Efeu - Die Kulturrundschau - Archiv

Design und Mode

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Efeu - Die Kulturrundschau vom 15.03.2024 - Design

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Ulf Poschardt schreibt in der Welt einen schwärmerischen Nachruf auf den Autodesigner Marcello Gandini, der einst - "als der Westen Träume hatte" - mit seinem Lamborghini Miura in Sachen Schönheit dem Ferrari Konkurrenz machte, "aber anders als die Renaissance-Schönheiten von Pininfarina eine aufreizende, ja laszive Formsprache hatte. ... Gandini schuf Träume einer besseren, schöneren Welt. Eine Welt, in der Träume, nicht Lebenslügen, den Takt der Modernisierung vorgaben. ...  Wer ein aktuelles Lastenfahrrad neben einen Miura stellt, weiß, dass wir kulturell auf einem morschen, absteigenden Ast sind. Wir transformieren uns in eine ästhetische Hölle."

In der Berliner Zeitung stellt Manuel Almeida Vergara das Werk der in Auschwitz ermordeten Bauhäuslerin Otti Berger vor, über die gerade ein Buch erschienen ist: "Otti Berger. Weaving for Modernist Architecture", herausgegeben von Esther Cleven und Judith Raum. "Anders als viele ihrer berühmten Bauhaus-Kolleginnen, Anni Albers und Gunta Stölzl allen voran, entwarf Berger eben keine farb- und formenstarken Wandbehänge, keine opulent dekorierten Teppiche - keine textilen Kunstwerke. Stattdessen: schlichte Stoffe, allenfalls in Streifen oder Karos gemustert, zweckdienlich, funktional. Und vor allen Dingen industriell reproduzierbar. 'Berger war eine experimentierfreudige Gestalterin, die ihre Materialien kontinuierlich getestet hat unter dem Gesichtspunkt industrieller Produktionsprozesse einerseits und der Nutzungsbedürfnisse andererseits', sagt Esther Cleven. 'Diese beratende und stellvertretende Position einzunehmen, ist ja letztlich die Grundhaltung einer modernen Designerin.'"

Efeu - Die Kulturrundschau vom 11.03.2024 - Design

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Carmen Böker resümiert für Zeit Online die Abendgarderobe, die bei der Oscar-Verleihung zur Schau gestellt wurde. Die meisten finden unter ihrem erbarmungslosen Blick keine Gnade: "Der halblange Tüllrüschenrock, den die Schauspielerin Erika Alexander über das bodenlange Grundmodell gezogen hatte (Ensemble vom Christian Siriano), darf bitte ruhig im Siebzigerjahre-Badezimmer hängen bleiben. Leider könnte das blassgraue, schulterfreie Kleid ihrer Kollegin Anya Taylor Joy (Dior Haute Couture) bei stilempfindlichen Minimalisten ähnliche Zeitreisereflexe auslösen: Das ging deutlich Richtung Belle Époque, der Rock kompliziert gefügt aus sich überlappenden Schabracken, deren Paillettenmuster an Korbmaranten erinnerte. Relativ eskapistisch auch die Wahl der Sängerin Ariana Grande: Deren - wir suchen noch nach dem richtigen Wort, Kleid fühlt sich zu klein an - Hommage an die Gute Hexe des Südens aus dem 'Zauberer von Oz' ließ viele Zuschauerinnen vermuten, sie habe halt unbedingt mit ihrer Daunendecke ausgehen wollen." Besser beraten, wer da zum zeitlosen klassischen Schwarz griff, etwa Sandra Hüller, "deren preiswürdiges Schiaparelli-Modell seitlich Flügel ausbreitete - ein Kleid, das sich seinen Platz verschafft und die entblößten Schultern nicht zart und nackt aussehen lässt, sondern stark."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 06.03.2024 - Design

