinne der Kostümierung. Zu fragen wäre, ob Formen des racial drag in der Fankultur, ob Verkörperungen des Anderen durch Frisur, Musikvorlieben oder Kleidungsstile nicht ähnlich wie Gender-Aneignungen als fantasmatische Identifikationen verstanden werden können, die über karnevaleske Verkleidungen hinausgehen. Womöglich lässt sich sogar noch in den stereotypisierten Kostümen des Karnevals eine vergleichbare Form der Identifikation beobachten."

Christian Demand untersucht Distinktionsstrategien im modernen Wohnen, für die Schlichtheit und Strenge noch immer unüberbietbar sind: "An das dignifizierende Potenzial derartiger Rangzuschreibungen schließen insbesondere die Wohn- und Wohnbegleitindustrien für ökonomisch Bessergestellte an, deren Rauminszenierungen selten sybaritische Opulenz zelebrieren. In der Mehrzahl der Fälle setzen sie vielmehr auf die edle Entrücktheit vollendeter Reduktion. Von der Immobilienwerbung über die internationalen Design- und Lifestylemagazine bis hin zum Coffee-Table-Architekturbuchmarkt ist die visuelle Standardformel dafür seit gut dreißig Jahren im Wesentlichen dieselbe: ein urbaner, an die 'geadelte Sachlichkeit' der Avantgardearchitektur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts angelehnter, formstrenger, farbarmer, weiträumiger Minimalismus." (Aber nein, farbarm wohnt man oft nur noch im risikoscheuen Deutschland! Hier die colori pareti 2020 und die colori primari)
Archiv: Merkur

Elet es Irodalom (Ungarn), 08.05.2020

Der Schriftsteller László Csabai spricht im Interview mit Zsolt Kácsor über seine Inspirationsquellen: "Ich betrachte mich als Ost-Mitteleuropäer zu betrachten, denn Ungarn ist nicht Osteuropa, sondern Mitteleuropas Osten. (…) Diese Umgebung bietet sich so sehr an, dass ich nie nach einem Thema suchen muss. Die Ideen strömen mir nur so zu. Die Familiengeschichte ist ebenso voll von Geschichten über Armut, Entbehrung, Krieg aber auch freudvollen Dingen. Somit führt mich nicht irgendein schriftstellerischer Patriotismus, sondern diese Sphäre umgibt mich einfach, dies ist meine Welt, also schreibe ich darüber. (…) Es werden immer mehr Geschichten mit Lebensgeruch, immer weniger Politik, Ideologie und überhaupt: weniger schriftstellerisches Grübeln und Philosophieren. Wenn jedoch der Leser durch meine Bücher auf Gedanken gebracht wird, dagegen habe ich nichts. Das höre ich mir auch gerne an. Vielleicht lerne ich etwas über mein eigenes Werk. Was übrigens nicht selten passiert."

New Yorker (USA), 18.05.2020

Für die neue Ausgabe geht Ben Taub auf Tauchstation, um einem der letzten großen Rekorde beizuwohnen, dem Abtauchen eines Menschen (in diesem Fall des Milliardärs Victor Vescovo in einer schicken Titaniumkapsel) bis auf den Grund des Tongagrabens in über 10 Kilometer Tiefe, zu einem der tiefsten Punkte des Meeres: "Der Meeresspiegel, dauernd im Fluss. Auf der Oberfläche des Ozeans gibt es einen winzigen Bereich zwischen Himmel und Meer, der mal beides ist, mal keins von beidem. Jede Lebensform, die wir kennen, existiert in Relation zu diesem Bereich. Darüber: die Welt des Erdbodens, der Luft, der Lunge und des Sonnenlichts. Darunter: die Welt des Wassers, der Tiefe und des Drucks. Je tiefer du gehst, desto dunkler, feindseliger, unbekannter, unermesslicher. Ein Platschen im Südpazifik im vergangenen Juni markierte einen historischen Aufbruch in diese Welt. Ein Kran ließ ein kleines weißes Unterseeboot von einem Schiff ins Wasser plumpsen. Einen Moment dümpelte es still an der Oberfläche, sein Auftrieb genau an das Gewicht des einzigen Piloten angepasst. Der Pilot legte den Schalter um und das Boot gab ein hohes Surren von sich. E-Pumpen saugten Wasser in einen Tank und drückten das Boot unter Wasser. Die Oberfläche schäumte, als das Wasser eingesaugt wurde, dann Stille, das Boot glitt unter die Wasseroberfläche. Die meisten Unterseeboote gehen einige hundert Meter in die Tiefe, dann fahren sie in der Waagerechten, das hier wurde gemacht, um wie ein Stein zu sinken. Es hat die Form einer prall gefüllten Aktentasche mit einer hervorschauenden Birne am Boden, die Druckkapsel aus Titan, fünf Fuß Durchmesser, abgeschottet vom Rest des Schiffs, die Pilotenkapsel. Unter dem Sitz befand sich ein Tunfischsandwich, das Mittagessen des Piloten. Er blickte aus einem der Viewports ins Blau. Bis zum Grund würde es vier Stunden dauern … Das Boot berührte den Boden und der Pilot, ein 53-jähriger Texaner namens Victor Vescovo, war das erste Lebewesen aus Blut und Knochen am tiefsten Punkt des Tongagrabens."

Außerdem: Alex Ross porträtiert den Pianisten Igor Levit. Thomas Meaney stellt ein neues Buch vor, das den - eigentlich längst entzauberten - Mythos Henry Kissinger noch einmal entzaubern will. Jia Tolentino überlegt, ob uns gegenseitige Hilfe als positiver Effekt von Corona erhalten bleibt. Und Peter Schjeldahl sah im Moma die Dorothea-Lange- und die Felix-Fénéon-Ausstellungen.
Archiv: New Yorker