Gregor Schöllgen

Jenseits von Hitler

Die Deutschen in der Weltpolitik von Bismarck bis heute
Cover: Jenseits von Hitler
Propyläen Verlag, Berlin 2005
ISBN 9783549072035
Gebunden, 400 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Gregor Schöllgen beschreibt die eigentlichen Zäsuren der deutschen Geschichte - jenseits der bis heute alles überlagernden Schlüsseldaten 1933 und 1945. So erscheinen auch die Akteure in einem anderen Licht. Unter ihnen Hitler. Der von ihm radikalisierte Drang zum Ausbruch aus den gegebenen Verhältnissen war zwar bereits in der Gründung des Deutschen Reiches angelegt. Aber der Vernichtungsfeldzug insbesondere gegen die Juden Europas, den die Deutschen unter seiner Führung 1941 begannen, brach mit den Traditionslinien ihrer Geschichte. Das wussten auch ihre vormaligen Opfer und Gegner, als sie 1991 Deutschland in die Freiheit entließen. Die Deutschen hatten ihre Lektion gelernt, hatten ihren Platz im europäischen Machtgefüge gefunden.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.04.2006

Nicht einverstanden zeigt sich Thomas Speckmann mit Gregor Schöllgens Lesart deutscher Geschichte, die der Historiker in seinem Band über die "Deutschen in der Weltpolitik von Bismarck bis heute" präsentiert. Fragwürdig erscheint ihm nicht nur die Bewertung der Leistungen Adenauers und Brandts. Auch die Einschätzung der politischen Bedeutung Kohls für die Einheit findet er nicht angemessen gewürdigt. Weitgehend offen bleibt für Speckmann zudem der Platz, den der Autor den Deutschen in Europa zuweist. Zweifel äußert er weiter an Schöllgens Meinung, das wiedervereinigte Deutschland habe seine Lektion gelernt und sei zur Heimstatt von Realisten geworden. Schließlich kritisiert er Schöllgens Würdigung der außenpolitischen "Professionalität" von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder. Insgesamt hält Speckmann dem Autor vor, die Geschichte umzuschreiben.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.01.2006

Angetan und angenehm überrascht zeigt sich Ralf Husemann von Gregor Schöllgens "flottem" Durchgang durch fast 150 Jahre deutscher Außenpolitik. Nicht nur die ungewöhnliche Einteilung der deutschen Geschichte, die sich nicht an den sonst üblichen "epochalen Einschnitten" wie 1914 oder 1945 orientiert, sondern auch die Tatsache, dass der Autor keine "zwangsläufige" Entwicklungslinie von Bismarck zum Nationalsozialismus zieht, findet der Rezensent durchaus anregend. Zwar kritisiert er, dass Schöllgen für seinen Geschmack mitunter etwas "zu viel Verständnis für die deutschen Entgleisungen" auf verbalem Gebiet aufbringt, weil er meine, dass der "Wahn des Eingekreistseins und der Minderwertigkeitskomplex" der Deutschen durchaus "eine gewisse Berechtigung" hatten. Doch davon abgesehen preist Husemann das Buch als "gut lesbar", mutig in Bezug auf seine "Lücken" und "ungewöhnlich", was seine "Einsichten" angeht. Dabei gefällt dem insgesamt erfreuten Rezensenten, dass Schöllgen auf "allzu inflationäres Name-Dropping" in seiner Darstellung verzichtet.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 19.10.2005

Thomas Meyer kann sich bei Gregor Schöllgens Überblick über die deutsche Geschichte von Bismark bis heute "gemütlich" zurücklehnen und das in der Schule erlernte Wissen noch einmal aktivieren. In dem "durch und durch soliden" Buch wandle Schöllgen auf den gesicherten Pfaden der historischen Disziplin und überrasche nur manchmal, etwa wenn er die Weimarer Republik von 1919 bis 1935 andauern lässt. Was der Historiker zum 21. Jahrhundert schreibt, will der Rezensent  aber eher als Äußerungen eines "Privatmanns" verstanden wissen, da hier Zeitungen als Quellen dienen und der Horizont der Gedanken tagesaktuell beschränkt sei. In Bezug auf die Sprache, die Verständlichkeit und die Voraussetzungen an den Leser sei das Buch auf dem Stand einer "gut redigierten" Vorlesung, was es auch für "interessierte Laien" geeignet mache. Nutt vermisst in der Erzählung der Geschehnisse aber eine Metaebene, ein "Erkenntnisinteresse". Schöllgen nennt Namen, Daten, Fakten, "was man eben so wissen sollte". Aber "mehr ist nicht drin".