Efeu - Die Kulturrundschau - Archiv

Architektur

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Efeu - Die Kulturrundschau vom 11.03.2024 - Architektur

Kengo Kuma, Coeda House. Foto: Kawasumi Kobayashi Kenji Photograph Office


Angesichts der tristen deutschen Architektur wurde FAZ-Kritiker Matthias Alexander bei einem Interview mit dem japanischen Architekten Kengo Kuma, dem die Bundeskunsthalle Bonn gerade eine Ausstellung widmet, ganz warm ums Herz: "Ohne Fachjargon und ohne Rückgriff auf zusammengeklaubte Begrifflichkeiten aus der Philosophie erläutert er die Maximen seiner Entwurfspraxis in einfachen, bildreichen Worten. Was wieder eine Leerstelle hierzulande vor Augen führt: Die Position des Großen Weisen unter den deutschen Architekten, der in der Hochschullehre und mit Publikationen zu Grundfragen der Architektur ebenso hervorgetreten ist wie mit international beachteten Bauten, ist unbesetzt. Der Ansatz Kumas ist ein künstlerischer: Die Wirkung von Gebäuden lässt sich nicht allein mithilfe von Logik erfassen, er versteht seine Bauten vielmehr als Klangkörper, durch die er in diesen selbst, aber auch in den Betrachtern und Nutzern etwas zum Singen oder gar Tanzen bringen möchte. Was für manche esoterisch klingen mag, ist nur seine Art, die seelische Verarmung, die mit der Moderne einhergegangen ist, zu überwinden."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 09.03.2024 - Architektur

Das neue Nationale Holocaust-Museum in Amsterdam. Foto: Museum


In Amsterdam wird morgen das Nationale Holocaust-Museum eröffnet - unter heftigen Protesten, weil auch Israels Präsident Isaac Herzog an der Eröffnung teilnehmen wird, berichtet in der SZ Geertjan de Vugt: "Offenbar scheinen diese Kritiker zu ignorieren, worum es hier geht. Denn es hat recht lang gedauert, bis in den Niederlanden überhaupt ein Holocaust-Museum eröffnet wurde. Schon vor 20 Jahren wurde diskutiert, ob und was man tun könne, damit der Holocaust nicht in Vergessenheit gerät. ... Das schon öfter mit Preisen ausgezeichnete Architekturbüro Office Winhov, bekannt für seine unaufdringlichen Designs mit traditionellen Materialien, gewann den im Jahr 2019 ausgeschriebenen Wettbewerb. Aufgabe war es, ein helles Museum zu entwerfen. Das ist gelungen, denn schon das aus weißem Backstein errichtete Entrée und die halb offene Fassade ist das genaue Gegenteil des von Daniel Libeskind gestalteten Jüdischen Museums in Berlin. Uri Gilad und Inez Tan, die Architekten von Winhov, ließen sich von der ebenfalls im schlichten Backstein gestalten Raw Aron Schuster Synagoge inspirieren, die 1928 am Amsterdamer Jacob-Obrecht-Platz eröffnet wurde. Statt des roten Backsteins, der dort für den Bau verwendet wurde, wählten Gilad und Tan einen weißen. Weil, so sagen sie, 'Weiß die Farbe des Holocausts ist'."

In "Bilder und Zeiten" (FAZ) erzählt Detlev Schöttker vom Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung in Berlin die Geschichte des Berliner Fasanenplatzes.