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Stephanie Caminada schreibt in der NZZ einen Nachruf auf die Modeikone und passionierte Exzentrikerin Iris Apfel, die im stolzen Alter von 102 Jahren gestorben ist. Mit ihren extravaganten Kostümierungen brach sie jede Vorstellung davon, wie man sich im Alter geben müsse: "Statt monotone Grau- und Brauntöne trug sie Kontraste, leuchtend gelben Tüll, feurig rote Mäntel und knallig pinke Federboas. Statt mit dezentem Goldschmuck schmückte sie sich mit Unmengen an überdimensionalen Perlenketten, klappernden Armreifen und einer auffälligen Eulenbrille. Statt auf Zurückhaltung setzte sie auf Maximalismus. Ihr Motto: 'More is more and less is a bore.' ... Sie setzte ein Statement gegen Vergänglichkeit und für Individualität. Die Menschen waren ihr zu sehr auf Gleichklang getrimmt, wie sie sagte. 'Alles ist homogenisiert. Das hasse ich.' Dazu gab sie immer wieder Lebensweisheiten zum Besten. 'Farben können Tote wieder zum Leben erwecken' war eine davon."
Stichwörter: Apfel, Iris

Efeu - Die Kulturrundschau vom 02.03.2024 - Design

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Dank der ihrerseits auch schon 74-jährigen Produktdesignerin Elke Jensen blickt Gerhard Matzig von der SZ etwas weniger sorgenvoll dem hohen Alter entgegen, dem in der Regel von den meisten Produktdesignerin ja doch nur ein Leben in ausgsprochener Geschmacklosigkeit offeriert wird. Nicht so im Fall des CityCaddys von Jensen, "eine funktional durchdachte und zugleich ästhetisch ansprechende Mischung aus Rollator, Gehhilfe, Stützgerät, Shopper und Trolley. ...  Ihr Produkt ist Reisebegleiter, Einkaufstrolley und moderne Gehhilfe in einem. Das Ding kann man schieben, aber auch ziehen. Es ist auf Stufen und Rolltreppen im Einsatz, zusammenlegbar, höhenverstellbar, recycelbar - und vor allem 'in exklusivem Design' erhältlich. ... Der Rollator ist für Bus und Bahn, auf der Rolltreppe und in der Supermarktgasse bisweilen zu schwerfällig, die schlankere Gehhilfe ist nicht wirklich für das Transportieren der Einkäufe gemacht - und der Trolley bietet keine Stütze. Vor allem aber hat sich Elke Jensen als ehemalige Professorin für Design die Frage gestellt: Gibt's das eigentlich alles auch in schön? Weil es das nicht gab - 'musste ich es eben erfinden'."
Stichwörter: Jensen, Elke, Senioren

Efeu - Die Kulturrundschau vom 24.02.2024 - Design

Im Zeit Magazin verzweifelt mangels Autorenzeile entweder Yasmine M'Barek, Micky Beisenherz oder Daniel Schreiber über vulgären Herrenschmuck, der allerorten zu sehen ist. "Favorisiert werden mythenschwangere Muster, Schlangen oder Wölfe: all das, was seit Jahrzehnten im Ruhrgebiet als Airbrush auf Opel-Astra-Motorhauben prangt. Für gewöhnlich kombinieren Männer dies mit durchweg schwarzer Kleidung, schweren Boots und T-Shirts mit beeindruckend tiefem Ausschnitt. Da wird der Bourbon gleich noch generös hinterm Ohrläppchen verteilt. Ein Look, mit dem man aus dem Stand als Nachtkönig mit dem Heer der Toten den Sturm auf Winterfell bestreiten oder zumindest im ZDF-Fernsehgarten 'Smells Like Teen Spirit' auf der Geige spielen könnte."

Nadine A. Brügger berichtet in der NZZ von der Präsentation eines Trump-Turnschuhs, der binnen kürzester Zeit ausverkauft war: "Egal, ob Trump hofft, mit den Sneakers neue Wähler zu gewinnen oder das große Loch in seiner Kasse zu stopfen - einen anderen Zweck erfüllen die Sneakers jetzt schon: Ablenkung. ... Wer will schon über Betrug und Bussen sprechen, wenn man stattdessen goldene Schuhe herumzeigen kann? Das alles lässt einen tatsächlich erschaudern."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 21.02.2024 - Design

