Yasmina Khadra

Wovon die Wölfe träumen

Roman
Cover: Wovon die Wölfe träumen
Aufbau Verlag, Berlin 2002
ISBN 9783351029388
Gebunden, 331 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen übersetzt von Regina Keil-Sagawe. "Ich habe meinen ersten Mann am Mittwoch, dem 12. Januar 1994, morgens um 7 Uhr 35 getötet. Er war Anwalt..." Nafa Walid, Sohn eines kleinen Eisenbahners aus der Kasbah von Algier, träumt davon, Schauspieler zu werden. Aber der Traum zerschlägt sich, und Nafa wird Chauffeur bei der Familie Raja, die eine luxuriöse Villa in den Nobelvororten von Algier bewohnt. Als im Bett des Raja-Sohnes ein junges Mädchen an einer Überdosis Heroin stirbt, zwingt dieser ihn, die Tote noch in derselben Nacht zu verscharren, nachdem ihr Gesicht und ihr Körper bis zur Unkenntlichkeit entstellt wurden. Nafa vergräbt sich, sucht Trost in der Religion, ein fanatischer Islamist vermittelt ihm einen ersten Kontakt zum Imam...

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.11.2002

Trocken, ehrlich und schockierend, findet der Rezensent Peter Münder diesen Krimi von Yasmina Khadra alias Mohammed Moulessehoul über einen algerischen Auftragskiller. Der Roman handelt von einem Mann, der Schauspieler werden will, dann aber als Chauffeur bei einer mächtigen Familie anheuert und dort miterlebt, wie die Oberschicht sich über Recht und Ordnung hinwegsetzt. Darauf schließt er sich einer Islamistengruppe an und arbeitet als Auftragskiller, bis er selbst niedergeschossen wird. Diese Direktheit steht "in der Tradition des 'roman noir'", findet der Rezensent. Schonungslos beschreibe der Autor nicht nur das fundamentalistische Milieu, sondern auch die "die hedonistische Oberschichtenclique als korrupte Koalition mafiöser Oligarchen".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.05.2002

Yasmina Khadra, ehemaliger Militär der algerischen Armee, der seine Bücher "aus naheliegenden Gründen" stets unter einem weiblichen Pseudonym geschrieben hat, beschreibt in seinem neuen Roman den Weg eines "harmlosen, jungen Muslim" in den Terrorismus, erklärt Rezensentin Katharina Döbler. Eigentlich möchte Nafa Walid Schauspieler werden, doch dazu fehlt ihm das Geld. Also arbeitet er als Chauffeur für eine reiche algerische Familie. Dort wird er gezwungen, die Leiche eines Mädchens, einen "Kollateralschaden der Exzesse seines Juniorchefs", zu beseitigen. Das schockiert ihn so sehr, dass er sich fundamentalistischen Islamisten anschließt und den Weg in den Terror einschlägt, referiert die Rezensentin. Diese "Transformation" schildere Khadra mit "genauer Kenntnis" aus der Perspektive des jungen Protagonisten. Die "Schonungslosigkeit" der Sprache, die Dokumentarisches mit Emotionalität verbinde, verschlägt dem Leser den Atem, so Döbler. Trotzdem aber dürfe der Leser nicht vergessen, dass er einen Roman in den Händen halte. Literatur sei nicht gleich Geschichtsschreibung und Khadra kein Schiedsrichter in zugespitzten Konflikten, sondern einer, der mehr wisse, als ihm lieb sei. Ein großes Lob spendet die Rezensentin auch der "bewährten" Khadra-Übersetzerin Regina Keil-Sagawe, die das Werk "klug" ins Deutsche übertragen habe.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 23.04.2002

Seit dem 11. September ist der algerische Ex-Offizier Mohammed Moulessehoul, der viele Jahre unter dem Pseudonym Yasmina Khadra seine Romane veröffentlicht, im letzten Jahr aber im französischen Exil das Geheimnis seiner Autorenschaft gelüftet hat, ein "gefragter Mann", berichtet Katharina Granzin. Seither hofiert man ihn, den früheren Militär, als Experten für radikalen Fundamentalismus, liest seine Romane als Ankündigungen des Terrors. "Na so was", merkt die Rezensentin leicht amüsiert an. Vielleicht sei das doch etwas übertrieben und vielleicht, mutmaßt Granzin, enttäusche gerade deswegen der 1999 erschienene und jetzt ins Deutsche übersetzte Roman "Wovon die Wölfe träumen". Denn die Geschichte über den Weg des jungen Nafa Walid, der "bei den Reichen" als Chauffeur arbeitet, Zeuge einer brutalen Leichenbeseitigung und daraufhin enttäuscht zum Gotteskämpfer wird, überzeugt die Rezensentin psychologisch überhaupt nicht. Walid verharre in der Rolle des "Pappsoldaten im strategischen Brettspiel seines Autors", der Plot und die Figurenzeichnung bleiben "einfältig" und "erfunden", bedauert die Rezensentin. Vielleicht hätte aus dem Roman etwas werden können, wenn sich der Autor getraut hätte, die Perspektive des Militärs einzunehmen, denkt Granzin. Denn die Abschnitte des Buchs, in denen das "Wüten der islamistischen Guerilla" und deren Verfolgung durch die Armee beschrieben werde, seien die einzigen, in denen Khadra "stringent", "spannend" und kenntnisreich erzähle.