Szilard Borbely

Kafkas Sohn

Prosa aus dem Nachlass
Cover: Kafkas Sohn
Suhrkamp Verlag, Berlin 2017
ISBN 9783518425909
Gebunden, 200 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Ungarischen übersetzt, mit Kommentaren und einem Nachwort versehen von Heike Flemming und Lacy Kornitzer. Szilárd Borbély wollte den nächsten erzählerischen Text nach seinem Romandebüt "Die Mittellosen" Franz Kafka widmen. Die Sammlung von Bruchstücken, aus dem Nachlass veröffentlicht, ursprünglich zur Publikation bestimmt, ist ein Essay über die Bedeutung Kafkas in der ungarischen Gegenwartsliteratur im Allgemeinen und im Werk Szilárd Borbélys im Besonderen beigestellt. Kafkas Sohn, das ist ein junger ungarischer Schriftsteller, der lernt, im Schreiben seine Heimat zu finden. Die Sprache nennt er einen Friedhof, der sich die Toten einverleibt; er will Geschichten schreiben, die "meine eigenen Spuren, die ich zwischen den Wörtern zurücklassen könnte, auslöschen". Kafka als Bruder, als Projektionsfigur, als Lehrer, als Erzähler, als Mensch der Verzweiflung, der Krankheit, der unglücklichen Liebe. Borbély nimmt Kafkas "Brief an den Vater" als Folie, sich mit der eigenen Vaterbeziehung auseinanderzusetzen. Die Prosastücke, formal hier und da an jüdische Geschichten und Legenden angelehnt, sind Selbstbekenntnis und Vermächtnis in einem.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.10.2017

Rezensent Oliver Jungen erlebt in Szilard Borbelys Fragment gebliebenem Roman "Kafkas Sohn" einen Kafka, der um den Holocaust weiß. Denn der ungarische Schriftsteller hat in diesem Buch eine "Hybridfigur" aus dem historischen Kafka und sich selbst geschaffen, erzählt der Kritiker, der das mit halbbiografischen Abschnitten und Fort- und Umschreibungen von Kafka-Texten angereicherte Buch auch als langen "Abschiedsbrief" Borbelys liest. Dass der Autor auf Handlung und Chronologie weitgehend verzichtet, stattdessen Dialog- und Traumszenen, einfühlende und tiefgehende Reflexionen ineinander greifen lässt, stört den Rezensenten nicht. Im Gegenteil: Gerade durch diese "poetische Gedankenverdichtung" erhalte der Roman seine "beklemmende Dringlichkeit", lobt er.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.07.2017

Ergriffen hat Rezensentin Ilma Rakusa dieses Romanfragment des ungarischen Autors Szilárd Borbély gelesen, der sich im Februar 2014 das Leben nahm. Allein wie "plastisch" Borbély die Ängste, Traumata und Obsessionen seines "Zwillingsbruders" Kafka schildert, mit ihm durch das nächtliche Prag oder das "düstere Labyrinth seiner Imaginationen" irrt und dabei tiefe Einblicke in sein eigenes Leben und Schreiben gewährt, ringt der Kritikerin größte Anerkennung ab. Großartig auch, wie Borbély hier Kafkas Vater Briefe an seinen Sohn schreiben und erzählen lässt, wie er sich selbst vom eigenen Vater befreien musste, schwärmt die Rezensentin. Nicht zuletzt lobt die Kritikerin die Übersetzer Heike Flemming und Lacy Kornitzer, die Borbélys meisterhafte Wahrnehmungs- und Verdichtungskunst vorsichtig ins Deutsche übertragen haben und das Werk in klugen Kommentaren und einem kenntnisreichen Nachwort im Kontext des heutigen Ungarns deuten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.04.2017

Laut Judith von Sternburg soll der Leser nur ja keinen Roman erwarten, nimmt er Szilárd Borbélys Fragment in die Hand. Auch wenn die Sorgfalt, mit der die Übersetzer Heike Flemming und Lacy Kornitzer vorgegangen sind, so etwas vermuten lassen. Macht gar nichts, findet Sternburg. So schön und interessant wie dieses Buch, meint sie, muss ein Roman erst mal sein. Der Text, als nächster Roman nach Borbélys "Die Mittellosen" geplant und in seinen Einzelteilen laut Rezensentin durchaus durchgearbeitet und abgeschlossen, handelt von Prag, von Hermann und Franz Kafka und von einer Anverwandlung des Autors an seinen Helden und an einen Roman, schreibt Sternburg. Auch wenn sie nicht erkennen kann, wohin das Ganze geführt hätte, ausgefeilte Prosa ist es für sie dennoch und ein Einblick in die Werkstatt eines Dichters, erklärt die Rezensentin.