Efeu - Die Kulturrundschau vom 07.03.2024 - Architektur

Dass geschenkte Architektur Fluch und Segen bedeuten kann, erkennt Hannes Hintermeier (FAZ) in der Ausstellung "The Gift. Großzügigkeit und Gewalt in der Architektur" im Architekturmuseum der TUM in der Pinakothek der Moderne, die die "Bedrohung" architektonischer Hinterlassenschaften untersucht. Etwa in Ulan Bator: "Die Hauptstadt der Mongolei, ist städtebaulich geprägt von den Großspendern Sowjetunion und China. Am Beispiel einer Familie, die in dritter Generation in einer unter Breschnew gebauten Mietskaserne wohnt, zeigt sich die wandelnde Akzeptanz dieses Geschenks. Waren die Großeltern noch froh über die Unterkunft, sieht die junge Generation, nicht nur wegen des Ukrainekriegs Russland gegenüber skeptisch geworden, die Segnungen des sowjetischen Erbes kritisch. Mit einfachen Holzregalen ist die Grundfläche der Wohnung nachgebaut, Bilder aus dem Familienalbum vermitteln ein Gefühl, wie es sich anfühlen muss, dort zu leben."
Stichwörter: Mongolei, Ulan Bator

Efeu - Die Kulturrundschau vom 06.03.2024 - Architektur

Wohnkomplex Hotakubo Daiichi der Präfektur Kumamoto, © Yoit, Lizenz: CC0 1.0 DEED


Mit dem Japaner Riken Yamamoto erhält ein Kritiker des zeitgenössischen Wohnungsbaus den renommierten Pritzker-Preis. Niklas Maak beschäftigt sich in seiner FAZ-Würdigung mit Yamamotos Manifest "Community Area Model", das Alternativen zur Dominanz des Kleinfamilienhauses sucht. Wie das ausschauen könnte? Zum Beispiel so: "Drei- bis sechsgeschossige offene Strukturen, in denen Wohneinheiten für Singles, Paare, Familien, Freundeskreise oder Alterswohngemeinschaften eingefügt werden; ein Patchwork aus Arbeitsräumen, Büros, Tagesbetreuungseinrichtungen und loggienartigen halb offenen Räumen, in denen man im Sommer gemeinsam grillen oder feiern kann - so wie in der Yamakawa Villa von 1977, in der Yamamoto seine Idee des offenen Hybridraums zwischen Innen und Außen erstmals realisierte." Entsprechende Vorschläge, lesen wir weiter, wurden 2006 in München von den Grünen abgelehnt - fehlende Wärmedämmung.

Auch SZ-Autor Gerhard Matzig ist ein Fan: "Die Baukunst von Riken Yamamoto besteht (...) in der stillen Würdigung jener Räume, die auf den ersten Blick womöglich unwesentlich, ja manchem Investor als überflüssig erscheinen, die aber das Entscheidende enthalten: den existenziellen Luxus der Unbestimmtheit - den Raum der Freiheit. Das ist es, was Architektur in letzter Konsequenz ausmacht. In ihrem Glücken (manchmal) wie im Scheitern (oft) geht es darum: Räume zu schaffen, in denen sich Menschen und Gesellschaften auf eine inspirierend unbestimmte Weise begegnen, also im Wortsinn verorten." Im Standard porträtiert Maik Novotny den Architekten, in der NZZ Ulf Meyer.

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Jana Hensel unterhält sich auf Zeit Online mit dem Architekten Philipp Oswalt, der aktuell das Buch "Bauen am nationalen Haus" veröffentlicht hat, über den deutschen Hang zur Rekonstruktion historischer Bauten. Vor allem die Sehnsucht nach vordemokratischen Zeiten findet Oswalt problematisch. Doch Rekonstruktion ist nicht Rekonstruktion. In Dresden steht eine, die seine Zustimmung findet: "Die Frauenkirche ist die einzige Rekonstruktion, die wirklich zivilgesellschaftlich verwurzelt ist. Auch wurde der Wiederaufbau mit einem klaren Schuldbekenntnis zum Zweiten Weltkrieg verbunden. Aber das Wichtigste ist: Es wurden beim Wiederaufbau einige der historischen, inzwischen gealterten und fast schwarzen Steine genutzt. Dadurch ergibt sich ein äußeres Fleckenmuster an der Kirche, das an den Moment der Zerstörung erinnert. Diese Differenz finde ich enorm wichtig."

Außerdem: In Österreich soll, berichtet Olga Kronsteiner im Standard, der Denkmalschutz reformiert werden.

