Thilo Krause

Elbwärts

Roman
Cover: Elbwärts
Carl Hanser Verlag, München 2020
ISBN 9783446267558
Gebunden, 208 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Ein junges Paar kehrt nach Jahren zurück ins Felsland der Sächsischen Schweiz. Der Wunsch, sich an den Kindheitsorten ein neues Leben aufzubauen, mündet in die Konfrontation mit der Herkunft, aber auch mit einer neuen Fremdheit. Der Erzähler erinnert sich: an den Schulfreund, der damals beim gemeinsamen Klettern sein Bein verlor. An den öffentlichen Tadel in der Schule beim sozialistischen Fahnenappell. Thilo Krauses erster Roman erzählt vom Versuch der Heimkehr in ein fremdgewordenes Land. Es gibt nicht nur Apfelbäume und Elbwiesen, es gibt auch das Sommercamp der Neonazis, und am Misstrauen des Dorfes droht auch das Paar zu scheitern.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.12.2020

Ein bisschen Tschick entdeckt Rezensent Nils Kahlefendt in Thilo Krauses autobiografisch grundiertem Debütroman, wenn der Autor seine beiden jungen Helden aus dem Elbsandsteingebirge auf dem Moped aus der miefigen Dorfgemeinschaft ausbrechen lässt. Der Rest ist Erinnerung des inzwischen gealterten, verheirateten Ich-Erzählers, der zurück in die Heimat zieht, auf der Suche nach Kindheit, einer nie überwundenen Schuld und vielleicht einer Lösung von der nicht mehr funktionierenden Paarbeziehung. Vor großem "Naturtheater" inszeniert der Autor diesen Trip in die Vergangenheit nicht ohne Bitterkeit, meint der Rezensent. Wie Krause verdichtet, im Text Leerstellen zulässt und die deutsch-deutsche Geschichte nur am Rand miterzählt, findet Kahlefendt insgesamt lesenswert.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 01.09.2020

Jörg Magenau bedrückt die "dickflüssige" Gegenwart in Thilo Krauses Roman ebenso wie der Held, der nicht aus ihr herausfindet. "Elbwärts" erzählt von einem Mann Mitte dreißig Jahren, der nach fünfzehn Jahren ins Elbsandsteingebirge zurückkehrt und Anschluss an die Vergangenheit sucht. Doch der Rezensent wird nicht warm mit dem Roman. Formal nervt ihn das Präsens, das keine Reflexion zulässt, inhaltlich die Unfähigkeit des Erzählers, von der eigenen Geschichte (einer Schuld) zu abstrahieren. Auch sprachlich scheint Magenau der überladene Text auf der Stelle zu treten. Weniger Unmittelbarkeit, mehr Durchblick hätten der Geschichte gutgetan, glaubt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.08.2020

Rezensent Helmut Böttiger erkennt den Lyriker Thilo Krause in dessen Romandebüt. Was leicht auch hätte schiefgehen können, gelingt laut Rezensent: Die im Handlungsverlauf zunehmende stilistische Verdichtung und das Abwerfen chronologischen Ballasts, bis Literatur zur Kunst wird. Dass die Geschichte um zwei Jugendfreunde im Elbsandsteingebirge, um die Rückkehr in die Heimat und eine nie verwundene Schuld auch politische Zustände grundieren, DDR-Geschichte und Neonazissmus, empfindet Böttiger dabei als Bereicherung. Krauses Erzählen erscheint ihm bei aller Poesie zudem pointiert, atmosphärisch und nur manchmal allzu symbolisch forciert.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 17.08.2020

Rezensent Eberhard Geisler liest Thilo Krauses Roman mit Freude. "Elbwärts" erzählt von einem Mann, der aus der Schweiz zurückkehrt an die Elbe, ins sächsische Königstein, aus Sehnsucht nach der Landschaft und der Reinheit der Luft. Das Innehalten und Beobachten beherrsche Krause ganz meisterhaft, schwärmt der Rezensent, aber gut gefallen haben ihm auch die Figuren, die Krause dem Erzähler zur Seite stellt: den Freund Vito, der bei einem Kletterunfall ein Bein verliert, und den  tschechischen Busfahrer Jan. "Der Zugereiste, der Einbeinige, der Tscheche" ergeben für Geisler ein schönes Trio der Fremdheit.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 15.08.2020

Dieser Roman erzählt von einem jungen Mann, der mit Frau und Kind wieder in seine dörfliche Heimat oberhalb des Elbtals zurückzieht und sich dabei mit einem tragischen Ereignis konfrontiert, das ihn seit seiner Jugend nicht mehr loslässt, fasst Rezensent Helmut Böttiger zusammen. Was zunächst sehr individuell klingt, ist bei genauem Betrachten hochpolitisch, versichert der beeindruckte Kritiker: Die Fremdenfeindlichkeit der Alteingesessenen macht es dem Protagonisten unmöglich, mit der Vergangenheit abzuschließen, erklärt er. Die Tragik wird bestens unterstrichen von der poetischen Erzählweise und dem gekonnten Spiel mit Aussparung und Andeutung, lobt Böttiger.