Paul Celan

"Etwas ganz und gar Persönliches"

Briefe 1934-1970
Cover: "Etwas ganz und gar Persönliches"
Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783518428887
Gebunden, 1286 Seiten, 78,00 EUR

Klappentext

Paul Celan, der meistgedeutete deutschsprachige Dichter nach 1945, ist auch der Autor eines eminenten Briefwerks. Mit dieser Ausgabe wird es nun erstmals als eigenes Werk sichtbar: in 691 Briefen, davon 330 bisher unpubliziert, an 252 Adressaten. Wer sind die Adressaten? Es sind die Mitglieder der Familie, geliebte Frauen, befreundete Autoren, sehr junge und begeisterte Leser, Übersetzerkollegen, französische Philosophen ebenso wie deutsche Germanisten und die Mitarbeiter vieler Verlage. Aus alledem entsteht in chronologischer Folge über vier Jahrzehnte ein Leben aus Briefen. In ihnen zeigt sich Celan als herausragender Korrespondenzpartner mit einer enormen stilistischen Bandbreite, ausgeprägt in seiner Fähigkeit, auch auf Unbekannte einzugehen. Die Briefe offenbaren eine Vielzahl bisher verborgener biografischer Fakten, ermöglichen eine Präzisierung seiner Poetologie und zeigen ihn zugleich als Menschen in seinem ganz gewöhnlichen Alltag.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 24.02.2020

Paul Celans Briefe aus den Jahren 1934-1970, wie sie Barbara Wiedemann vorlegt, geben Rezensent Helmut Böttiger einen Einblick in die künstlerische Entwicklung des Dichters. Der chronologische geordnete Band vergegenwärtigt Böttiger Celans Einsamkeit, seine Liebschaften, seine Sinnlichkeit, sein Verhältnis zum Judentum, seine Beziehung zu Kollegen und Verlegern - laut Böttiger ein äußerst vielschichtiges Bild. Dass die Herausgeberin den Versuch unternimmt, mit der Edition eine "rhapsodische Biografie in Briefen" vorzulegen, hält Böttiger indes für fragwürdig. Allzu subjektiv und willkürlich erscheint ihm die Briefauswahl, allzu selektiv die Themenwahl. Auch vermisst der Rezensent schmerzlich den ein oder anderen Gegenbrief in dieser Ausgabe.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.01.2020

Helmut Böttiger hat Zweifel an der Konzeption von Barbara Wiedemanns Kollektion von Paul Celans Briefen. Seiner Meinung nach ordnet die Herausgeberin Auswahl und Kommentar allzu sehr ihrer Idee einer "rhapsodischen Biografie in Briefen" unter. Das führt laut Böttiger dazu, dass bestimmte Briefe nicht auftauchen und wichtige Fragen, etwa zu Celans Freundschaft mit dem Carl-Schmitt-Bewunderer Rolf Schroers oder auch zum Verhältnis Bachmann-Celan gar nicht erst gestellt werden. Wie widersprüchlich Celan war und wodurch seine Sprache und sein Judentum geprägt waren, kann Böttiger bei der Lektüre immerhin feststellen oder jedenfalls erahnen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.01.2020

Paul Celan war ein eifriger Briefeschreiber, bisher sind annähernd zwanzig Korrespondenzbände erschienen. Barbara Wiedemanns Band sticht für Rezensent Martin Oehlen aber hervor, weil er knapp siebenhundert Briefe an verschiedene Adressaten versammelt, von denen fast die Hälfte bisher nicht veröffentlicht war. Oehlen findet hier eindrucksvolle Beispiele für Celans Liebenswürdigkeit (gegenüber Bachmann), für seine Fürsorge in Bezug auf das eigene Werk (gegenüber Verlegern und Lektoren) und für seinen Groll gegenüber Autoren, mit denen er in Streit über Antisemitismus-Vorwürfe, über Yvan Goll oder über "die alte und neue Hitlerei" in Streit geriet (Grass, Böll, Andersch). Oehlen vermisst in dem Band zwar die Schreiben der Adressaten, lobt jedoch die Leistung der Herausgeberin, ein triftiges Bild zusammenzufügen, das dem Dichter wirklich nahekommt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.01.2020

Eberhard Geisler spürt den Verfolgungswahn des Dichters in jeder Zeile der von Barbara Wiedemann augewählten und "akribisch" kommentierten Briefe Paul Celans. Die 691 Briefe, 330 davon bisher unveröffentlicht, wie Geisler mit Erstaunen feststellt, ergeben für den Rezensenten ein ergeifendes Lesebuch, das dem Leser ein Bild der kulturellen Lebens in der BRD der fünfziger und sechziger Jahre vermittelt und zugleich die Verleumdungen, denen Celan ausgesetzt war und unter denen er dennoch produktiv blieb. Von Celans Drang nach Austausch erzählen die Briefe laut Geisler eindringlich.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.12.2019

Oliver Jungen liest Barbara Wiedemanns Auswahl aus Paul Celans Briefen aus den Jahren 1934 bis 1970 mit großem Gewinn. Die Edition findet er "hervorragend genau" und "verständlich kommentiert", die Briefe Celans, fast die Hälfte erstmals gedruckt, bieten laut Jungen eine "erhebliche" Erweiterung der Materialgrundlage der Celan-Philologie. Erkennbar werden für den Rezensenten nicht nur "Kontexte des Nebeneinanders" von Trost-, Liebes- und Wutbriefen, die auf das "Zersprungene" Celans verweisen, sondern auch die "unbekannte Geliebte" Hannele und Celans konstante Versuche, sich durch Beziehungen ans Leben zu binden. Celans akribische Arbeitsweise wird sichtbar und seine tiefe Verstörung angesichts der Anfeindungen und der Causa Goll, so Jungen.
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