Zum 50. Jahrestag des ungarischen Volksaufstandes von 1956 sind unveröffentlichte Archivmaterialien erschienen.
Andreas Oplatka,
Historiker und ehemaliger Redakteur der
Neuen Zürcher Zeitung,
analysiert die Tagebücher des inhaftierten
Anführers Imre Nagy. Er sei auch nach dem Aufstand ein Kommunist geblieben, aber "seltsamerweise waren seine Ansichten auch mit Standpunkten vereinbar wie: Die
bedingungslose Treue zur Sowjetunion ist kein Prüfstein der Politik eines sozialistischen Landes. Der
echte Internationalismus des Proletariats bedeutet Gleichrangigkeit, nicht demütige Dienerschaft gegenüber Moskau.
Mehrparteiensystem und Sozialismus sind kompatibel. Nagy betonte, dass das Volk die
Neutralität Ungarns fordere - auch das war mit seinen kommunistischen Ansichten vereinbar. Der Warschauer Pakt, aus dem Ungarn am 1. November 1956 austrat, war für ihn grundsätzlich negativ, ein Instrument der Blockpolitik. Die Revolution sei der Unabhängigkeitskampf eines gekränkten Volkes gewesen, das vom chauvinistischen russischen Imperialismus niedergeschlagen worden sei. Noch einmal: War er wirklich ein Kommunist?"