Volker Braun

Werktage

Arbeitsbuch 1990-2008
Cover: Werktage
Suhrkamp Verlag, Berlin 2014
ISBN 9783518424186
Gebunden, 998 Seiten, 39,95 EUR

Klappentext

Der erste Band des Arbeitsjournals des im Osten Berlins lebenden Volker Braun endet mit dem letzten Tag des Jahres 1989. In ihm war zu erleben, wie der Prosaist, Essayist, Lyriker und Theaterautor mit seinen genuinen Themen und der entsprechenden Form beharrlich seinen literarischen Weg geht. Ab 1990 ändern sich die Anforderungen an das Werk von Volker Braun radikal. Ein Autor, bei dem die radikale Gleichheit einer der Antriebskräfte seiner vielfältigen Produktivität ist, hat seine Arbeit auf ein Gesellschaftssystem zu orientieren, in dem seine Ziele verneint werden. Und schließlich muß jemand, der wie er mit seinen literarischen Mitteln dagegen ankämpft - auch und trotz der Verleihung des Georg-Büchner-Preises -, damit rechnen, daß seine Produktionsverhältnisse erodieren: das Publikum, die Bühnen, die Medien.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 10.07.2014

Eine Rezension kann Volker Brauns Arbeitsbüchern kaum gerecht werden, zu vielstimmig sind sie, zu viele Fragen werden aufgeworfen, die Antworten verdienen, auch wenn es keine gibt, gibt Peter Hamm zu. In den Bücher aus den Jahren 1990 bis 2008 verarbeitet Braun unaufhörlich die deutsche Einheit, die er zunächst vor allem als Lüge empfand, auch als Okkupation, berichtet der Rezensent. Einer, der zu Zeiten der DDR "Außenseiter und Aushängeschild" zugleich war - immerhin neun Stasi-Offiziere und zweiunddreißig IM waren auf ihn angesetzt, verrät Hamm - beklagt die Harmlosigkeit der zeitgenössischen Literatur, die das große Ganze aus dem Blick verloren hat und jede Dringlichkeit vermissen lässt, wettert gegen die "geschichtsvergessene Infamie" der deutschen Militäreinsätze, gegen den Krieg gegen den Terror - "als wäre krieg kein terror!", zitiert Hamm - und stellt eben jene Fragen, die nur dem als skandalös erscheinen, der die skandalösen Verhältnisse verkennt, denen sie gelten, so der Rezensent. Volker Brauns Werk ist untrennbar mit der DDR verbunden, mit ihrer Auflösung ist es umso gewichtiger geworden, findet Hamm.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.05.2014

Es hat zwar einer sanften Nötigung seitens des Suhrkamp-Verlags bedurft, um Volker Braun seine Arbeitsbücher zu entlocken, aber die seien es wert gewesen, findet Jörg Magenau. In Brecht'scher Tradition zeigen sie den Dichter Braun als "Wortwerker", sein Werk als Ergebnis eines langen Reflektions- und Arbeitsprozesses, erklärt der Rezensent. Die Jahre 1990 bis 2008 umfassen etwa eintausend Seiten und die ganze Wende, die auch für Braun eine vom Marxismus zur Moderne war, so Magenau. Die festen Begriffe und die lineare Zeit geraten in die Krise, die bewusste Gestaltung der Geschichte erscheint als hoffnungslose Überforderung der Menschen, umreißt der Rezensent diesen Wandel. Die Irritation angesichts des Kapitalismus aber bleibt, verrät Magenau: "nach uns die warenflut", bringt Braun sie auf den Punkt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.05.2014

Pünktlich zu Volker Brauns Geburtstag erscheint der zweite Band seiner "Werktage", verkündet Andreas Platthaus erfreut. Auch in den hier enthaltenen Jahren 1990-2008 liest der Rezensent wieder viel Systemkritisches, nur dass Braun den Blick diesmal auf die Demokratiepraxis des wiedervereinten Deutschlands richtet. Platthaus ist neben Brauns angemessener, nie nörgelnder Skepsis vor allem aber ganz hingerissen von seinen bewegenden Worten über verstorbene Vertraute wie Karl Mickel, Wolfgang Hilbig oder die eigene Mutter. Und dass die Gedichte, Exzerpte und Reflexionen auch noch in wunderbaren Sprachspielen verfasst sind, macht den Kritiker vollends glücklich.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.05.2014

Thomas Leinkauf ist glücklich, dass der Suhrkamp Verlag Volker Braun überreden konnte, pünktlich zu seinem 75. Geburtstag auch seine zweite Werkbiografie mit den Jahren 1990 bis 2008 veröffentlichen zu dürfen. Wie viele wunderbare Notizen, treffende Analysen, philosophische, politische, poetische Kommentare und Reflexionen dem Leser entgangen wären, mag sich der Kritiker gar nicht ausmalen. Begeistert liest er von Brauns Reisen, seinen Träumen, Zweifeln, Gesprächen mit Freunden und Notizen über den Alltag des Schreibens; selten auch Privates - vor allem aber Politisches: Immer noch von einer Utopie des Sozialismus träumend, jedoch ganz ohne Larmoyanz, beschreibt er die Missstände präzise, manchmal satirisch und fordert stets zum Einspruch und zum Handeln auf, berichtet der Rezensent. Ganz in der Tradition der Brechtschen Arbeitsjournale arbeite auch Braun mit Fotos, Zeitungsartikeln und Dokumenten, die ebenfalls in diesem wunderschönen und aufschlussreichen Buch enthalten sind, so Leinkauf.