Efeu - Die Kulturrundschau vom 04.03.2024 - Architektur

In der Debatte um das historische Zentrum Berlins wird immer noch stark aus westdeutscher Perspektive gedacht, beklagt Hans Stimman in der FAZ. Die andauernden Diskussionen verwiesen "auf die Schwierigkeiten bei der Suche nach dem verlorenen Ganzen der Stadt. Die Auseinandersetzungen über die Bebauung des Molkenmarktes - immerhin des ältesten Platzes Berlins -, das Ausklammern der Quartiere rund um St. Marien und der Umgang mit dem einstigen Heilig-Geist-Viertel als bürgerliches Gegenüber des Stadtschlosses, das von 1986 an von der DDR zur Grünfläche namens Marx-Engels-Forum umgebaut wurde, werden provinziell und mit parteipolitischer Färbung geführt. So ist es bis heute bei den Fragmenten der untergegangenen sozialistischen Gesellschaftsutopie geblieben, deren Leere von Theoretikern inzwischen allerdings als der eigentliche Reichtum einer autogerechten und durchgrünten Stadtlandschaft angesehen wird. Eine andere theoretische Position der Stadtentwicklung sieht die stadtgestalterische Essenz Berlins gerade in der durch die Teilung verstärkten Polyzentralität."
Stichwörter: Berlin, DDR, Berliner Mauer

Efeu - Die Kulturrundschau vom 28.02.2024 - Architektur

Guggenheim Museum Bilbau, Foto: MykReeve Lizenz: CC BY-SA 3.0 DEED

Gerhard Matzig gratuliert in der SZ Frank Gehry zum Fünfundneunzigsten. Der Architekt ist wahrscheinlich der einzige Popstar in seinem Feld, meint Matzig, jedenfalls der einzige, der bei den Simpsons aufgetreten ist. Außerdem ist er "einer der Miterfinder der Signature Buildings, bei denen die Architektur zum Logo wird. Man kann das kritisch sehen - aber fest steht, dass Gehry einer der großen Innovatoren am Bau ist. Hätte er früher gelebt, so hätte er sich die Gotik ausgedacht. Mindestens. Auch sich selbst erfindet er immer wieder neu: Sein bestes Werk, die DZ-Bank in Berlin, ist nicht typisch Gehry, sondern zeigt, wie man klug die Typologie vor Ort aufgreifen kann, ohne banal zu werden. Gehry, einer der lautstärksten Formalisten, kann auch inhaltlich leise sein."
Stichwörter: Gehry, Frank O.

Efeu - Die Kulturrundschau vom 22.02.2024 - Architektur

Man sucht den Transparenzhinweis vergeblich unter diesem zweiseitigen Hymnus auf Saudi-Arabien und seinen Herrscher Kronprinz Mohammed bin Salman, den Lea Frehse und Hanno Rauterberg im Aufmacher des Zeit-Feuilletons anstimmen. Ja, bin Salman verfolgt Dissidenten, hält nichts von kritischer Presse, dafür umso mehr von Steinigung und Hinrichtung. Aber was tut er nicht alles für die Jugend und die Kultur des Landes, schreiben die Autoren, die vor allem das neueste saudische Mega-Projekt bewundern, das sich der Kronzprinz von dem 85jährigen Dortmunder Architekten Eckhard Gerber entwerfen lässt: Den größten Park der Welt, mitten in der saudischen Wüste. "Gerber und sein Team träumen nicht von akkurat gepflegten Blumenbeeten, nicht von sorgsam gestutzten Rasenflächen. Die wird es zwar geben, hier und da, doch die Leitidee des Parks ist eine andere: Möglichst freiheitlich soll es hier zugehen, wie in einer savannenartigen Landschaft, wo die Gräser, Büsche, Bäume ungestört vor sich hin wuchern dürfen. Was dann am Ende wirklich gedeihen wird, wie sich die Pflanzen vermehren und welche Atmosphäre dabei entsteht - niemand kann es genau vorhersagen. Es ist ein gestalterisches Experiment, ein Wagnis. Und, ja, eine Form von Kontrollverlust."

Weitere Artikel: In der FAZ gratuliert Niklas Maak dem Architekten Jean-Philippe Vassal zum 70. Geburtstag.

