Herfried Münkler

Mitte und Maß

Der Kampf um die richtige Ordnung
Cover: Mitte und Maß
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2010
ISBN 9783871346903
Gebunden, 302 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Muss man die Mitte besetzen, um die Macht zu sichern? Oder ist sie eher der Ort, an dem die größte Gefahr droht, nämlich von allen Seiten? Behindert eine starke Mitte den Fortschritt der Geschichte? Was genau bedeutet "Mitte" überhaupt? Warum ist sie zum politischen Schlüsselbegriff geworden? Und inwiefern hängt sie mit der Tugend des Maßhaltens zusammen? Herfried Münkler zeigt, wie sich die Ideen von Mitte und Maß gemeinsam entwickelten, von der Antike bis in die Gegenwart: von Aristoteles bis zur Gierdebatte unserer Tage, vom Selbstverständnis Chinas als "Reich der Mitte" bis zum Deutschen Reich als "Mittelmacht", von der mittelalterlichen Stadt, deren Mitte durch Kirchturm und Rathaus markiert wird, bis zur schrumpfenden Mittelschicht in den Gesellschaften des 21. Jahrhunderts.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.01.2011

Was ist und war die Mitte im politischen Diskurs? Angetreten, diese Frage zu beantworten, kommt Herfried Münkler in seinem Buch über ein flott geschriebenes "Brainstorming" zum Thema nicht hinaus, kritisiert Wolfgang Jäger enttäuscht. Dass der Autor zu wenig will, kann man ihm indes sicher nicht vorwerfen. Als Ursache für die Überforderung des Lesers vermutet Jäger denn auch die thematische Grenzenlosigkeit, mit der Münkler seine drei Essays beinahe zum Platzen bringt. Ideengeschichtlich, aber auch aktuell politiktheoretisch geht der Autor vor, breitet sozialgeschichtlich, ökonomisch, geopolitisch etc., ja sogar theologisch, wie Jäger staunt, seine weitläufige Umkreisung der Mitte als ewiges deutsches Thema aus und vergisst dabei schlicht, den Leser mitzunehmen. Doch nicht nur das. Hinter dem geschäftigen Treiben des Autors entdeckt Jäger thematische Unausgewogenheit (die Ausrichtung auf Deutschland etwa funktioniert nicht), konstruierte Diagnosen und eine Logik, die den Namen nicht verdient. Anregung durch schiere Materialfülle ist dem Rezensenten einfach zu wenig.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 10.01.2011

Insgesamt zufrieden zeigt sich Rezensent Stefan Reinecke mit Herfried Münklers Buch "Mitte und Maß", das in vier ideengeschichtlichen Essays das Phänomen der gesellschaftlichen Mitte behandelt. Ob es um Aristoteles, den einflussreichsten Theoretiker der Mitte und des rechten Maßes, um Marx oder um die Mitte-Verächter Schopenhauer und Nietzsche geht: die Ausführungen Münklers scheinen dem Rezensent klug und kenntnisreich und zudem "flott" geschrieben. Allerdings ist ihm bisweilen unklar, worauf der Autor eigentlich hinaus will. Einige Fragen, zum Beispiel ob die Auflösung der Mittelschicht eine zwangsläufige Folge der Globalisierung ist, bleiben seines Erachtens unterbelichtet. Einige "präzise Thesen" hierzu hätten dem Buch nach Ansicht des Rezensenten nicht geschadet.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.11.2010

Herfried Münkler interessiert sich in seinem Band "Mitte und Maß", in dem er den Begriff der Mitte nicht nur in ihrem historischen Kontext unter die Lupe nimmt, sondern auch auf ihren aktuellen Gebrauchswert abklopft, vor allem für dessen Zwiespältigkeit. Die Mitte wird nämlich mal als Tugend angestrebt, wie man bei Aristoteles nachlesen kann, mal, insbesondere zur Zeit der Französischen Revolution, als Mittelmäßigkeit abgelehnt, entnimmt Uwe Justus Wenzel den Ausführungen des Politikwissenschaftlers an der Berliner Humboldt-Universität. Daneben zeigt sich der Autor von der besonderen Affinität der Deutschen zur Mitte gefesselt, womit sich der Band als Vertiefung zu Münklers Werk "Die Deutschen und ihre Mythen" anbietet, wie der Rezensent meint.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.10.2010

Hatte man früher noch geglaubt, die Mitte führe zum Spießertum, fürchtet man heute offenbar, die Mitte könnte verschwinden, meint Jens Bisky, ohne sich da selbst weiter vor zu wagen, weshalb er es nur begrüßen kann, dass Herfried Münkler den Begriff Mitte genauer in den analytischen Blick nimmt. Der Berliner Politikwissenschaftler fragt nach der Bedeutung von politischer, kultureller oder geografischer Mitte und verfolgt ihre Ideengeschichte von Aristoteles bis in die Gegenwart, so der Rezensent eingenommen. Bedauerlich findet er allerdings, dass sich der Autor in seiner Analyse von "Mitte und Maß" einzelner Phänomene" nicht genauer widmet. Was Bisky dafür aber wirklich für dieses Buch einnimmt, ist Münklers Prämisse, dass die Mitte nichts Feststehendes, sondern ein äußerst wandelbares Phänomen ist. Ideengeschichtlich Interessierte werden hier auf ihre Kosten kommen, verspricht der Rezensent.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 30.09.2010

Der Soziologe Heinz Bude hat mit großem Interesse dieses Buch seines politikwissenschaftlichen Kollegen Herfried Münkler gelesen, aber vollends zufrieden scheint er nicht zu sein. Bude beschreibt zunächst die große ökonomische Verunsicherung der gesellschaftlichen Mitte, also der Mittelschicht, und findet daher Münklers Frage, wie diese "gestresste Mitte" noch als "Integrationsmaschine und Aufstiegsmotor" wirken kann, sehr wichtig. Daher lobt der Rezensent, wie elegant Münkler die politische Philosophiegeschichte Revue passieren lässt, dabei die Mitte strikt vom Mittelmaß trennt und bei allen Nivellierungstendenzen auch ihre Ambivalenzen und Paradoxien betont. Was den Rezensenten etwas unbefriedigt zurücklässt, scheint Münkler Verzicht auf eine eigene Position zu sein; dass er sich mit einer beobachtenden Rolle begnügt, bedauert Bude.