Die Krawatte ist zurück, meldet Jeroen van Rooijen in der NZZ. Nachdem das Kleidungsstück noch vor ein paar Jahren als erledigt galt, und das deutsche Krawatteninstitut sogar aufhörte, Krawattenträger des Jahres zu küren, entdeckt nun eine neue Männergeneration den Schlips. "Die Mode hat diesen Wandel registriert und zeigt die Krawatte wieder auf dem Laufsteg. Bei den Designer-Schauen für den kommenden Herbst war sie ein grosses Thema, etwa bei Prada, wo man etwas vollmundig das Ende der Home-Office-Ära ausrief. Nach Jahren des kollektiven Sweatshirt-Schlendrians sei es wieder an der Zeit, sich 'ordentlich' angezogen ins Büro zu begeben, fand das Design-Duo Miuccia Prada und Raf Simons. Es verlieh der Forderung Nachdruck, indem es das Publikum der Show auf Bürostühlen sitzen liess. Als Einladung zur Präsentation verschickte Prada - was sonst? - eine seidene Krawatte."

Ebenfalls in der NZZ porträtiert Nadine A. Brügger die Designerin Elena Velez. Ein neuer Star der Branche, der sich allerdings nicht mit dem, sondern gegen den Zeitgeist profiliert: "Bewusst auf Diversity setzt Velez nicht, die Zusammensetzung der Models ergebe sich von allein. Bei ihr sei meistens ausschlaggebend, wer sich in Form von Kleidern, statt eines Lohns, bezahlen lasse. Plus-Size-Models, wie sie sogar Heidi Klum feiert, sucht man bei Velez vergeblich. Zusätzlich auch noch große Kleider zu machen, könne sich ein kleines Label schlicht nicht leisten, schrieb Velez auf Social Media. Das zu verlangen, sei nicht inklusiv, sondern ignorant. Denn junge Designer mit kleinem Budget würden ausgeschlossen, wenn auch große Größen bei Modeshows erforderlich seien."
Stichwörter: Krawatte, Velez, Elena

Efeu - Die Kulturrundschau vom 17.02.2024 - Design

Bild: David Uzochukwu for Iris van Herpen, Hydrozoa Dress, Sensory Seas Collection, 2020. Iris van Herpen private collection

Ob Lady Gaga, Beyoncé oder Cate Blanchett - sie alle trugen auf Galas bereits Kleider der niederländischen Modedesignerin Iris van Herpen, der das Musée des Arts Décoratifs in Paris nun eine große Schau widmet. Und die verschlägt FAS-Kritiker Niklas Maak schier den Atem, erkennt er in Herpens Entwürfen doch nicht nur den "futuristischen Nachfolger" der "rauschenden" Naturbilder der Maler des Rokokos: "Van Herpen brachte neue Technologien in die Mode, sie produzierte mit einer bisher ungesehenen Präzision und Filigranität Kleider, die nicht genäht, sondern im 3-D-Drucker hergestellt wurden, ihre Kostüme verdanken den Herstellungsverfahren der Architektur und des Automobilbaus ebenso viel wie der klassischen Schneiderei. Da geht der Stoff über in Flügel aus Acrylglas, in Skelette aus Aluminium, in Plexiglas, Polyesterfolie oder thermoplastischen Kunststoff, dank PolyJet-3D-Druck werden neue Verbindungen von Tüll und Plastik möglich, und die Ergebnisse sind spektakulär: Ein Kleid aus van Herpens 'Sensory Seas Couture' erinnert an ein Mobilé aus Fischgräten, ein anderes an eine Auster aus fernen Galaxien, ein drittes an die zuckend eleganten Bewegungen von Quallen aus Seide, ein viertes sieht so aus, als habe man Farnkrautblätter zu einer Schutzmembran verwebt."

Dennis Braatz besucht für die SZ die Ausstellung "Chronorama: Photographic Treasures of the 20th Century" im Berliner Museum für Fotografie. Gezeigt wird ein Querschnitt aus mehreren Jahrzehnten Modefotografie. Besonders hervorzuheben sind laut Braatz die Arbeiten Lee Millers, ein ehemaliges Model, das bald hinter die Kamera wechselte. "1944 wurde Miller von der amerikanischen Armee akkreditiert, reiste mit an Fronten, dokumentierte die Belagerung von Saint Malo und gehörte zu den ersten Fotografen, die die Vernichtungslager Dachau und Buchenwald nach deren Befreiung betraten. Ihre Fotos sind erschütternde visuelle Zeitzeugnisse. Dass sie zuerst in einer Modezeitschrift erschienen, weiß heute kaum noch jemand. Sollte aber jeder, der immer noch glaubt, dass sich Hochglanztitel nur um den schönen Schein kümmern würden.

