Jörg Friedrich

Yalu

An den Ufern des dritten Weltkriegs
Cover: Yalu
Propyläen Verlag, Berlin 2007
ISBN 9783549073384
Gebunden, 624 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Jörg Friedrich, bekannt für unorthodoxe Fragen an die Geschichte, wagt einen neuen, verstörenden Blick auf die Epoche des Zweiten Weltkriegs und des nachfolgenden Kalten Krieges, in der die Weichen für die Gegenwart gestellt wurden. Nicht der europäische Kriegsschauplatz steht im Fokus von Friedrichs Betrachtung, sondern die östliche Hemisphäre, wo Russland, China und Japan, England, Holland und Frankreich, Indien, Indonesien und die USA zwischen Boxeraufstand und Koreakrieg einen Dauerfeldzug um Hegemonie führten. Dort ging es nicht um Schurken und Befreier, sondern um angemaßte Fremdherrschaft und die Auflehnung dagegen. Niemand hielt den Westen für den Heilsbringer. Vielmehr stellt sich aus dieser Perspektive das Kriegsgeschehen in Europa als blinde Selbstzerfleischung einer im Niedergang begriffenen Zivilisation dar, der mit ihren Genoziden und Despotien, ihrem Kolonial- und Rassendünkel, aber auch mit ihren ausgefeilten Massenvernichtungstechniken die Kontrolle über sich und den Rest der Menschheit entgleitet, materiell wie moralisch.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.02.2008

Wenig hält Rezensent Rudolf Walther von Jörg Friedrichs Buch über den Korea-Krieg. Das findet er umso bedauerlicher, als aus seiner Sicht ein solches Buch eigentlich nötig wäre, um an diesem blutigen Konflikt noch einmal den Übergang vom Ende des Zweiten Weltkrieges in den Kalten Krieg auszudeuten. Doch Walthers Eindruck zufolge ist Friedrich gar nicht an Darstellung und Analyse des Geschehens selbst interessiert, sondern lediglich an dessen selbstverliebter Dramatisierung durch die Poetisierung des Schreckens und eine symbolische Aufladung der Fakten. Besonders die Verzierung von brutalem Kriegsgeschehen mit "Metaphern von zweifelhaftem ästhetischem Geschmack" stoßen dem Rezensenten immer wieder überaus unangenehm auf, ebenso der "frivole Zynismus" mancher Beschreibung. Im Übrigen wirft Walther Friedrich vor, wichtige Publikationen zum Thema unberücksichtigt zu lassen und sich stattdessen lieber auf "anekdotische Kriegsveteranen-Literatur" zu stützen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.01.2008

Jörg Fisch zeigt sich von Jörg Friedrichs Buch über den Korea-Krieg sehr beeindruckt und meint, dass sich Friedrich darin gegenüber seinem Buch zum Bombenkrieg "Der Brand" als Geschichtsschreiber noch gesteigert habe. Friedrich zeichne die USA und die Sowjetunion als die Hauptakteure des Konflikts und lege äußerst genau die herrschende Machtverteilung dar, lobt der Rezensent, der das Geschick, mit dem der Autor die "strukturelle und die personelle Ebene" miteinander verbindet, sehr bewundert. Großartig dargestellt findet Fisch auch Stalin und Mao, und wenn er sich auch vorstellen kann, dass die spürbare Würdigung von Stalins strategischer Geschicklichkeit auch Widerspruch erregen könnte, so betont der Rezensent zustimmend, dass Friedrich es nicht versäumt, den beispiellosen Terror, mit dem der Diktator herrschte, angemessen herauszustreichen. Wenn Fisch auch einräumt, dass der Autor mitunter allzu detailverliebt die militärischen Feinheiten des Krieges herausarbeitet, preist er die Darstellung begeistert als stilistisch beeindruckend. Bei allem Interesse für die militärischen Operationen sei Friedrichs Bemühen um mitunter schockierende Prägnanz zu spüren, und es gelinge ihm hervorragend, den "Krieg in die zivile Sprache" zu übertragen und so ohne moralischen Zeigefinger als mörderisches Geschäft zu entlarven, so der Rezensent anerkennend.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.01.2008

