Intervention

Das Schwarze sind immer noch die Buchstaben

Von Peter Mathews
07.08.2020. Eine Lesung der Autorin Lisa Eckhart wurde von der Leitung des  Hamburger "Harbour Front Literaturfestivals" nach Drohungen von Extremisten abgesagt. Das ist nicht hinnehmbar. Eine offene Gesellschaft braucht den offenen Streit. Wer mit Gewalt droht, dem fehlen offenbar die Argumente. Aufruf an die Mitwirkenden, Autorinnen und  Autoren, des "Harbour Front Literaturfestival", sich mit Eckhart zu solidarisieren.
Liebe / lieber Kollegin, Kollege,

Nana Kwame Adjei-Brenyah, Max Andrzejewski, Barbara Auer, Petra Bamberger, Jean-Luc Bannalec, Digger Barnes, Adam Baron, Christian Baron, Pablo Barragán, Dominik Barta, Felix Bayer, Lina Beckmann, Stephan Benson, Adam Benzwi, Christian Berkel, Kristine Bilkau, Bov Bjerg, Kirsten Boie, Alex Brendemühl, Carsten Brosda, Simone Buchholz, Nora Buschmann, Böttcher, André, Jens Büchsenmann, Jan Bürger, Campino, Laura de Weck, Roger de Weck, Franz Dobler, Ksenia  Dubrovskaya, Sebastian Dunkelberg, Tommi Eckart, Lisa Eckhart, Jan Ehlert, Jonas Eika, Stefanie Ericke-Keidtel, Elena  Ferrante (nicht anwesend), Sebastian Fitzek, Daniela Frank-Muntean, Natascha Geier, Chilly Gonzales, Julian Greis, Katharina Greve, Olga Grjasnowa, Leon Gurvitch, Daniel Haas, Nikolaus Hansen, Helene Hegemann, Dora Heldt, Inga Humpe, Katrin Hörnlein, Charly Hübner, Yogi Jockusch, Kalle Kalima, Wladimir Kaminer, Bas Kast, Hasnain Kazim, Navid Kermani, Verena Keßler, Carmen Korn, Olena Kushpler, Olaf Kühl, Brigitte Landes, Michael Langer, Ben Lerner, Eugene Lifschitz, Stephan Lohr, Verena Lueken, Paul Maar, Katharina Mahrenholtz, Ijoma Mangold, Eva Mattes, Colum McCann, Daniel Mellem, Wim Mertens, Joachim Meyerhoff, Ada Milea, Nils Mohl, Herta Müller, Ulrich Noethen, Sophie Passmann, Jan Plewka, Oliver Potratz, Richard David Precht, Maximilian Probst, Benjamin Quaderer, Pencil Quincy, R. T. Acron alias Frank Maria Reifenberg, Leif Randt, Sascha Reh, Achim Reichel, Berry Sarluis, Rocko Schamoni, Jessica Schlage, Johannes Schleiermacher, Marco Schmedtje, Elise Schmit, Elke Schmitter, Meike Schnitzler, Joachim Scholl, Anouk Schollähn, Pascal Schumacher, Peter Schössow, Etta Scollo, Robert Swethaler, Marco Seiffert, Saša Stanišić, Janna Steenfatt, Andreas Steinhöfel, Sebastian Stuertz, Uwe Timm, Szczepan Twardoch, Joke van Leeuwen, Willy Vlautin, Ferdinand von Schirach, Nora Wagener, Volker Weidermann, Sarah Welk, Angela Winkler, Gala Othero Winter, Youn, William, Ingo Zamperoni, Peter Zantingh,

unsere Kollegin Lisa Eckhart wurde eingeladen, auf dem "Harbour Front Literaturfestival" in Hamburg mit ihren ersten Roman "Omama" am Debütantenwettbewerb um den "Michael-Kühne-Preis" teilzunehmen.

Die acht Lesungen des Wettbewerbs sollten im "Nochtspeicher", einem Veranstaltungsort auf St.Pauli,  stattfinden. Aufgrund von Drohungen nicht näher bezeichneter "linker Kreise" wurde Eckharts Lesung am 14. September abgesagt.  (Mehr dazu hier.)

Die Festivalleitung hat die Autorin ausgeladen, weil die Sicherheit des Publikums und der Künstlerin nicht gewährleistet werden könne. Welche Gründe die Jakobiner vom sogenannten schwarzen Block anführen mögen, ist zunächst einmal egal. Es geht um Herrschaft weniger über Orte und Worte, es geht offenbar um die Deutungsmacht, was diese Leute meinen,  in der Stadt  gesagt werden darf.
 
Das ist nicht hinnehmbar. Eine offene Gesellschaft braucht den offenen Streit. Wer mit Gewalt droht, dem fehlen offenbar die Argumente.

Wir müssen uns an den Satz erinnern, der Voltaire zugeschrieben wird:  "Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst."

Wenn der "Nochtspeicher" sich nicht in der Lage sieht, die Freiheit der Kunst und die Sicherheit der Autorin wie der Festivalbesucher gewährleisten zu können, dann ist das der falsche Ort und der falsche Veranstalter. Dann muss die Festivalleitung reagieren - zum Schutz die Polizei rufen - oder alle Veranstaltungen von dort an einen anderen Ort verlegen. Wenn die Festivalleitung meint, sie müsse gleiche Bedingungen für alle Debütanten schaffen, dann soll sie einen anderen, sicheren Ort oder eine andere Art des Wettbewerbs organisieren.
 
Es geht nicht an, dass die anonymen Agenten einer selbsternannten Ochlokratie (Herrschaft des Pöbels) das Programm eines Literaturfestivals bestimmen.

Ich rufe deshalb Euch, die Autorinnen und Autoren des Festivals persönlich auf, diese Art der Unterwerfung zu verhindern und sich mit Lisa Eckhart zu solidarisieren.

Wehrt Euch für Euch. Heute ist es Lisa Eckhart, morgen vielleicht eine andere Kollegin oder Kollege, morgen ihr, denen das Wort entzogen werden soll. Das Schwarze sind immer noch die Buchstaben, nicht diese Blockflöten.

Mit besten Grüßen

Peter Mathews, Autor, Hamburg

Nicht Plocho-, sondern Ochlokratie - danke für die Hinweise auf den Fehler (D.Red..), 10. August