Norman Ohler

Mitte

Roman
Cover: Mitte
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2001
ISBN 9783871344275
Gebunden, 255 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Klinger ist mit seinem Online-Job in London gescheitert und zieht nach Berlin, wo er sich als Kaufhausdetektiv durchschlägt. Auf der Suche nach einer billigen Bleibe gerät er an ein verfallenes Haus am Hackeschen Markt. Von diesem Ort magisch angezogen, unterschreibt er den kuriosen Mietvertrag: Keinesfalls darf er die Gegenstände anrühren, die sein Vormieter in der Wohnung zurückgelassen hat. Bald nach seinem Einzug geschehen merkwürdige Dinge: Klinger hört eine Stimme, die ihm immer näher zu kommen scheint. Auf Schritt und Tritt verfolgen ihn rätselhafte Botschaften. Nachts quält ihn Schlaflosigkeit. Eines Tages schließlich trifft er in den Zimmerfluchten auf Igor, einen genialischen DJ und Computerfreak, der mit neuartigen Drogen experimentiert...

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 08.12.2001

1995 zog Norman Ohler, damals 25 Jahre alt, von New York nach Berlin und stürzte sich ins Berliner Nachtleben respektive in die Techno- und Club-Szene, berichtet Detlef Kuhlbrodt, der in seiner langen Besprechung über den zweiten Roman von Ohler auch über seine Begegnungen mit dem Autor ausführlich berichtet. Nun also hat der Wahlberliner, sechs Jahre nach "Die Quotenmaschine", ein neues Buch geschrieben. Das spielt im Herzen Berlins, in Mitte, in einem allein stehenden Haus am Hackeschen Markt, zu einer Zeit, als Berlin die "interessanteste Stadt der Welt" war, meint der Rezensent. Der Leser muss sich warm anziehen, warnt Kuhlbrodt, denn die Atmosphäre sei durchweg novembrig und so depressiv wie in Polanskis Film "Ekel". Der Rezensent hat den Roman gelesen wie er eben jenen spannenden, düsteren Film gesehen hat, und bezeichnet ihn als "ersten ernsthaften Drogenroman" seit Bernward Vespers "Reise". Gleichzeitig aber sei "Mitte" auch ein Roman über das Wohnen, eine Dreiecksgeschichte und die Berliner Mitte im Übergang von der DDR zur "Westdeutschlandisierung", schreibt Kuhlbrodt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.10.2001

Eine wohl ebenso kryptische Besprechung wie das Buch selbst kryptisch sein mag: "tost" mokiert sich über einen Berlin-Roman, angesiedelt in Mitte, was "tost" per se schon für "eine ranzige Angelegenheit" hält, da die Zeit der Flaneure, Eckensteher und Metropolenheinis vorbei sei, bloß in Berlin wolle man das "aus professionellen Gründen" einfach nicht bemerken. Wie alle echten Berliner, mault "tost", habe der Autor einen Wohnsitz in New York. Was diesen nun dazu gebracht hat einen "sauren Kitsch"-Roman zu verfassen, weiß wohl auch "tost" nicht. Es geht um ein verfallenes Haus in Mitte (wo doch mittlerweile fast alles renoviert ist , aber das nur nebenbei), in dem der Protagonist eine Geisterbahn eröffnet, in der lebende Tote, Prostituierte, arme Seelen und Drogenabhängige herumirren. Das ziele in Richtung Stephen King, verrät "tost" noch, doch den interessiere das in Maine nicht die Bohne.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.10.2001

Dieter Hildebrandt ist beeindruckt von Norman Ohlers zweitem Roman, auch wenn es einiges in dem Buch gibt, was ihn stört. Da wäre zum Beispiel "das Überkandidelte, ja der schiere Schwulst", in den die Erzählung bisweilen abzudriften droht. "Elektronischen Expressionismus" nennt Hildebrandt den Stil, an dem Ohler sich versucht, und der macht für den Rezensenten nur manchmal Sinn. Doch ein paar stilistische Ausrutscher trüben seine Freude an dem Buch nicht. Ihm macht das Buch an den Stellen am meisten Spaß, wo Ohler sachlich und cool beschreibt, zum Beispiel Szenisches oder technische Vorgänge: "da gibt es so etwas wie Präzisionsekstase". Nicht nur an Ohlers Sprache, auch an der Geschichte hat Hildebrandt seine Freude. Es geht um ein noch unsaniertes Haus am schicken Hackeschen Markt in Berlin, in dem die Vergangenheit spukt. Auf diesen Spuk und den "Zauberberg Stadt" hat Ohler sich nach Ansicht des Rezensenten voll eingelassen: "Letzte Gelegenheit, (Berlin-)Mitte als Erinnerungssog wahrzunehmen. Last exit für Erzähler"
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