Efeu - Die Kulturrundschau vom 12.02.2024 - Design

Majestätischer Charme: Juliette Binoche als Coco Chanel in "The New Look"

Die Streamingdienste entdecken die Modegeschichte für sich. Da Mode längst ein internationales Konzerngeschäft ist, fallen die Ergebnisse allerdings recht nostalgisch und wohlwollend aus, notiert Ingeborg Harms online nachgereicht in der FAS. Todd A. Kesslers Apple-Serie "The New Look" über Dior etwa wirkt wie ein Thriller: "Die Serie ist reich an Cliffhangern und Glückswechseln, fulminant erzählt, schauspielerisch großartig und filmästhetisch ein Genuss. Die heikle Aufgabe, ikonische Persönlichkeiten glaubhaft zu besetzen, wurde überzeugend gelöst. Ben Mendelsohn stattet Christian Dior mit herrlichen Manierismen aus, verleiht ihm Subtilität und Seelentiefe. Juliette Binoche entfaltet als abgründig-unberechenbare Coco Chanel verblüffende Ressourcen, kultiviert ihren Zynismus, ihren Freimut, ihren majestätischen Charme und tritt in den legendären, weich fallenden Hosenanzügen umwerfend authentisch auf. (...) 'The New Look' schneidet Glamour und Elend hart gegeneinander und gewinnt an Tempo, als die Amerikaner in Paris einziehen. Kollaborateure werden ans Licht gezerrt, oder sie ziehen, wie Chanel, an Fäden, die bis zu Winston Churchill reichen, um von den Verhaftungslisten zu verschwinden und ihr Renommee zu retten."
Stichwörter: Apple, Streaming, Modegeschichte, Mode, Dior

Efeu - Die Kulturrundschau vom 03.02.2024 - Design

Daniel Lüthi schreibt im Tages-Anzeiger zum Tod des Berner Designers Hans Eichenberger: "Seine Stehleuchte, seine Stühle und Sessel gehören seit über sechs Jahrzehnten weitherum in form- und qualitätsbewusste Haushalte und Institutionen. ... In einer Monografie mit dem Titel "Protagonist der Wohnkultur" werden die Eichenberger-Klassiker als 'Erfolgsmodelle ohne Starallüren' beschrieben. Dazu gehören der Saffa-Stuhl von 1955 aus verchromtem Stahlrohr und mit lederbezogener Sitzfläche, der klappbare Expo-Stuhl von 1964 aus Holz oder das äußerst erfolgreiche Schrankmöbel 'Litfasssäule' von 1993."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 29.01.2024 - Design

Julia Werner ist in der SZ völlig umgehauen von Maison Margielas Haute-Couture-Show in Paris, die den Modejournalismus endlich mal wieder so richtig aus dem Phlegma der letzten Jahre reißt. Die Entwürfe sind kühn, das Handwerk "atemberaubend", zu beobachten ist "ein einziges wundervolles, verzweifeltes Taumeln und Straucheln." Doch dann "passiert vor dem Bildschirm etwas völlig Unerwartetes, wenn Models mit starken Armen und großzügigen Rundungen die transparenten Abendroben aus federleichtem Tüll präsentieren, mit baren Brüsten und Schamhaar-Toupets darunter: Die Frau sieht sich plötzlich selbst. Sie sieht den eigenen Körper. Der Körper ist das Kleid, nicht die Tüllage darüber. Und er ist stark. Sind das Korsett, die riesigen Gesäße und die teilweise verschmierten, schmerzverzerrten, mit Nylon-Stretch überzogenen Gesichter ein Kommentar zu dem, was Frauen ihren Körpern per Fotofilter und per plastischer Chirurgie antun? Ist das hier eine Kritik am auch von den Kardashians eingeführten Gaga-Schönheitsideal?"