Rezensent Rolf Steininger stellt unmissverständlich klar, dass er mit solcher Art "Erzählkunst", wie sie Jörg Friedrich in seinem jüngsten Buch über den Korea-Krieg pflegt, absolut nichts anfangen kann. Weder stimme es, wie der Klappentext zu diesem Buch behaupte, dass der Autor sich eines vergessenen Themas annehme noch biete er einen neuen Blickwinkel, meint der Rezensent, für den es sich hier lediglich um alten Wein in neuen Schläuchen handelt. Über den gedrechselten Stil Friedrichs dagegen kann er sich herrlich aufregen, und er zitiert ausgiebig aus mal biblisch wuchtigen, mal blumigen Formulierungen. Unterm Strich bietet Friedrich im ersten Teil seines Buches einen - in allen Details bekannten - Überblick über den Kalten Krieg, dann eine Geschichte des Korea-Krieges auf 300 Seiten, die für Steininger auch nichts Neues bringt, deren Stil ihn aber auf die Palme jagt, und schließlich einen Abriss der Jahre 1953 bis 1955, die Steiniger unverständlich knapp findet. Der Rezensent lässt keinen Zweifel an seinem Ärger über dieses Buch, dem er zudem einige Fehler nachweist, und er meint angesichts der angekündigten Fortsetzung lediglich trocken, die könne ja dann "nur besser werden".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.12.2007

Rezensent Thomas Krüger kann Jörg Friedrichs Analyse des Koreakriegs - er sieht in ihm den Ausgangspunkt einer bis heute wirkenden Weltordnung, als "erste Phase des Kalten Kriegs in Fernost" - ganz und gar nichts abgewinnen. Sie ist ihm einen glatten Verriss wert und das Unbehagen, das die Lektüre bei ihm auslöst, ist offensichtlich. Für den ächzenden Krüger ist es ein "hurtig durchlektoriertes Hybridprodukt aus der Feder eines sendungsbewussten Populärhistorikers", ein "Scholl-Latour-deforce'sches Raunen" gespickt mit Sun-Tse-Zitaten und "Landserwelsch". Friedrichs offensichtliches Ziel, das "westliche Selbstverständnis von Kriegen des Guten gegen das Böse als Ausdruck reinster Machtinteressen zu entlarven", ist jedenfalls gehörig gescheitert.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.12.2007

Für den reinsten "Hohltransport" hält Franziska Augstein dieses Buch Jörg Friedrichs über den Koreakrieg, der ihrer Ansicht nach ein "faszinierend schreckliches" Kapitel in der Geschichte des 20. Jahrhunderts war. Viel hätte der Autor also aus seinem Sujet machen können, aus der militärischen Hybris des Oberkommandierenden MacArthur sowie "Trumans innenpolitischen Kalamitäten, Stalins Schlauheit, Maos menschenverachtender Kaltblütigkeit". Doch Friedrich macht es nicht. Wie die Rezensentin feststellt, will er nicht erzählen, nicht erklären, sondern nur apokalyptische Bilder "evozieren". Doch nicht einmal dies gelinge ihm, seine Sprache erinnere mehr an Trappatoni als an Stefan George, spottet die Rezensentin, die neben anderen vermurksten Sätzen auch diesen aus Friedrichs Buch zitiert: "Die Expansion in Scheiben muss die Schwelle erkennen, wo der Krieg wartet."
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 06.12.2007

Als "beeindruckendes Panorama" voller eigenwilliger Fragen und überraschender Antworten lobt Rezensent Bernd Greiner Jörg Friedrichs Buch zum Koreakrieg, das ihn außerdem als "Kompendium aktuellen Wissens" beeindruckt hat. Auch Friedrichs Darstellung der komplexen Gemengelage zwischen Korea, China, den USA und der Sowjetunion fesselt den Rezensenten durch ungewöhnliche Perspektiven. Zwar mag Greiner dem Autor nicht in all seinen Analysen folgen, lobt aber das Buch immer wieder als anregenden Stoff für Diskussionen. Kritisch bewertet er nur Friedrichs Hang zur suggestiven Formulierung, die ihn schon bei seinem umstrittenen Bombenkriegsbuch "Der Brand" störten. Hier führt aus seiner Sicht Friedrichs Leidenschaft für knackige Formulierungen gelegentlich auch inhaltlich in die Irre.