Ralf Konersmann

Welt ohne Maß

Cover: Welt ohne Maß
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2021
ISBN 9783103974737
Gebunden, 320 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Der Kieler Kulturphilosoph Ralf Konersmann zeigt: In der europäischen Geschichte waren Maß und Maße, Ethik und Technik, Moral und Wissen zwei Seiten ein und derselben Medaille. Es galt, sich nicht bloß hier oder da, sondern generell an das Maß zu halten - an das, was sowohl sachlich als auch sittlich geboten ist. Konersmann erzählt nun die große Ideengeschichte des Maßes: wie dieses Verhältnis wechselseitiger Bestätigung von Maß und Maßen einmal gedacht und gesichert war, unter welchen Umständen es dennoch zerbrach und welche Konsequenzen das Auseinandertreiben der vormals verbundenen Begriffswelten nach sich zog. Konersmann rückt den heute allgegenwärtigen Vormarsch des Messens, Zählens und Rechnens in eine genealogische Perspektive, durch die wir ihn erst wirklich verstehen - und unsere Gegenwart besser begreifen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.01.2022

Rezensent Claudio Steiger empfiehlt das Buch des Philosophen Ralf Konersmann. Dass im gerade allgegenwärtigen Begriff "Maßnahme" das "Maß nehmen" steckt, erfährt er bei Konsermann ebenso wie der Autor ihm von der Spaltung von Zahlenmaß und Maß der Dinge berichtet. Dass Konersmann dabei wild durch die Zeiten springt, von Sokrates und Platon zu Francis Bacon, Pascal, Hegel und Hannah Arendt, vom philosophischen Diskurs zur Bildanalyse von Bruegels "Mäßigkeit" strengt Steiger an, belohnt ihn aber auch mit "lustvoll" errungener Erkenntnis. Ein Ungleichgewicht von Konersmanns Kulturkritik zwischen Antike und digitaler Zeit (zugunsten letzterer) stellt Steiger fest, eine lässliche Maßlosigkeit, findet er.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 23.11.2021

Rezensentin Christina Lenz sieht die Gefahr eines Kulturpessimismus zwischen den Zeilen von Ralf Konersmanns Geschichte des Maßhaltens. Der Gang des Philosophen durch die abendländische Philosophie, von Platon über den metaphysischen Glauben bis zu den neuzeitlichen Wissenschaften und in die liberale Moderne scheint Lenz zwar durchaus erkenntnisreich und kurzweilig, weil der Autor jede Menge Bezüge zur Literatur und Kunst herstellt, dahinter aber vernimmt die Rezensentin ein Unbehagen an der Gegenwart, das sie lieber ins Progressive gewendet sähe. Wenn der Mensch den Verlust der Verbindlichkeiten und des Maßes überwinden soll, muss er etwas tun, findet sie.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.10.2021

Rezensent Uwe Justus Wenzel erfährt in Ralf Konersmanns Ideengeschichte, unter welchem Umständen das Messen und Maßhalten in der Menschheitsgeschichte besonders Konjunktur hatte. Was der Kulturphilosoph bei seinem Gang vom delphischen Orakel über das Alte Testament bis zum heutigen Zahlenvertrauen u. a. herausfindet, dass nämlich Orientierungslosigkeit zum Messen verleitet, überrascht Wenzel zwar nicht sonderlich, aufschlussreich aber findet er allemal, wie sich die Begriffe und Bilder von der "Ordnung der Dinge" im Zeitverlauf änderten. Dass Konersmann nicht nur gelehrt, sondern auch dezidiert kulturkritisch vorgeht, kann Wenzel verkraften, da der Autor ausgewogen zwischen Untergangsprophetie und Maschinensturm agiert.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 30.08.2021

Rezensentin Katharina Döbler empfiehlt das Buch des Kulturphilosophen Ralf Konersmann mit Einschränkungen. Konersmanns fortgesetzte kritische Zeitdiagnostik scheint Döbler brillant, dem Autor folgt sie gerne bei seiner Reise von den Stoikern über Hegels Begriffsdefinition bis zur Maßlosigkeit unserer Zeit. Dabei lernt sie, was Maßhalten hieß und heißt, wie aus dem Maß die Statistik wurde und wie es schließlich in der Vernunft aufging. Bei aller vom Autor aufgebotenen Materialmenge wundert es die Rezensentin allerdings, dass Konersmann sich auf das Abendland konzentriert, aber dessen koloniale Maßlosigkeiten nahezu unerwähnt lässt.