Sebastian Barry

Ein langer, langer Weg

Roman
Cover: Ein langer, langer Weg
Steidl Verlag, Göttingen 2014
ISBN 9783869306636
Gebunden, 368 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser. Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser. Willie Dunne ist gerade neunzehn, als er in den Krieg zieht. Von Politik versteht er nicht viel, auch von der Welt und ihrem Krieg nicht. Um wie sein Vater in Dublin Polizist zu werden, ist er nicht groß genug, aber gegen die "Hunnen" kann die britische Armee jeden Mann gebrauchen, auch den kleingewachsenen Willie. Mit Tausenden anderer irischer Freiwilliger wird Schütze Dunne 1915 nach Flandern verschifft. Drei lange Jahre hungert, kämpft, friert und fürchtet sich Willie. Er flieht vor Giftgas, wartet auf Post von seiner geliebten Gretta, begräbt seine Freunde und seine Feinde. Für ihren Einsatz hatte Großbritannien den Iren die Selbstverwaltung versprochen. Doch während Irlands Söhne auf den Schlachtfeldern für die Krone sterben, schießen in Dublin britische Soldaten die Rebellen des Osteraufstands nieder...

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.06.2014

Als einen der originellsten belltristischen Beiträge zum Jubiläumsjahr des Ersten Weltkriegs würdigt Friedhelm Rathjen diesen Band - und warnt doch zugleich, die Lektüre sei wegen der geschilderten Kriegsgrausamkeiten "überaus quälend". Und Barry, so scheint es, scheut sich nicht, diese Gräuel überaus drastisch auszumalen. Zugleich bewundert Rathjen die Innenperspektive dieses Romans - äußerlich tue sich gar nicht viel, die Entwicklung spiele sich im Kopf des Helden ab, dem allerdings das damals übliche frühe Ende beschieden scheint. Als drittes besonders interessantes Element hebt der Rezensent den hierzulande wenig bekannten irischen Hintergrund hervor: Den katholischen Iren, die freiwillig in der britischen Armee dienten, gilt bis heute die Verachtung irischer Patrioten, so Rathjen. Wenig bekannt hierzulande auch die blutige Niederschlagung des Dubliner Aufstands von 1916 durch die Briten.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.06.2014

Im ersten Kapitel des neuen Romans von Sebastian Barry wird die komplette Jugend des irischen Protagonisten William Dunne zusammengefasst, was ihm angesichts des abrupten Anfangs des Ersten Weltkriegs einen vorgeschobenen, folienartigen Eindruck geben könnte, so Rezensentin Catharina Koller. Allerdings ordnet dieses erste Kapitel "Ein langer, langer Weg" auch in das größere Erzählgeflecht des Autors ein, weiß Koller: Dunnes Schwestern, zum Beispiel, sind die Protagonistinnen eines anderen Romans, der das "irische Leben" weiter, bis in die Sechzigerjahre beschreibt, erklärt die Rezensentin. Doch der neue Roman, in dem ein junger Mann Soldat wird, um die Anerkennung seines Vaters zu gewinnen, fällt aus Barrys speziell "irischem" Projekt insofern ein wenig heraus, als der Erste Weltkrieg eben kein nationales Phänomen war - ein Buch, das die individuellen Schrecken dieses Krieges erzählt, erzählt zwangsläufig auch eine europäische Geschichte, so Koller.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 12.04.2014

Die Auseinandersetzung mit den dunklen Seiten der irischen Geschichte bildet eine thematische Konstante in Sebastian Barrys Theater- und belletristischem Werk, erklärt Ralf Sotschek. Hier nun geht es um den Ersten Weltkrieg, geschildert aus der Perspektive eines jungen Iren, der eigentlich Polizist werden wollte, sich nun aber zum Dienst an der Waffe meldet und mitten im Giftgaskrieg landet. Wichtig ist diese Perspektivierung auch deshalb, erläutert der Rezensent, da der Erste Weltkrieg im irischen Diskurs nahezu ausgeblendet ist - und das nicht nur hinsichtlich der Situation der Iren in den damaligen, vielfältigen machtpolitischen Konstellationen, sondern insbesondere auch, was das individuell erduldete Leid betrifft. Dieses in Erinnerung zu rufen, glückt dem Autor offenbar bestens: Der Rezensent lobt dessen "expressive Sprache", die aufzeigt, in welch straffem Griff der Epoche ich ganz gewöhnliche Menschen ohne Perspektive auf das große Ganze befanden.