Volker Reinhardt (Hg.)

Deutsche Familien

Historische Porträts von Bismarck bis Weizsäcker
Cover: Deutsche Familien
C.H. Beck Verlag, München 2005
ISBN 9783406529054
Gebunden, 384 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Dieses Buch versammelt zwölf Portraits von Familien, die die deutsche Geschichte und Kultur - vor allem der letzten zweihundert Jahre - in besonderer Weise geprägt haben. Insgesamt ergeben die flüssig erzählten Familienbiografien eine deutsche Elitengeschichte, die tiefe Einblicke in die Erbfolge der Macht und die Gesetze des Erfolgs gewährt. Die Macht von Familien scheint auch in der individualistischen Moderne ungebrochen zu sein. Politische und wirtschaftliche, aber auch künstlerische und wissenschaftliche Machtpositionen werden bis in die Gegenwart häufig durch die Zugehörigkeit zu einer bekannten Adels-, Unternehmer- oder Künstlerdynastie errungen. Die Autoren beschreiben anschaulich, durch welche Verdienste und Umstände Familien berühmt wurden und wie die Nachkommen einflussreicher Häuser ein reiches Erbe oder auch nur einen glanzvollen Namen nutzten, um eine ähnliche Karriere als Unternehmer, Politiker oder Schriftsteller zu machen oder um - wie etwa der Bankierssohn Aby Warburg - ihre Karriere auf ganz andere Felder zu verlagern. Zur Sprache kommen aber auch die Schicksale derjenigen, die an den Ansprüchen ihrer berühmten Abstammung gescheitert sind.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.06.2005

Recht angetan zeigt sich Rezensent Johan Schloemann von diesem Band mit zwölf Porträts deutscher Familien - auch wenn er den Trend zur "konsequenten Repersonalisierung der Geschichte", mit dem ein besonderes Interesse an bedeutenden Sippschaften einhergeht, zurückhaltend bewertet. Die Qualität der Beiträge in dem von Volker Reinhardt herausgegebenen Band aber hat ihn überzeugt. Werner Plumpe und Jörg Lesczenski etwa gelinge ein "hochinteressanter und in der Verallgemeinerung ergiebiger" Beitrag über "Die Thyssens", der anschaulich mache, wie Dynastiebildung in der Großindustrie durch ungünstige geschichtliche Rahmenbedingungen, "aber vor allem durch den Ehrgeiz eines Patriarchen scheitern kann, eben eine solche Dynastie unbedingt zu sichern." Auch in den übrigen Kapiteln über die Familien Bismarck, Mann, Krupp, Moltke, Mommsen, Thurn und Taxis, Wagner, Warburg, Weizsäcker und Wittelsbach sei die Spannung zwischen Herrschen und Maßhalten, zwischen Machtsicherung und moralischer wie gesellschaftlicher Legitimation oft "eindrucksvoll spürbar". Deutlich wird für Schloemann, wie diese Familien "Geschichte machten". Neben der "virtuosen Nachdramatisierung des Wagner-Mythos" bei Stefan Bodo Würffel hebt er außerdem Eberhard Straubs "knackige Kurzfassung" seiner Monographie "Die Wittelsbacher" hervor.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.05.2005

Recht angetan zeigt sich Rezensent Gerrit Walther von diesem Band mit zwölf historischen Porträts deutscher Familien des gehobenen Standes. Walther hebt hervor, dass es oft einzelne große Figuren waren, deren Prestige und Vermögen den Nachgeborenen nutzte, sofern diese mit solchen Pfunden zu wuchern wussten. Als Beispiel hierfür nennt die Manns, die Mommsens und die Wagners. Die Porträts verdeutlichen für Walther die Rolle der Familie für gesellschaftlichen Aufstieg und Erfolg. Zuviel Erfolg habe die Familie aber wiederum gefährdet. Ein "tragisches Beispiel" hierfür sieht Walther in August Thyssen, über den Werner Plumpe und Jörg Lesczenski schreiben. Eben weil dieser als Prototyp eines "Workaholic" alle Energien in die Firma investiert habe, sei seine Ehe wie auch die Kooperation mit den Söhnen gescheitert. Walther findet die Beiträge allesamt gelungen. Einige sind seines Erachtens "mit hoher literarischer Kunst" geschrieben, etwa Barbara Wolbrings Essay über die Krupps oder Bernd Roecks Reflexion über die Brüder Warburg. "Jedenfalls ist das Buch Balsam für die 'Befindlichkeit' all derer, die es wurmt, nicht zur Elite zu zählen", resümiert der Rezensent, "und die es tröstet, dass dieser oder jener Ärger auch in den besten Familien vorkommt".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.04.2005

"Zwölf packend geschriebene" und "meist gut recherchierte Beiträge" über deutsche Adels-, Unternehmer- und Künstlerdynastien findet Rezensent Rainer Blasius in diesem von Volker Reinhardt herausgegebenem Band mit "historischen Porträts von Bismarck bis Weizsäcker". Blasius greift sich in seiner Besprechung drei Porträts heraus, die ihm besonders aufschlussreich erscheinen. Michael Epkenhans' Beitrag über die Bismarcks biete etwa manches zum finanziellen Hintergrund der Familie. Als "besonders lesenswert" würdigt Blasisus die Ausführungen von Werner Plumpe und Jörg Lesczenski über die Industriellenfamilie Thyssen. Diese zeigten unter anderem, dass die auf Arbeitsethos und Firmenwohl ausgerichtete Lebensführung des Vaters den verschiedenen Individualisierungsprozessen und Selbstfindungsphasen der Söhne gegenüber stand. Ein Umstand, der sich nach Ansicht von Blasisus keineswegs auf die Thyssens beschränkte. Ausführlich berichtet er schließlich über Thomas Laus Porträt der Weizsäckers. Er hebt die keineswegs unbedeutende Rolle hervor, die Ernst von Weizsäcker im "Dritten Reich" spielte. Der Schweizer Historiker zeige, wie Ernst von Weizsäcker nach dem Krieg an der Legende vom "unbeugsamen Widerstandskämpfer" gestrickt habe. Insbesondere sein Sohn Richard von Weizsäcker habe über Jahrzehnte die "alten Leistungseliten ... vehement verteidigt", bis er dann als Bundespräsident mit der vielgelobten Rede zum vierzigsten Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai 1985 auf die Kritiker zugegangen sei. Blasius schließt: "Der emotionslose eidgenössische Lichtblick von Lau verdient gerade wegen jüngster Äußerungen des Altbundespräsidenten über die Rolle seines Vaters Ernst im 'Dritten Reich' und dessen immer wieder von Familienmitgliedern behaupteten Nichtwissen über die 'Endlösung' eine gewisse Aufmerksamkeit."
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