Efeu - Die Kulturrundschau vom 17.02.2024 - Architektur

In der WamS kann Swantje Karich nur hoffen, dass mit "berlin modern" (Unsere Resümees) die seit den Neunzigern währende Ära der Megabauten endlich ihr Ende nimmt. Zumal noch immer unklar ist, wofür das neue Museum eigentlich stehen soll. Nur eines ist sicher, so Karich: Claudia Roth "will in die Geschichte eingehen als Kulturstaatsministerin, die das viel kritisierte Millionengrab in ein ökologisches Wunder verwandelt hat. Und sie scheint die Kontrolle über die PR zu haben: Der Präsident des Umweltbundesamtes Dirk Messner, früher einer der schärfsten Kritiker, war bei der Grundsteinlegung nun Feuer und Flamme. Danyal Bayaz, Finanzminister von Baden-Württemberg, sieht in dem Museum gar ein Vorbild für zukünftige Museen. So weit ist es in Berlin also schon: Photovoltaik aufs Dach, Recyclingbeton verwenden, Stahlträger reduzieren, Heiz-Kühl-Böden einbauen und ein paar Bäume vor die Tür - und schon ist die halbe Milliarde gut investiert, und der Bau gilt als visionär? Man darf staunen. Hartnäckig wird der Eindruck erweckt, dass der Bürger der zukunftsweisenden Politik diese Veränderungen zu verdanken hat. Dabei war es der Bundesrechnungshof, der die Planern 2021 massiv rügte."
Stichwörter: Berlin Modern, Roth, Claudia

Efeu - Die Kulturrundschau vom 14.02.2024 - Architektur

Das neue Museum der Moderne in Berlin wird teurer und teurer, weiß Nikolaus Bernau im Tagesspiegel. Verglichen mit ähnlichen Bauten sind die Kosten pro Quadratmeter astronomisch. Das kennt man andererseits schon lange so von der Stiftung Preussischer Kulturbesitz (SPK): "Damit wird allerdings eine Tradition fortgesetzt. Der größte Skandal der SPK-Baupolitik ist neben dem Berlin modern sicherlich der Radikalumbau des Pergamonmuseums. Er verteuerte sich von 385 Millionen für das Gesamtprojekt um 2010 auf inzwischen 1,3 Milliarden Euro. Die Bauzeit verlängerte sich um mindestens 13 Jahre - und die riesigen Rohranlagen unter den Glasdächern des Nord- und Ostflügels dienen nicht etwa der Wärmerückgewinnung oder als Solaranlage, sondern der schnöden Abfuhr der Wärme in die Umgebung. Das war schon um 2010 archaisch, als die Pläne fixiert wurden." Bernau zählt noch jede Menge weitere Beispiele absurder Geldverschwendung auf...

Efeu - Die Kulturrundschau vom 12.02.2024 - Architektur

The Las Vegas sphere, Nevada. 

In der NZZ schüttelt Matthias Herzog den Kopf über den Architektur-Trend der "Mattscheiben"-Architektur, also Fassaden, die aus gigantischen LED-Bildschirmen bestehen, wie die MSG Sphere in Las Vegas: "Die Architektur wird flüchtig und unverbindlich wie ein Tweet. Das Bild einer Gesellschaft, die gebannt auf ihre Bildschirme starrt, überträgt sich auf den Massstab der Stadt. Denkbar wäre, dass die Bauten mit den Menschen interagieren oder dass eine Abstimmung über die Fassadeninhalte entscheidet. Auf der Gebäudehülle könnte man sich durch die Kanäle zappen wie am Fernseher: Architektur als Lichtspieltheater. Aufgrund des Solarstroms bezeichnet Novartis die Medienfassade in Basel als Nullenergie-Gebäude. Dennoch widerspricht die LED-Architektur dem sparsamen Umgang mit Ressourcen. Sie sorgt zudem für Lichtverschmutzung. Um die Natur zu schonen, sollten Städte den Nachthimmel so wenig wie möglich erhellen."